Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

DOI Artikel:
Bodenschatz, Lorenz: Ausschmückung und Einrichtung der Wohnräume, [2]: unter besonderer Berücksichtigung der Wahl der Tapeten
DOI Artikel:
Hofmann, Albert: Mein Wohnungs-Ideal, [6]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0078

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 62.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Inneü-Dekoration". Mai-Heft.

Stellung unsere heutigen Lackirer und Zimmermaler ganz Vorzüg-
liches leisten. Auch die weißen Kachelöfen harinoniren schlecht
zur heutigen Ziimnerdekoration und machen nach und nach den farbigen,
nach guten alten Vorbildern in meisterhafter Weise ausgeführten
neueren Oefen Platz.

Haben wir in Vorstehendem versucht, die allgemein fest-
stehenden Grundsätze bei Ausschmückung der Wohnräume in
kurzen Zügen darzulegen, so kommen wir nun zur Besprechung über
die Dekoration der einzelnen Zimmer je nach ihrer Be-
stimmung, und auch hier müssen wir den hieraus bedingten ästh-
etischen Gesetzen folgen. Ls ist durchaus nicht einerlei (obgleich
in unseren modernen Miethkasernen hierauf wenig Rücksicht genommen
wird), ob wir ein
Schlaf zimmer,
ein Wohn zimmer
oder ein Speise -
zimmer auszustat-
ten haben, denn
ebenso wie der
Schlaf, das täg-
liche Thun und
Treiben, sowie das
Lssen und Trinken
verschiedene Vor-
gänge sind, so ha-
ben auch die be-
treffenden Zimmer
ihre wohlbegrün-
deten Unterschiede und müssen demgemäß bezüglich ihrer Aus-
stattung behandelt werden. Jede Tapete, welche für diesen oder jenen
Raum bestimmt ist, sollte überhaupt stets in der Weise ausgewählt
werden, daß dieselbe, wenn sie tapeziert ist, das Zimmer auch
schon ohne Wobei usw. char ak t er i s i rt, resp. solches als Sa-
lon, Lß- oder Schlafzimmer sofort erkennen läßt.

Treten wir in das Innere eines Hauses ein, so befinden wir
uns zunächst in dem

Wovfluv uuü Treppenhaus^

welch' beide als vermittelnde Theile zwischen dem Aeußeren des Hauses
und den inneren Gemächern anzusehen sind, demnächst auch in Ma-

terial und Farbe sich mehr dem Aeußeren anschließen. Die Wänden
des Treppenhauses werden daher auch vorzugsweise hell ge-
halten, in reichen und luxuriösen Gebäuden- mit vorspringenden Säulen
und Pilastern in Marmor oder Stuckatur usw. reich verziert. In
bürgerlichen Wohnhäusern genügt meistens ein solider Anstrich mit
Oelfarbe, mit einfacher oder reicherer Borden-Linfassung. Am ineisten
aber findet jetzt auch hier die Tapete Anwendung, was insofern
große Vortheile bietet, da die Tapete verhältnißmäßig billiger ist,
weil sie, wenn von guter Qualität und gut aufgezogen, sich viele
Jahre erhält und schadhaft gewordene Stellen sich leicht ausbessern lassen.

Seither wurden vorzugsweise gute Marmortapeten ange-
wandt, die in vorzüglicher Nachahmung zu haben sind und welche,

besonders wenn
die Wände nach
den: Aufziehen dev
Tapeten durch
Farblinien inc^ua-
der eingetheilt und
mit einer in Farbo
gut passenden Mä-
ander- oder sonst-
igen Borde einge-
faßt werden, einen
stets heiteren und
soliden Lindruck
machen. Indeß-
haben die neuer-
dings in den Han-
del gebrachten sogenannten Lntree- und persischen Muster
in helleren Ausführungen den Marmor in einzelnen Städten fast ganz,
verdrängt, und sind dieselben - da sie zugleich einen allmählichen
Uebergang von der äußeren zur inneren Dekoration bilden — hiev
sehr am Platze und von guter interessanter Wirkung. Ist eine ächte
Holzlambris längs der Treppe nicht vorhanden und will inan das-
Treppenhaus reicher ausstatten, so bieten die sehr schön angesertigt
werdenden Imitationen von Holz- oder Marmor-Lambris in Ta
petendruck ein äußerst praktisches Material. Dieselben bedingen jedoch
eine verständige und richtige Anwendung, eine richtige Lintheilung der
einzelnen Füllungen, daß nicht etwa, wie man öfter sieht, die Mitte-

Abbildung Nr. NsNliN«Vorfttzrv in Schmiedeeisen. Entwurf von R. Strecker.

