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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Böttcher, Fr.: Einiges über Küchen-Möbel
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0104

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ft findet man, daß Salon, Speise-, Musik- und andere
^ Zimmer schön und elegant eingerichtet sind, daß aber solche,
wo der Besuch nicht lfinkommt, einer geschmackvollen und
sogar praktischen und guten Einrichtung entbehren, und namentlich
ist es die „Aüche", welche das verwahrloseste Stiefkind genannt werden
muß. kürzlich wurde ich aufgefordert, eine Anzahl „Aüchenmöbel"
für kleinere und auch größere Haushaltungen zu zeichnen, welche
theils braun gebeizt, theils hell gelassen, mit Farbe gestrichen und
mit Blumen und Ornamenten zu bemalen seien, welchem Verlangen
ich selbstverständlich mit größtem Vergnügen nachkam.

„Aüchenmöbel" ! — so sagt Pros. Luthiner in einem früher von ihm
Veröffentlichten Aufsatze —

L>ie kauft man doch aus dem
Markt, höchstens in einen:
billigen Geschäft. — Aunst-
sertigkeit ist dabei doch nicht
zu zeigen. — Und warum
nicht? Weil jeder künstler-
ische Schmuck sie zu theuer,
zu einen: Luxus machen
würde? Da kommen wir
nuf die gefährliche Frage:

Was ist denn Luxus? Eine
unnöthige Ausgabe, erhalte
ich zur Antwort. Nun, sehen
wir uns die Wohnung eines
behäbigen Bürgers an : Da
ist ein Zimmer, in den: jahr-
aus jahrein die Läden ge-
schlossen sind; die Uiöbel,
der Gaslüster, die Uhr auf
der Aommode haben Ueber-
züge, die nur etwa ein halb-
dutzenmal in: Jahr abge-
nommen werden, wenn Ge-
burtstag ist oder Besuch
-ankommt. Was ist nun
unnöthiger im Haushalt:
bas sog. „gute Zimmer",
der Salon, dessen Herrlich-
ckeiten man höchstens zehn
Tage im Jahre bewundern
kann, oder eine „schmucke
Aüche", welche die Haus-
frau — falls sie wirklich
eine gute deutsche Hausfrau
ist — mindestens zehnmal
in: Tage betritt. Und nicht
blos die Hausfrau ist da-
bei interessirt! Der Haus-
herr liebt einen guten Tisch,
vor Allem aber verlangt
er, daß sein Essen thunlich
sauber sei. Läßt sich diese
unentbehrliche Eigenschaft
nun nicht leichter in einer
Aüche erzielen, die schon
an sich hübsch und schmuck

aussieht, als in einen: vernachlässigten Winkel des Hauses? —
Das erwidert euern Bestellern, ihr Schreiner und Möbel-
Händler, wenn dieselben nichts davon wissen wollen, für einen Aüchen-
schrank zehn Mark mehr anzuwenden, dafür, daß er auch dem Auge
wohlgefällt! Und wie sollen Aüchenmöbel beschaffen sein, damit sie
-dem Auge ein Wohlgefallen sind? Vor Allem hell! Das gehört
zur Reinlichkeit. Am schönsten ist in der Aüche Helles Naturholz:
Ahorn, Esche, Aiefer, polirt oder hell gefirnißt, und wen: dies nicht
gefällt, nun, der kann sich die Möbel dunkelbraun beizen lassen, Füll-
ungen und Friese hell und mit Ornamenten, Blumen und Sprüchen
bemalen lassen. Man müßte dazu allerdings ganz ausgesuchtes Holz
verwenden, dies kostet mehr, als wie im Durchschnitt in einem Bürger-

Abbildung Nr. Z82. Vinfkche Vck--Deko:>ation für ein Wohnzimmer.

Hause auf die Einrichtung der Aüche aufgewendet wird und zun: Theil
auch ausgewendet werden kann. Also nehmen wir weniger reines Holz
und streichen es an. Die ineisten Aüchenmöbel sind doch angestrichen!
Warum aber grade holzsarbig mit Eichenmaserung? Wenn ich nur
ästiges und unreines Tannenholz bezahlen kann, warum soll ich denn
meinem Nächsten vorspiegeln wollen, ich hätte Eichenholzmöbel?
Einen Mangel offen zu bekennen, ist viel vornehmer, als ihn zu ver-
stecken suchen, um nachher doch darüber ertappt zu werden. — Also,
wenn wir unser Aüchenmöbel nicht holzfarbig anstreichen sollen, wie denn
also? Das wird lediglich davon abhängen, wie viel Farben die Leute
vertragen können, für welche die Aücheneinrichtung bestimmt ist.

Stehen sie nun aus dein
alten Standpunkt, daß z. B.
Grau die schönste Farbe ist,
— nun, so beleidige man
ihr Auge auch nicht mit
bunten Farben, sondern
wähle als Grundfarbe einen
gebrochenen Ton. Nurneige
sich derselbe immer nach
einer bestimmten Farbe hin,
so daß inan nicht zweifel-
haft sei, ob es grün-grau,
röthlich-grau usw. sein soll.
Diese Grudsarbe muß danu
ihren Schmuck durch eine
passende scharfe Farbe er-
halten, die in ganz kleinem
Maße vorkommt, als Linie,
Rosettchen, perlreihe oder
dergl. mehr, -passend ist
zu den grauen Tönen fast
jede lebhafte Farbe, nur
muß man die letztere ge-
sättigt, aber nicht schreiend
nehmen, z. B. nie Zinnober
oder reines Blau, sondern
zu letzteren:, immer etwas
Grün oder Schwarz zu-
setzen; das Roth ins Blau-
rothe, Lackfarbige gestimmt.
Wenn aber der Besteller
etwas mehr Farbe ver-
trägt, so nehme man sich
dreist die Bauernmöbel zum
Vorbild, die es noch aller-
orten gibt, ja auch die
Gerälhekästen, die Laden
der Mägde können ganz
gute Muster abgeben.

Wenn nun solch ein Mö-
bel, bei dem die Grund-
farbe blau oder roth ist,
in: Einzelnen auch etwas
bunt aussieht, wenn sie zu-
sammenstehen und das blan-
ke Metallgeschirr, die bun-
ten Zrdenwaaren die Aon-
traste vermittelt, dann wird eine solche Aüche in: Ganzen doch eine
harmonische reichfarbige Wirkung haben. Doch kann man auch für
einen Aüchenschrank eine Farbenzusammenstellung wählen, die sich
vielleicht dadurch eher Eingang verschafft, als sie dem Auge durch
das Töpfergeschirr schon vertraut geworden ist: ein Weißgrau mit
Blau und Rothbraun, es sind dies Farben, die auch bei den Glasuren
des Töpfers vertreten sind. Durch das Weiß wird außerdem ein
Heller und freundlicher und dabei reinlicher und sauberer Eindruck
erzielt. Die Aüche wird in solcher Ausstattung dann der Stolz jeder
Hausfrau sein, und unbesorgt wird sie Freundinnen und sonstigen
Besuchern Einblick in eine Hauptstätte ihres häuslichen Waltens ge-
statten dürfen. Fr. Böttcher.
 
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