Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

DOI Artikel:
Bodenschatz, Lorenz: Allgemeine Bemerkungen über die Auswahl der Tapeten in Bezug auf Beleuchtung und Harmonie nebeneinanderliegender Zimmer usw.
DOI Artikel:
Das Kunstgewerbe als Beruf
DOI Artikel:
Briefkasten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0144

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite (22.

Zllustr. kun stg ew e rb l. Zeitschrift für „Z nn en-D eko ra ti on".

August-Heft.

ein sklavisches Nachahmen der Möbel usw. in ihrer ganzen Aonstruktion
führt zu großen Verirrungen, und wenn die damalige Technik es nur
so weit gebracht hat, daß sie die Fenster mit Butz ens ch e i ben ver-
sehen konnte, so wäre es doch, gelinde gesagt, lächerlich, wenn wir
unsere jetzigen großen Fenster sammt und sonders ebenfalls damit ver-
glasen ließen und uns des unbeschränkten Blickes in die freie Natur
beraubten.

Es liegt uns über dieses Thema ein Aufsatz im „Buch für's
Haus" von H>. Gisbert vor, welcher darin unter vielem Anderen sehr
richtig bemerkt: „Die Uebertreibung der altdeutschen Zimmer-Ein-
richtungen fängt an, das Gebiet der Aarrikatur zu streifen, und das
Wort „stilvoll" ruft beinahe schon ein Lächeln hervor. Die Sache
ist eben zu sehr schablonisirt worden, man glaubt nicht Zedern seine
altdeutsche „gute Stube", sein altdeutsches Büffetzimmer mit den Hum-
pen, Tellern und Artigen und sein altdeutsches Schlafzimmer
mit seinen stilvollen Lagerstätten und stilvollen Stiefelknechten.
Mancher moderne Rentier macht sich nun einmal sehr


komisch in einer Umgebung, wie sie für einen altdeutschen Helden oder
einen Minnesänger der edlen freien Stadt Nürnberg gepaßt hat" usw.
Die Richtigkeit dieser Auffassung ist wohl nicht zu bestreiten; man denke
sich nur einen reich gewordenen Schulze oder Meyer im seidenen
Schlafrock mit dampfender Havana auf altdeutschem Stuhl im alt-
deutschen Zimmer mit Butzenscheiben, die Wände womöglich ge-
schmückt mit gekreuzten Schwertern, Schildern, Lanzen und Helmen,
und man wird zugestehen, daß man hierin zu weit gehen kann.

Vertrauen wir indessen dem guten Geschmack unserer heutigen
Aünstler, Dekoratöre und Fabrikanten, die im edlen Wettstreite auf
dem Gebiete der Aunstindustrie Leistungen zu Tage fördern, welche,
wenn auch noch hie und da Verirrungen sich zeigen, im Großen
und Ganzen als mustergiltig zu bezeichnen sind.

*das sMunstgemeröe als

> nteressante Ausführungen über kunstgewerbliche Verhältnisse in vergangener
und jetziger Zeit enthielt ein Vortrag, der vor kurzem in einer Sitzung
lU der volkswirthschaftlichen Gesellschaft in Berlin durch
Prof. Julius Lessing gehalten wurde. Zunächst wies der Redner,
wie das „Berl. Tagebl." auszugsweise mittheilt, auf das Interesse hin, das im
Augenblick wieder den höheren Fragen des Unterrichts sich zuwende; es sei daher
nur erklärlich, daß auch die Frage des kunstgewerblichen Unterrichts immer ernstere
Aufmerksamkeit finde. Das moderne Knnstgewerbe hat erst eine kurze Vergangenheit;
die Absicht, die jene leiteten, welche es erschaffen halfen, war die: es sollte das

Handwerk der altert Zeit Wiedererstehen. Und Eins wurde wenigstens erreicht;
es erwuchs ein neues Handwerk; das verkündet die Ausschmückung unserer Zimmer,
der Fronten unserer Häuser, ja fast jedes Geräth vornehmerer Art. Line feste
Begrenzung für unser modernes Kunsthandwerk zu finden, ist unschwierig; es
schiebt sich ein zwischen die Kunst und die moderne rein gewerbliche Technik, von
dieser zu jener in allmähliger Abstufung den Uebergang bildend.

In Beantwortung der Frage, auf welche Weise man sich am besten zum
Kunsthandwerker ausbildet, zeigte der Vortragende, wie verfehlt häufig der Weg
ist, der gewählt wird. Vst läßt man Denjenigen Kunsthandwerker werden, den
man als einen Menschen mit mäßigen künstlerischen Anlagen erkannt hat. Wer
künstlerische Anlagen hat, doch nicht genügende, um Künstler im eigentlichen Sinne
zu werden, der wird Kunsthandwerker; sehr mit Unrecht. Das Kunsthandwerk
ist nicht so sehr eine niedere Art Kunst als vielmehr eine höhere Art Handwerk;
seine Grundlage muß das Handwerk sein nnd es ist daher gänzlich
verfehlt, wenn aus Kreisen, welche gegen den handwerklichen Beruf soziale Vor-
urtheile hegen, Mitglieder auf die Kunstakademie geschickt werden, um dort durch
Absolvirung von Studien, die man mit den Universitätsstudien verwandt wähnt,
zu Kunsthandwerkern ausgebildet zu werden, vielmehr sollte die Entwickelung
eine gerade entgegensetzte sein. Der junge Mann muß sein Handwerk in praktischer
Lehre erlernt haben, und dann erst kann er mit vortheil eine Kunstakademie
besuchen; es hat sich sodann zu zeigen, ob er neben der Beherrsch-
ung handwerksmäßiger Fähigkeiten auch künstlerische Beanlagung
besitzt, wenn nicht selbstschöxferisch, so doch urteilsfähiger für die
selbständigen Probleme seines Metiers zu sein. Diese Stufenleiter
der Bildung kann allein günstige Ergebnisse zeitigen.

