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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Falke, Jakob von: Bronze und Eisen, [2]
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August-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „I n ne n-D e ko r at ion".

Seite ff7.

van;e unü

Von I. v. Falke.

(Schluß.)


öas ist heute wieder anders geworden. Die durchgreifende,
Alles umfassende Reform, welche das Kunstgewerbe in
unseren Tagen ergriffen hat, ist auch dem Eisen zum Vor-
theil gediehen. Indem man allgemein mit den Vorbildern auf die
Kunst des sechzehnten Jahrhunderts zurück ging, fand
man, daß das Schmiede- und Schlossergewerbe damals
als eine wahre Aunst geblüht hatte. Man fand das
Eisen zu allerlei kunstreichen und schönen Formen aus-
getrieben, man fand es geschmückt mit Aetzung, Gra-
virung, Tauschirung, Niellirung, man fand es zu einer
Fülle von Gegenständen verwendet, zu denen es im
neunzehnten Jahrhundert nicht mehr gebraucht worden.

Und wie man denn zunächst in der Nachahmung war
oder sich belehren ließ, so that man desgleichen, ver-
warf den Eisenguß als unkünstlerisch, schmiedete im
Großen und Kleinen, riesige Thüren und Thore,
mächtige Stiegengeländer und Schranken und da-
neben die feinsten Schlosserarbeiten. Es kam das
ganze eiserne Beleuchtungsgeräth wieder, Lüstres
und Laternen, große Kandelaber für Straßen-
und Hallenbeleuchtung, zierliche Leuchter, sodann
Kamingeräth, Schreibtischgarnituren, Rauchge-
räthe, kurzum eine Fülle von Gegenständen,
fast zahlreicher und mannigfacher als im sech-
zehnten Jahrhundert. Kunstvolles Geräth aus
Eisen ist wieder Mode geworden,
fast zum Nachtheil edleren Metalles;
aber das Schmiedehandwerk hat
sich unter dieser Mode in der That
wieder zu einer Aunst, zu einem
modernen Aunstgewerbe erhoben,
welches Haus, Palast und Airche,

Gärten und Straßen und öffentliche
Plätze zu schmücken hat.

Unter dieser Miedererhebung des
Eisens hat diesmal Bronze nicht
wie im Mittelalter zu leiden gehabt;
im Gegentheil die allseitige Reform
im Aunstgewerbe ist auch der
Bronzeindustrie von Vortheil ge-
wesen. Künstlerisch betrachtet, hat
sie einen höheren Flug genommen,
theils durch Vermehrung des künst-
lerischen Elements, theils durch
Aufnahme farbiger patinirungen.

Französische Statuetten,, französisches
Bronzegeräth sind in aller Welt
Zierden der vornehmsten und reich-
sten Häuser geworden, dann auch
das Geräth in Lüstern, Leuchtern, Kandelabern, das Geräth des
Kamins, der Bedarf des Schreibtisches, die Ausstattung von Thüren,
Stiegen, sodann Vasen, Iardiniören, Kassetten und Kästchen, das
Alles ist gewachsen sowohl nach der Zahl wie nach der Kunst.
Frankreich ist ohne Frage gerade in diesem Zweige vorangegangen
und steht auch noch heute unerreicht da. Aber die Bronze-Industrie
anderer Länder ist gefolgt, hat sich verfeinert, vermannigfacht und

Abbildung Nr. 2;s. Vsuklevin

hat sichtlich sich bemüht, vom französischen Vorbilde uud vom fran-
zösischen Geschmack sich frei zu machen. Man wird den quantitativen
wie qualitativen Fortschritt auch bei der deutschen wie bei der öster-
reichischen Bronzeindustrie anerkennen müssen. — Aber die vermehrten
und erhöhten Aufgaben haben auch einen Fehler, insbe-
sondere in der deutschen Industrie hervorgerufen, welcher
der wirklichen Erhebung zu einer Kunst widerstreitet,
und das ist die Ersetzung des edleren Metalls, der
reinen Bronze, durch ein billigeres und unsolideres Ma-
terial, dem dann nur äußerlich der leicht vergängliche
Schein der Bronze angefügt wird. Derartige massen-
hafte Anwendung von Zink, welche diesen Gegen-
ständen weite Verbreitung verschaffte, hat sowohl der
Kunst wie dem Ruse der deutschen Kunstindustrie ge-
schadet. Weniger trifft der Vorwurf die Wiener
Bronzeindustrie, wie es denn auch in Deutschland
Bronzefabrikanten gibt, die aus ächtes Material
halten. Als ein anderer Fehler einer zu weit ge-
triebenen Popularisirung ist es zu betrachten, wenn
man solches Metallgeräth mit bunt - metallisch
glänzenden Farben überstreicht. Man gewinnt viel-
leicht dadurch die in künstlerischen Dingen urthcils-
lose Menge; je mehr, je bunter aber man färbt,
umsomehr entfernt man sich vom Schein der
Aechtheit und damit zugleich vom wahren Ge-
schmack. Farben und Glanz des
Metalls an sich sind wirkungsvoll
genug, man sollte eher daran den-
ken sie durch glückliche Patina zu
dämpfen als durch bunte Farben
zu erhöhen.

Weniger dürfte ein Tadel in Be-
zug auf die Form der Geräthe ge-
rechtfertigt sei. Gewiß ist hier noch
viel Nachahmung und viel Anvoll-
kommenheit, denn wir befinden uns
ja mitten im Umschwünge des Ge-
schmacks, wir sind noch Suchende
und Strebende und halten uns einer-
seits zu eng an unsere Vorbilder»
während wir andrerseits zu will-
kürlich sind in der Bildung neuer
Formen und Ornamente. Zu einer
gewissen Freiheit aber in der Er-
findung der Formen sind wir ge-
drungen, weil neuer Gebrauch, neue
Bedürfnisse erweckt sind, denen die
alten Formen, wie schön sie auch
sein mögen, nicht immer entsprechen.
Unser Leben ist reicher geworden als das der Altvordern, moderne Er-
findungen haben zum großen Theil unsre Haushaltung, unser öffent-
liches Leben uns geschaffen.

Um nur Eines anzuführen, so ist ja die moderne Beleuchtung
eine so gänzlich andere geworden, von der man sich vor wenig Jahr-
zehnten, geschweige denn im Zeitalter der Renaissance oder gar im
klassischen Alterthum mit seinen qualmenden Lämpchen nichts träumen

mit Uhr oder Beleuchtungskörper.

Schaffer 6: walcker, Berlin.
 
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