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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Bodenschatz, Lorenz: Ausschmückung und Einrichtung der Wohnräume, [1]: unter besonderer Berücksichtigung der Wahl der Tapeten
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Hofmann, Albert: Mein Wohnungs-Ideal, [4]
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Salon-Ecke
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0061

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April-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „In n e n-De k o ra t io n".

Seite ^7.

vnd nothwendige Berührung nicht statt, und wenn auch die Wand
im strengen Sinne des Wortes immer als Fläche zu betrachten ist,
so können hier doch schon Elemente mit vor- und zurücktretenden
Theilen angebracht werden (Sockel, Gesimse, Lambris spanelej, Um-
rahmungen von Thüren und Fenstern usw.). Die Wand erhebt
sich aufrecht, in Folge dessen unterscheiden wir bei derselben ein
Unten und ein Oben, und hat sich die
Wandfläche dieser Richtung gemäß, also
aufwärts zu entwickeln, die zur Verzierung
der Wände bestimmten Muster müssen eine
au f w ä r t s st r eb en d e Tendenz haben.

Beachten wir, daß die Wan^, weil sie uns
am unmittelbarsten vor Augen tritt, eines-
theils die mannigfaltigste und reichste Deko-
ration zuläßt, so ist sie andererseits nur
wieder der Hintergrund für das sich im
Zimmer bewegende Leben, sowie für alles
Mobiliar usw., und soll in diesem Falle be-
züglich ihrer Ausschmückung nicht allzusehr,
in einzelnen Fällen gar nicht dominiren. Es
liegt deshalb die mitunter recht schwierige
Aufgabe darin, je nach Bestimmung des
Raumes, je nachdem an den Wänden Bil-
der, Büsten oder sonstiger Schmuck ange-
bracht werden soll, das Richtige zu finden.

Um die Wand als selbständig erscheinen
zu lassen, wird sie von Fußboden und Decke
getrennt. Diese Trennung erscheint unten
als Sockel, oben als Sims mit Fries
und Bordür e. Will man auch die Trenn-
ung der einzelnen Wände voneinander an-
deuten, so läßt man Fries und Bordüre um
jede Wand herumlaufen, wodurch inan die

künstlerische Ausstattung eines Zimmers wesentlich erhöht. Ueber-
haupt sollte man der Borde einen hervorragenden Theil an der
Ausschmückung der Wand gönnen, und bieten gerade die verhältniß-
mäßig billigen Äapetenborden, worin jetzt in Bezug auf Zeichnung
und Farbe so ganz Vorzügliches geleistet wird, ein unschätzbares
Mittel, die Wirkung einer Zimmerdekoration zu erhöhen, zumal in

tbbildung :52. Salan«Vcke. Beschreibung nebenstehend.

den Häusern des Mittelstandes, in welchen eine reiche Ausstattung
durch kostspieliges Holzgetäsel, Stückarbeiten und Malereien aus pe-
kuniären Gründen nicht immer angebracht werden kann. Wie der
Rahmen ein Bild in seiner Wirkung hebt, so wird auch die Wand
tapete durch eine reiche Borden-Einsassung mehr zur Geltung gebracht,
überhaupt eine reichere Wirkung des ganzen Zimmers erzielt. Nur

ist hier daraus zu achten, daß die Borde
richtig angebracht wird, daß das Ornament
derselben nicht der natürlichen Richtung zu-
widerläust, nicht aus den Aopf gestellt wird
oder nicht abwärts läuft, wo es aufwärts
steigen soll. (Fortsetzung folgt.)

>alon--Mckv.

^1 nsre nebenstehende Abbildung Nr. sö2
zeigt uns das Eck-Arrangement eines
Salons, welches im Gegensatz zu den üblichen
nach allen Regeln der Aunst und der Aesthetik
vorgenommenen Anordnungen, die in den
meisten Fällen durch die Anforderungen der
gesellschaftlichen Stellung bedingt sind, einen
zwanglosen Aarakter aufweist. Der fran-
zösische Fachmann nennt es ckecorutiu» mo-
bile und läßt in derselben alle Schwankungen
des Geschmackes, alle Produkte einer vorüber-
gehenden Laune der Herrin oder des Herrn
des Hauses zu und macht somit das Ganze
zu einen: getreuen Spiegelbild des Bewohners.
Wir wollen natürlich unfern heutigen Ent-
wurf, welcher sich ja schon von selbst als
„Liebhaber-Arrangement" karakterisirt, nicht
als allgemein mustergiltig hinstellen, denn
gerade bei einer Salon-Einrichtung hat vielleicht das peinlich genaue
Stellen der Möbel und Dekorationsstücke eine absolute Berechtigung,
sondern wir möchten es nur als Muster denjenigen unserer Leser
vorführen, welche einen öfteren Wechsel der Möbelstücke lieben und
bei denen ein permanent unverändertes Arrangement ein gewisser
maßen langweilendes Gefühl hervorruft.