Wein

Von Albert Hofmann-Reichenberg.

(Fortsetzung.)

reilich, solche Menschen konnten nur zu einer Zeit wirth-
schaftlicher Höhe und sozialer Herrschaft leben; ein Leben
in vollendeter Glückseligkeit war nur in einer höheren, einer
göttlichen und glücklichen Zeit möglich. Die höchsten Lrfolge sehen
wir allenthalben der menschlichen Gesellschaft cles oin^uo conto in
den Schooß fallen, und nicht am geringsten war die venetianische Ge-
sellschaft berufen, in hervorragendem Maße an diesen Lrsolgen Theil
zu nehmen. Auch das venetianische Leben lebt in der Zeit, über
welche Alexander von Humboldt in seinem Kosmos ausrust: „Wo
hat die Geschichte der Völker eine Lpoche aufzuweisen, der gleich, in
welcher die folgenreichsten Lreignisse, die Entdeckung und erste Koloni-
sation von Amerika, die Schifffahrt nach Ostindien um das Vorgebirge
der guten Hoffnung und Magelläns erste Erdumsegelung mit der
höchsten Blüthe der Kunst, mit dem Erringen geistiger und religiöser
Freiheit und der plötzlichen Erweiterung der Erd- und Himmelkunde
zusammentrasen?" Wenn je zu allen Zeiten der Entwickelung der
menschlichen Gesellschaft ein ideales Leben gelebt wurde, so war es
zur Zeit der Renaissance, so waren es in dieser Zeit neben den
Florentinern besonders und in noch hervorragenderem Grade die
Venetianer. Das feine Genußleben verbreitete sich dann bald nach
Frankreich und Spanien und dringt auch über die Alpen nach dem
Norden vor. So sehen wir zur Zeit des Eingangs der Renaissance
in Deutschland ähnliche Erscheinungen eines feinen, wenn auch nicht
üppigen Lebens in der deutschen Gesellschaft sich entwickeln. Es sind

hier namentlich die Städte Augsburg, Nürnberg, Köln, Danzig und-
andere, besonders aber die beiden ersteren, deren hervorragende Fa-
milien, wie die peutinger und Fugger in Augsburg, die pirkheimev
und Paumgarten in Nürnberg, ein reicheres Leben entfalten, dessen
edelste Regungen sich den Idealen der Nation erschlossen. Die Haus
Herren waren Männer von ansehnlichem Reichthum, Gutsbesitzer und
Kaufherren, Staatsmänner und Kriegsleute, zugleich mit eigener Forsch-
ung. Für solche Familien malte Albrecht Dürer seine besten Ge
mälde, zu ihnen pilgerten die reisenden Humanisten, jedes männliche
und geistvolle Wort wurde dort zuerst herzlich gewürdigt. Als Rath
geber und Förderer in weltlichen Geschäften, als mittheilende Eigen-
thümer kostbarer Bibliotheken und der ersten Antikenkabinette, als
liberale Hausfreunde im reichlichen Haushalt wußten sie zu ehren,
wer ihnen Geist, Wissenschaft und Bildung in das Haus brachte.

In diesen Familien erhielten auch die Frauen häufig eine Bild-
ung, welche über die Bekanntschaft mit Spinnrocken, Küche und
Gebetbuch hinausging. Was in den Schlössern der Fürsten und in
den Höfen des Landadels selten war, das wurde hier der Tochtev
möglich: ein herzliches Interesse an der Wissenschaft und Kunst, für
welche die Freunde des Hauses arbeiteten. Auch für uns liegt ein
besonderer Reiz aus den Frauengestalten, welche durch das Morgen
licht der neuen Bildung verklärt sind. Konstanze Peutinger, die für
Hutten den Lorbeerkranz flocht, Karitas pirkheimer, die leidensreiche
Aebtissin des Klarenklosters zu Nürnberg, später Philippine Welser,
die Gemahlin des Kaisersohnes, Alle gehören den Kreisen deutschev
Patrizier an, zarte Naturen, oft wundgedrückt von einer dornenreichen
Zeit. (Gustav Freytag, Bilder aus der deutschen Vergangenheit.)
Die reichsstädtischen Patrizier entfalteten einen Luxus, mit welchem
oft selbst der Adel an Pracht und Aufwand nicht wetteifern konnte.
 
Annotationen