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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Barber, Ida: Das neue kunsthistorische Museum in Wien: in seiner architektonischen, malerischen und dekorativen Ausschmückung
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Wie man in Amerika lackirt statt polirt
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0215

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Dezember-Heft.

Zllustr. kun stg ew e rb l. Zeitschrift für „Z nn en-D e ko ra ti o n".

Seite

'trat Karls VI. von zwei Figuren gehalten, die als Bildhauerei und Architektur
kenntlich sind; daran schließen sich die Relieffiguren Erzherzog Leopold Wilhelms,
Albrecht II., Erzherzogs Ferdinand von Tirol, Karl V.

volle Anerkennung verdienen die unter dem Hauptgesimse angebrachten
16 Ruhmesgenien und Famen in Basrelief. Der ganze Kuxxelraum macht in
Bezug auf malerische und architektonische Wirkung einen Eindruck, der uns kaum
Worte finden läßt, »m unsere Bewunderung auszudrücken.

von diesem mit dem Aufgebote aller Kunst ausgestatteten Pantheon aus
betreten wir nun die verschiedenen Gallerien. Das Museum enthält ca. 700
Russtellungssäle mit einer Gesammtfläche von 12,000 «Quadratmetern behängter
wandfläche; die Säle sind durchweg glänzend dekorirt, die Thüren mit Emblemen
und reichen Skulpturen versehen, einzelne Säle wahre prachtwerke der Dekorations-
-Technik. Im Kameensaal bewundern wir eine ganz aus Kameen zusammen-
gesetzte Deckwand, im römischen Saale den im Lamaieu-Styl gehaltenen römischen
^rics Eisenmengers, im ägyptischen Saal die mit Genrebildern aus den Gräbern
von Beni-Hassan bedeckten wände, im Gberlichtsaal II die figuralen Kompositionen
von Josef Fax, geflügelte Kinderfiguren darstellend rc.

Die Gemälde-Gallerie ist in den Sälen des ersten Stockwerkes untergebracht.
Die Säle I bis V enthalten die Meisterwerke der italienischen Schule, Saal VI
die der spanischen, die Säle VII bis
iXV die Werke der niederländischen,
deutschen und französischen Schule;
daran schließen sich in «2 prachtvoll
-ausgestatteten Sälen die Werke mo-
derner Meister, wie traumverloren
'sieht man die Menge vor Matejko's
./Reichstag in Warschau", vor De-
freggers „Zithersxieler", vor Makarts
„Romeo und Julia" stehen. In diesen
Räumen diese Werke zu sehen ist ein
Hochgenuß, der als solcher selbst von
Laien gewürdigt wird. Die wenigsten
ahnen wohl kaum, welche Mühe es
dem Architekten machte, Seiten-, Ie-
nith- und Oberlicht in den Sälen
zweckdienlich zu vertheilen. Baron
Hasenauer, der Erbauer des Mu-
seums, ist seiner schwierigen Aufgabe
glänzend gerecht worden; die großen
Säle mit Oberlicht sind nach den
Höfen zu verlegt worden, die Kabi-
nette mit Seitenlicht nach der Straße
Zu; die kleineren Säle haben in der
Mitte eine, die größeren zwei auch
vier Säulen, die als Stützen der Mittel-
mauer dienen; letztere ermöglicht es,
allen Sälen das nöthige Oberlicht
Zuzuwenden.

Für Kenner sind die zum Mu-
sealbau verwendeten Steinarten von
besonderem Interesse. Man sieht
da Mauthausener Granit, rosa Ba-
veno — rothen, schwedischen Granit,
schwarzen Syenit, Karrara, Salzburger,

Portschacher Marmor zu harmonischem
Ganzen geeint; der Sockel der Fa-
raden wurde aus Ozloper Stein, die
.Freitreppe aus weißem Karrara-Mar-
mor, die Balustrade aus rothem
Engelsberger, die Haupttreppe zum
zweiten Stock aus Kainachthaler Mar-
mor, die Säulen im Vestibüle aus
voir-antigus, jene im Kuppelraum
-aus Portovencre, der Sockel im Par-
terrekuppel aus Grasthaler Marmor


Abbildung Nr. 27s. Dslnrn^SiHvelbkistH im Rokokostyl.

hergestcllt. Die wände im Sticgcnhaus und Pantheon sind marmor-getäfelt, grauer
.Fond mit rothem Aderwerk, dazwischen blendend weiße Platten, die sich effektvoll
von den bronce-bekleideten voir-autigus-Säulen, welche die Eckpfeiler bilden, abheben.

Der wiener Musentempel bewährt sich für alle Freunde des Schönen als
ein Magnet eigner Art. Man sieht da neben den Tausenden Einheimischen, die
die prachthallcn durchwandern. Fremde aus aller Herren Länder, man hört in
-allen Zungen reden, Alle aber des Lobes voll und von dem Wunsche beseelt,
wieder und wieder des Hochgenusses theilhaftig zu werden die Blüthe der Kunst
kennen und würdigen zu lernen.

Wien hatte wohl ehedem dieselbe Fülle von Kunstwerken in den verschie-
-denen Museen; man achtete ihrer aber weniger, jetzt, da ein Prachtbau sie eint,
werden sie nicht verfehlen, veredelnd, bildend auf die große Masse des Volkes zu
wirken, die Heiterkeit der Kunst in den Ernst des Lebens zu übertragen. Sie
Alle, die im Kampf ums Dasein ringend, kaum Zeit haben sich einen edleren
-Genuß zu gönnen, kennen nur zu gut die Wahrheit des geflügelten Wortes:

„Ernst ist das Leben,

Heiter die Kunst!"