0

oft auftretenden, sich widersprechenden Momente ließen sich auch bei
den Diners beobachten. Güßfeldt berichtet darüber Folgendes: „Einer-
seits herrschte eine fürstliche Pracht und andernseits paßte sich das
Geräth den knappen Gewohnheiten an, die der dreißigjährige Arieg
uns aufzwang und welche die Napoleonische Zeit der Befreiungskriege
mit erneuter Härte befestigte. Während kostbare Tafelaufsätze den
Tisch schmückten, und die Aunst des Aoches auch den Verwöhnten
wunschlos ließ, speiste man mit stählernen Gabeln und trank den Wein
aus primitiven Gefäßen gegossenen Glases; nur die edlen Weine des
Rheines und der Mosel wurden in Römern gereicht. Die alte Sitte,
daß der Wirth seine Gäste auf ein gutes Stück aufmerksam inacht
und sie bittet, tapfer zuzugreifen, war in Dreilinden durchaus nicht
verpönt und paßte trefflich in diesen ebenso eigenartigen wie behag-
lichen Rauin. Seine erlesensten Iagdtrofäen hatte Friedrich Aarl hier
vereinigt; die Wände starrten von Geweihen, zur Freude jedes Unbe-
fangenen, zum Neide des passionirten Waidmannes. Von der Decke
hing ein Aronleuchter nieder, gleichfalls gefertigt aus Hirschgeweihen.
Im Frühling, wenn die langen Tage das Licht der Aerzen überflüssig
^nachten, prangte Maiengrün an den mächtigen Stangen, einen duft-
igen Baldachin über dem Tische bildend; ihn schmückte ein prunk-
voller Tafelaufsatz in der Mitte, drum herum war kostbares Geräth,
waren kunstvolle Humpen und dergleichen aufgestellt, während das
liebliche Bunt frischer Blumen die Pracht milderte. Auch vor jedem
Rouvert stand ein Aelch mit einem Sträußchen; einem jungen Ehe°-
Mann wurde wohl gelegentlich die Ueberraschung eines großen Bou-
quets zu Theil, der heimgebliebencn jungen Gattin bestimmt als
^8ruß aus Dreilinden."

Anziehend schilderte nun Güßfeld die behaglich launige Stimmung,
wenn bei Tisch zwei junge Rehböcke erschienen und zutraulich im Zimmer

herliefen. Auch der Dachshund „Zänker" fehlte nicht: „Während
sein hoher Gebieter die Honneurs bei Tische machte, machte Zänker
dieselben unter dem Tische. Er war Philosoph und liebte die
Gerechtigkeit, deshalb spendete er jedem der Anwesenden die Ueber-
raschung seiner Pfoten auf den Amen und eines vertrauensseligen
Beschriupperns."

Welch behaglich wohliges, still weltabgewandtes, leidenschafts-
loses Aolorit leuchtet uns nicht aus diesen Schilderungen entgegen!
„Dieses Dreilinden war ein stilles Beiwasser inmitten der großen
Strömungen menschlicher Wirren, Strebungen und Leidenschaften.
Hier ruhte ein Jeder aus, vergaß die Aktualität, die Sorge der täg-
lichen Arbeit, das Mühen um die Zukunft!" Im Laufe der Zeit
fand eine Erweiterung des Jagdschloßes statt, und als diese beendet
war, ließ der Prinz seine Gäste nach Aufhebung der Tafel in ein
großes Billardzimmer treten; hinter diesen: befand sich ein kleiner
Wintergarten, belebt durch Papageien und Aakadu's. An den Wän-
den des Billardzimmers war eine kleine, aber kostbare Sammlung
ägyptischer Alterthümer aufgestellt. In Dreilinden fand sich auch ein
Album origineller Art: Eine Nische des behaglichen Aellerraumes
empfing ihr Licht durch ein Fenster aus kleinen runden Butzenscheiben,
deren jede ein auf Glas gemaltes Porträt zeigte. Jedes Porträt
trug den Namen des durch die Freundschaft des Prinzen ausgezeich-
neten Mannes; die Anverheiratheten erhielten den Zusatz „Junger
Gesell".

Es ist eine der eigenartigsten Individualitäten, die uns aus
diesem Heim entgegentritt. Es ist die Individualität, die zu gleicher
Zeit Anspruchslosigkeit und Glanz, starken Willen und weiches Gemüth
in sich vereinigt.

(Fortsetzung auf 5eite sq dieses lscftes.)
 
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