Und welche Ergebnisse werden denn nun eigentlich erstrebt?
Aus der Vergangenheit entwickelte der Vortragende die Bedürf-
nisse unserer Zeit. Im Mittelalter gab es keine Scheidung
zwischen Künstler und Handwerker; auch die Künstler gehörten
zu den Handwerkern. Die schöpferische Kraft und die ausführende
Hand gehörten entweder demselben, oder die verschiedenen Per-
sonen, von denen die eine den Entwurf, die andere die technische
Arbeit lieferte, waren doch wenigstens nicht durch eine tiefe
Kluft getrennt. Dann sondert sich vom Handwerker der Künstler
mehr und mehr; der Künstler wird der Erfinder, dem Handwerker
bleibt allein die Ausführung. Auch dieser Zustand war erträglich
solange der Handwerker nicht überwiegend zum Maschinenhand-
werker und zu einem Spezialisten geworden war, der vielfach nur
die Einzelheit seines Metier beherrschte. Dieser Umschwung trat
etwa mit dem gegenwärtigen Jahrhundert ein, und nun geschah
es, daß der Handwerker die Andeutungen des Künstlers
nicht mehr verstand und der Künstler wieder war allzu
sehr von der Kenntniß der Technik losgelöst. In diese
Lücke suchte man, etwa seit dem Jahre Z870, das
Kunsthandwerk einzuschieben, das Leute herangebildet,
welche die Technik beherrschen und die doch auch zu
erfinden vermögen und weil sie gerade beide Fähig-
keiten verbinden, darum sind sie im stände, eine organ-
isch-schöne Fortentwicklung für ihr Handwerk zu er-
streben. Ei ne Hoffnung freilich hat das Kunsthand-
werk nicht zu erfüllen vermocht; man glaubte, daß der Kunsthand-
werker ohne größeren Kapitalaufwand werde arbeiten können,
daß der Käufer wie im Mittelalter eine Bestellung mache und der
Meister sie ausführen werde. Das ist nicht eingetreten; auch heute
muß auf Vorrath gearbeitet werden. Der Käufer will die Auswahl
haben, und im Handwerk wie imKunstwcrk ist daher der größere Kapitalist im Vortheil.
Und wie nach dieser Seite, so ist auch nach der Seite der wirthschaftlichen Sclbst-
ständigmachung der Frauen vom Kunsthandwerk nicht alles das geleistet worden,
was man wohl vielfach erhofft hat. Als Zeichnerinnen und als Erfinderinnen
von Muster hatte man geglaubt, den Frauen große Gebiete erobern zu können,
aber sie sind den Männern gegenüber im Nachtheil; die Frau geht, wenige Metiers
abgerechnet, nicht von der praktischen Erlernung des Handwerks aus und zudem
beginnt sie ihre Arbeit zu spät, meist erst mit 20 Jahren, während der Knabe schon
mit Jahren sich dem Handwerkerberuf zu widmen beginnt. Geleistet dagegen
hat der neue Aufschwung des Kunsthandwerks eine schönere Gestaltung aller
industriellen Erzeugnisse, und er hat eine Menschenklasse geschaffen, die ein noth-
wendiges Uebergangsglied bildet vom niederen Handwerker zum höher entwickelten,
geistig regsamen Menschen. _

^vLefkasten.

Sparsame llaustrau in Als. b. 7. Um unscheinbar, gelb und rissig ge-
wordene Elfenbein-Gegenstände schwarz zu beizen, gibt es ein ganz einfaches
Verfahren: Man löst eine genügende Menge salpetersaures Silber (Höllenstein)
in Salmiakgeist auf und streicht die Lösung mit einem Pinsel auf die zu beizenden
Gegenstände. Ehe der Anstrich vollständig trocken ist, werden die Arbeiten noch
mit in Spiritus aufgelöster Pyrogallussäure bestrichen und nach dem Trocknen
mit einem wollenen Lappen tüchtig abgericben. Wir rathen Ihnen jedoch, dies-
mal lieber von der Sparsamkeit abzusehen und die Beizung von einem Fachmann
vornehmen zu lassen.

llranr I,. in Das vorliegende Spezialheft ist das erste seiner Art, es
sollen, wie bereits früher angekündigt, solche für sämmtliche Zweige der Innen-
Dekoration je in Zwischenräumen von zwei bis drei Monaten folgen. Sind
sämmtliche Branchen der Innen-Dekoration durchgenommen, dann beginnt derselbe
Turnus von Neuem, so daß für jede Branche in absehbarer Zeit ein ergiebiges
Vorlagewcrk-Material zusammengetragen wird.
 
Annotationen