And gern weihen sie sich ihr, wenngleich die Meisten der großen Meister Werke
-nur vorahnend verstehen. —

tte man Ln Wmemka kackivt statt xolivt.

jurch die Freundlichkeit eines in Lhikago wohnhaften Lesers unserer
Zeitschrift ging uns, so schreibt die „Zeitschrift für Drechsler", eine
Beschreibung über ein Verfahren zu, das der praktische Amerikaner
anwendet, um das Policen zu vereinfachen. Ls sind in dieser Be-
ziehung bei uns schon viele versuche gemacht worden, um diese mühsame und
zeitraubende Arbeit zu vereinfachen; unser amerikanischer Kollege zeigt uns den
weg, auf dem dies zu erreichen ist. Derselbe schreibt nach verschiedenen anderen
Mittheilungen, unter Andern über die dortige Art der Produktion, welche keine»
Handwerksbetrieb, sondern meist Fabriksbetrieb vermittelst Kopirdrchbänke usw.
kennt, Folgendes:

Wenn die Arbeit von der Drehbank kommt, wird sie zunächst mit Leim
getränkt. In ca. zwei Gewichtstheilen Wasser wird ein Gewichtstheil Leim auf-
gelöst (z. B. in 270 A Wasser, iso x Leim) und die Mischung gekocht; nach dem
Kochen setzt man noch 5 x Kochsalz zu. In diese heiße Mischung schüttet man
die Arbeit hinein, nimmt sie nach kurzer Zeit heraus, schüttelt sie ab und steckt sie
auf ein Brett, damit sie trocken wird. Sodann werden die Arbeiten mit einem
Kreidegrnnd überzogen, der alle Unebenheiten bedeckt. Derselbe wird bereitet,

indem man in so K Wasser 20 x
Kölner Leim mehrere Stunden ein-
weicht, dann das Wasser abgießt und
neues in gleicher Menge zusctzt. Man
kocht dann den Leim und gießt ihn
durch ein Sieb oder ein gröberes
leinenes Tuch, wirft dann geschlämmte
Bologneser Kreide so lange zu, bis
ein Brei entsteht, den man so lange
umrührt, bis die Masse gleichmäßig
wird. Soll dieselbe ganz fein werden,
so reibt man sie nochmals durch ein
seines Drahtsieb mittelst eines groben
Borstenpinsels.

Die Masse muß beim Aufträgen
leicht vom Pinsel fließen; um dies zu
erreichen, ist dieselbe warm zu halten
und eventuell mittelst Wasser zu ver-
dünnen. Sind die zu grundirenden
Arbeiten klein, so legt man sie einfach
in die Grundirungsmasse, andernfalls
wird solche mit einem Borstenpinsel
aufgestrichen. Dies wird so lange
fortgesetzt, bis sich eine Schicht auf
den Arbeiten gebildet hat, die das
Holz nicht mehr durchscheinen läßt.
Ls ist dabei zu berücksichtigen, daß
jeder Anstrich erst trocken sein »>uß,
ehe der neue aufgetragen wird. Ist
auch der letzte Anstrich trocken, so kan»
zum Schleifen geschritten werden, was
mittelst feinen Glaspapiers oder
Schmirgelleinwand geschieht. Lin da-
rauf folgendes leichtes Abschleifen mit
Gel und Bimsstein verfeinert den
Schliff. Hierauf werden die Arbeiten
lackirt, was auf der Drehbank mit
Wattebausch, Gaze oder einem seinen
Haarpinsel geschehen kann; der Ein-
fachheit halber können die Sachen auch
gleich in Sxiriluslack eingetaucht wer-
den. Der Lack darf nicht zu schwach
sein, lieber lackirt man noch einmal
nach. Auch Dammarlack ist mit gutem
Erfolge angewendet worden, nur er-
fordert derselbe längeres Trocknen. Ge-
wöhnlich haben die gedrehten Arbeiten Zapfen oder Löcher, auf die sie gesteckt
werden, was beim Trocknen eine große Erleichterung gewährt.

Das Trocknen muß in einem staubfreien, gehörig erwärmten Raume ge-
schehen. Das Beste ist ein sog. Lackirofen aus Blech, der mit Röhren versehen ist.

Soll der Glanz nun noch erhöht werden, so reibt man die Arbeiten mit
Schmierseife ein und reibt mit dem Ballen der Hand sein gepulverten an der Luft
zergangenen Kalk so lange aus, bis ein Glanz erscheint, der viel länger steht
und auch kein Ausschwitzen von Del verursacht, weil eben kein oder nur sehr
wenig Gel zur Verwendung kam.

Wie man sieht, gleicht das ganze Verfahren sehr dem bei der Glanzver-
voldung angewendeten; das Schleifen wird hierdurch ganz bedeutend erleichtert
und wenn auch bei der Massenproduktion durch vortheile beim poliren viel er-
reicht ist, so kann doch dieses Poliren sich mit der Lackirung, wie solche hier vor-
liegt, nicht messen.

wir müssen uns eben auch daraus einrichten, mehr für den Weltmarkt zu
arbeiten und mehr darauf achten, wie es die Konkurrenz macht, wenn wir nicht
bei Seite geschoben werden wollen. Nicht die gute gediegene Arbeit, sondern das
Aussehen gibt heute den Ausschlag und so bedauerlich diese Thatsache ist, es muß
aber mit ihr gerechnet werden.
 
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