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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Falke, Jakob von: Unsere Wohnung von Einst und Jetzt, [2]
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Herausgebers

Lrschc int

halbjährlich Mark7i.—
halbjährlich Mk. 6.—.




Die Zeitschrift für „Innen-Dekoration" ist
bei der deutschen Reichs-Post unter Nr.
3037 der Post-Zeitungsliste eingetragen.

verbreitet in Deutschland, Vesterr.-Ungaru, überhaupt in säst allen Kulturstaaten.
Vertreter f. Gesterr.-Ungarn: Spielhsgen ^ Schuvlch, Wien l Kumpfg. 7,
in Leipzig: Vd. Schmidt, ÜZuerstraße 3l- Erhältlich durch jede Buchhandlung.

Kleinere Beträge sind stets vorauszube-
zahlcn. Einzelne tjeste kosten Mk. P2S.
Telegramm-Adr.: Verlag Koch, Darmstadt.

II. Rahvgang. NavmstaLt, jm Nkloöev Mj. Nktover-Weft.

Nachdruck unserer Griginal-Artikcl ist nur mit unsrer Lrlaubniß gestattet.


mynung von Minfl unü

Von I. v. Falke.

(Zorlsetzung.)

^as Sofa schweift sich
ebenfalls gleich den
Sesseln und ist wie
diese gewölbt und hart ge-
polstert und mit glattem,
schwarzen Stoff von pferde-
haaren überzogen — ein Mar-
terlager für jeden, der es be-
nutzen wollte. Die Kommo-
den, Geschöpfe des achtzehnten
Jahrhunderts, tragen nur
in den Ornamenten die
Merkmale der Empirezeit,
desgleichen die Tische und
der hohe Schreib-Sekretär.
Der Ofen, nicht glasirt,

-sondern angestrichen, hat Kanonenform und trägt oben eine Vase.
Die wände sind pompejanisch bemalt, d. h. was man so nannte, nicht
in den lebhaften, lustigen Tönen jener aufgedeckten antiken Wohn-
ungen, sondern in den braunen, schwärzlichen oder röthlichen Tönen
der antiken, sogenannten etruskischen Vasen. Diese galten als die
eigentlichen Repräsentanten der antiken Dekoration.

So sah es aus in der „guten" oder in der „besten Stube", die
nur geöffnet wurde, wenn es eine weibliche Kaffeegesellschaft mit
Strickstrumpfbegleitung gab oder eine Herrengesellschaft mit den langen,
holländischen Thonpfeifen, deren für jede Gesellschaft ein paar Dutzend
neue bereit lagen, um mit Portorico, varinas, „Kanaster dem gelben"
gefüllt zu werden. In der Wohnstube dagegen, in dem Zimmer des
täglichen und allgemeinen Familiengebrauchs, sah es minder nobel und

minder stilgerecht aus. Stil und Kunst hatten hier keine Stätte. Der
gedielte Fußboden war mit Sand bestreut, die wände weiß und bunt
gefärbt in trüben, auch wohl in grellen Tönen auf weißem Grund,
der Plafond weiß und ohne Schmuck, gewöhnlich aber vom rauchenden
Ofen geschwärzt, der Sessel steif, das Sofa grade und mit harten
Kissen belegt, an den wänden ein paar Lithographien, eine Reihe
schwarzer Silhouetten der Freunde und Familienglieder, auch wohl ein
ausgeführtes Aquarellporträt, wenn sich die Familie zu dieser höhe
aufgeschwungen hatte. Der Karakter, wenn man von einem solchen
reden will, erinnerte mehr an das Aussterben jeglicher Kunst gegen
das Ende des achtzehnten Jahrhunderts als an den Empirestil. Auch
pflegte es nicht an Erinnerungen aus jener Zeit zu fehlen, an polirten
Kasten, vornehmlich am hochlehnigen, mit Ohrenstücken versehenen
Großvaterstuhl „zur Seite des wärmenden Ofens." Das war der
schönste Moment in diesem Zimmer, wenn der von innen geheizte
Ofen seinen Glutschein in den dämmerigen Raum warf, der schlimmste
aber der, wenn die „Waschscheuerbadewanne" ihren Inhalt über die
rauhen, sandbestreuten Bretter des Fußbodens ergoß und das Scheuern
seine Arbeit begann und vollführte, wer sich dieser Scheuer- und
Schaudermomente erinnert, wer grade stimmungsvoll und arbeitslustig
davon gestört worden ist und darunter gelitten hat, der gedenkt des
Aeneas Seufzerwort und hütet sich des weiteren, „unsäglichen Schmerz
zu erneuern."

Doch hinweg mit diesen Erinnerungen! Das Bild dieser Wohn-
ung wird etwas freundlicher, als mehr und mehr die Tapete an die
Stelle der weißgetünchten oder grell patronirten wand tritt, freundlicher,
aber nicht künstlerischer, hundertmal mußte man denselben Jäger
denselben Hasen auf der wand erlegen sehen, hundertmal stellte sich
uns dieselbe Ruine, dieselbe Landschaft, dasselbe Seestück vor. Dann
kam die Blumenliebhaberei, ein wildes Gewirrs mächtiger, grüner
Blätter auf grauem Grund oder farbenreiche Blumenbouquets, die
wohl gar zu Lauben, zu Gärten und Wäldern heranwuchsen. Und
wie sich die wände und die Plafonds mit Blumen bedeckten, so auch
die Teppiche des Fußbodens, die auch in dieser Art Verzierung nicht
aufhörten, bis Blumenbeete, Gesträuche und Bäume, durch welche der
 
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