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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Böttcher, Friedrich: Die Verzierung der Möbel, Klaviere und Kleingeräte mittels des "Tauschirens"
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Ueber Gesimse und Aufsätze an Schränken etc.
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0205

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Dezember-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „I nn e n - D e ko r a t ion".

Seite s77.

Lineal oder mit einem Strichmaaß vorgezeichnet und mit einem
Schnitzer oder Aratzer eingeschnitten. Ist nun alles, die Ornamente
und Linien, fertig, so werden die unteren Aanten des Metalles mit
Fischleim bestrichen, wodurch dasselbe sich besser mit dem Holze ver-
bindet und auch kleine Ungleichheiten ausgefüllt werden. Punkte oder
Perlen werden mit einem der spitzen Stecheisen Ungeschlagen und mit
Draht, der nach unten zu etwas spitz gefeilt wird, ausgefüllt und
sollte es sich ereignen, daß sich ein MetallstrSifen beim Einschlagen
umbiegt, so muß er zurecht gebogen oder auch herausgenommen und
durch einen anderen ersetzt werden. Nachdem alles gut trocken ge-
worden ist, feilt man die überstehenden Aanten ab, und das Ganze
wird dann vom Tischler in der gewöhnlichen Weise mit Zieklingen,
S>chmiergelpapier usw. abgeschliffen und in der üblichen Weise polirt,
damit jedoch weißes Metall (Silber, Zinn) keinen geblichen Ton
«rhält, dürfte es sehr gerathen sein, weiße oder gebleichte Politur zu
Verwenden.*

Möbel im orientalischen Stil und mittels des Tauschirens ver-
ziert, haben ein höchst elegantes Ansehen und sehen in Folge der Metall-
lechnik, stets neu und frisch aus, sind unverwüstlich und von über-
raschender Wirkung
namentlich dann,
wenn die Vertheilung
-er Massen und der
Farben eine gute und
richtige ist. Meine
Salons, Damen- oder
Aaffeezimmer mit sol-
chen Möbelchen, pas-
senden Nasen und
Tellern, Vorhängen,

Tapeten und Bezügen,

Bronze-Ampeln und
Leuchtern ausgestattet,
sind äußerst interessant
und schön, auch leicht
und entsprechend billig
herzustellen, da hier
keine großen Gesimse
angewendet werden
und die Verkröpfungen
sowie große und
schwierige Aufbauten
wegfallen. — Sollte
sich die Tauschirung
in unsere Industrie
zur Verzierung und
Verschönerung der er-
wähnten Möbel, sowie
-diese selbst zur besseren
Belebung unserer
Wohnungen nach und
uach einführen, so wäre der Zweck dieser Zeilen vollkommen erreicht.

Abbildung Nr. 2SS. Viiffet mit Vevtäfelung usm. im Renaissance-Stil.

tever Wefrmfe unö MuMtze an
chvänken etc.

sin englischer Schriftsteller sagt in einem interessanten Artikel
über Mobiliar und Holzschnitzerei:

Die Anbringung von prächtigen architektonischen Details
wie Gesimsen, Architraven, Säulen, Bekrönungen und ähnlichen Ver-
zierungen an Schreibtischen, Aredenztischen oder ähnlichen Mobilien,
des täglichen Gebrauchs, steht nicht allzuselten im direktesten Gegensatz
zu den Anforderungen, welche wir in Bezug auf Bequemlichkeit und
innere Geräumigkeit stellen müssen. Alle diese Theile, welche mühsam
hergestellt werden und die Aosten vertheuern, vergrößern häufig nur
den äußeren Umfang, während der innere Raum, welcher den eigent-

* Mer sich über diese Technik noch näher unterrichten will, dem sei das
mit 42 Tafeln ausgestattete Buch von I. Matthias empfohlen, welches in Zehls
Verlag, Leipzig, ;88Z erschien.

lichen Aufbewahrungszwecken dient, keineswegs dadurch vergrößert
wird. Schränke sollten eigentlich innen ebenso groß und bequem sein,
wie man nach dem äußeren Umfange vermuthen könnte.

Der Artikel, welcher diesen Passus enthält, ist vor so Jahren
erschienen und es lohnt sich wohl, zu untersuchen, inwieweit unsere
heutigen Schränke den oben gestellten Forderungen entsprechen.

Das Fehlen jeglicher Gesimse oder ähnlicher äußerlicher Ver-
zierungen ist besonders an den frühesten Schränken zu bemerken, welche
die mittelalterlichen Aästen und Truhen zu verdrängen begannen.

Letztere entbehrten gewöhnlich hervorspringender Verzierungen
und die Dekorirung war auf Schnitzerei, sowie reich verzierte Schar-
niere, Schlüsselschilder und Beschläge angewiesen. Im s5. Jahrhundert
kamen, besonders in Italien und Frankreich, Truhen aus mit leicht
ausladenden Füßen von geringer Höhe, die Deckel ließ man etwas
überstehen. In diesen einfachen Formen sehen wir die ersten Spuren
der sorgfältig profilirten Gliederungen und Aehlungen einer späteren
Zeit. Das Gesims am Schranke soll im s5. Jahrhundert allgemeiner
geworden sein, als die Truhen von Schränken verdrängt wurden, ob-
gleich erstere bis ins s7. Jahrhundert hinein gemacht wurden. Die

meisten japanischen
lackierten Schränke ent-
behren gänzlich der
Ausladungen, während
sie Füllungen mit ein-
gelassenen Ornamenten
zeigen. Die Verzier-
ungen der Oberflächen
zeigen Gold und Far-
ben, außerdem Perl-
muttereinlagen , die
Schlüsselschilder und
Haspen sind oft gravirt.
Es liegt auf der Hand,
daß, wenn das Mobi-
liar seinen kunstgewerb-
lichen Aarakler bewah-
ren soll, die Schönheit
der Oberfläche, mag sie
nun gemalt oder ein-
gelegt, fourniert sein
oder besonders schöne
Hölzer zeigen, für das
Fehlen geschnitzter Ver-
zierungen entschädigen
muß, wenn nicht für
Schnitzerei bedeutende
Ausgaben entstehen
sollen. Das s6. Jahr-
hundert sah die Ent-
wickelung architekto-
nischer Formen am
Mobiliar, seit dieser Zeit haben verschiedene Phasen des Renaissance-
stils mit anscheinend klassischen profilirungen um die Herrschaft ge-
stritten. Indessen muß man sich vor einer sklavischen Nachahmung der
Architektur hüten, mit einer Reduktion des Maaßstabs ist es nicht
allein gethan.

In richtiger Würdigung der Thatsache, daß es unmöglich ist,
ohne Zuhilfenahme architektonischer Details, wie Aannelirungen, Ge-
simse, Säulen, Pilaster ansehnliche, zugleich aber auch billige Möbel
herzustellen, macht der heutige Möbelzeichner ausgiebigsten Gebrauch
von gekehlten und geschnitzten (bezw. gefrästen) profilirungen aller
Art. An Schränken, deren polirte Bekrönungen unter und in einer
Höhe mit dem Auge liegen, würde jedes bekrönende, abschließende
Gesims dem Auge verborgen bleiben. Wenn die Platte dick genug
ist, um an ihren oberen und unteren Ecken gekehlt zu werden, so
mögen in solchem Falle die Aehlungen hauptsächlich nach oben ver-
theilt und der untere Theil frei gelassen werden; auf diese Weise
kommen sie dahin, wo sie auch gesehen werden.

Eine Frage, welche sich von selbst bei der Betrachtung von
Schränken oder Büffets von großer Höhe aufdrängt, ist die, ob es
 
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