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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Ueber Mosaik-Dekorationen
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Becker, Hermann: Wohnstuben im XVI. und XVII. Jahrhundert, [6]: eine kulturgeschichtliche und vergleichende Studie
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0211

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Seite s82.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Innen-Dekoration".

Dezember-Heft.

erweckt, als es sich herausstellte, daß die zu ihrer Verfügung stehenden
Mittel erschöpft waren. Salvati bot zwar alles auf, um das ihm
ans Herz gewachsene Werk nicht aufgeben zu müssen, doch würde er
kaum genügenden Beistand gefunden haben, wenn ihm nicht die Gnade
des Kaisers Franz Josef eine Subvention zur Förderung seines Unter-
nehmens bewilligt hätte.

Um dasselbe auf die Dauer lebensfähig und lukrativ zu ge-
stalten, mußte ein Weg gefunden werden, der Mosaik einen den Ver-
hältnissen der Zeit entsprechenden Absatz, verbunden mit mäßigem
Preis, der sie auch weiteren
Schichten der Bevölkerung er-
reichbar machte, zu schaffen.

Diesen Weg fand Salvati durch
ein neues technisches Verfahren.

Statt die Mosaik wie bisher
direkt in die Mauer einzuarbei-
ten, wurde von der auszufüh-
renden Komposition eine um-
gekehrte Konturzeichnung auf
starkes Papier hergestellt und
die Steinchen umgekehrt darauf
geklebt. Größere Zeichnungen
ließen sich leicht zerschneiden, je
nach der Kapazität der einzelnen
Künstler vertheilen, wieder zu-
sammenpassen und an Ort und
Stelle bringen, um dort direkt
an die Mauer stückweise zu-
sammengefügt, d. h. mit der
umgekehrten Seite in dem berei-
teten Kitt eingedrückt zu werden.

Nachdem derselbe ziemlich hart geworden war, entfernte man das
Papier mittels Befeuchtung, die Mosaik wurde rein gewaschen, die
entstandenen Fugen ergänzt und geglättet. Auf diese Weise erzielte
man große Zeitersparnis ferner den Vortheil, bequem im Atelier
arbeiten zu können, wodurch die Kosten bedeutend herabgemindert
wurden. Dies ist die venezianische Technik, welche noch heute fortbesteht.

Der Erfolg blieb nicht aus und Salvati wurde für seine Mühe
und beharrliche Ausdauer reichlich belohnt. Im Jahre H860 bekam
er einen Auftrag für den Vizekönig von Egypten und zwar die De-

koration des großen Palais in Meks, deren Kosten sich auf eine halbe
Million Franken beliefen; die Königin von England bestellte s20
Figuren für die Kapelle in Windsor, und so folgte Bestellung auf
Bestellung aus allen Theilen der Welt. Eine englische Gesellschaft
betheiligte sich an dem Unternehmen und es wurden immer kolossalere
Arbeiten geliefert, u. a. das 80 Au.-Mtr. große Bild nach dem von
A. v. Werner komponirten Karton für die Siegessäule in Berlin.

Seitdem hat die Mosaikkunst die ihr gebührende Anerkennung
und Verbreitung gefunden; alle größeren Kulturstaaten, zuerst Eng-
land, dann Rußland und Frank-
reich, errichteten Staatsinstitute
unter Leitung venezianischer und
römischer Künstler. Auch in
Innsbruck wurde eine Mosaik-
anstalt ins Leben gerufen, deren
Direktor Luigi Solerti im dor-
tigen technischen Klub einen
Vortrag hielt, welchem wir die
Anregung zu diesen Mittheil-
ungen verdanken.

Die Königliche Manufaktur
in Florenz leistet besonders in
Herstellung der feinsten und
kunstvollsten Mosaik, wie sie zu
Schmuckgegenständen rc. Verwen-
dung findet, ganz Hervorragen-
des. Während zur Ausführung
selbst Arbeiter der ungebildetsten
Klassen genügen, werden die
Muster nur von Künstlern ent-
worfen, welche auch die Vor-
bilder mittels bunter Steine zusammensetzen. Die für die Form
zurechtgeschnittenen Steine verbindet jeder Arbeiter im Feuer fest mit
einander durch einen feinen, aus Wachs und Mastix bestehenden Ze-
ment und füllt etwaige Lücken mit Schiefer oder farbigem Wachs
aus. Alsdann werden die einzelnen Theile mit Zement zu einem
Ganzen verbunden, auf eine dünne Marmorplatte befestigt, alle über-
stehenden Ecken mit größter Sorgfalt abgefeilt und die Oberfläche
glatt polirt. — (Uhland's Ind. Rdschau.)

Abbildung Nr. 27;. Vntwrlvf;u einem Salon im Barockstyl.

Entworfen und gezeichnet von Franz Ruhn, München.

Kotznstuörn Lm XVI. unS XVII. Wayv-
hunLevk.

Eine kulturgeschichtliche und vergleichende Studie

von Hermann Becker.

(Fortsetzung und Schluß von Seite 175 dieses Heftes.)

ist es uns gelungen im Geiste der Alten Neues zu
en. Die Zeit der modernen Renaissancebestrebung
zu kurz, wir lernten alle alten Bauwerke und Gegen-
stände nachahmen, was bis zum Ueberdruß geschah, und jetzt, wo das
Gelernte erst eigentlich fruchtbringend wirken soll, verläuft die ganze
Bestrebung im Sande. Wir ergeben uns, genau wie vor zweihundert
Jahren auch, dem französischen Stil, der seinerzeit wohl auch zur
Seite geworfen werden wird um antiken Einflüssen zu weichen. Was
speziell die modernen altdeutschen Zimmer anbelangt, so kann man
wohl sagen, daß sie auf dem Aussterbeetat stehen, und mit ihnen
Alles, was dazu gehört. Schönes und Wunderliches haben unsere
Architekten auf diesem Gebiete geleistet, aber die meisten ihrer Schöpf-
ungen entsprechen den alten Vorbildern nur in dem Sinne, wie der
altdeutsche Roman der Neuzeit den tatsächlichen Zeitverhältnissen
entspricht. Manchmal ist auch unfreiwillige Komik dabei, z. B. wenn
ein genialer Architekt auf die Idee verfällt, einem hochgeborenen alt-
adligen Grafen in sein Schloß eine altdeutsche Bauernstube zu setzen
und nun den edlen Herrn dazu verdammt, auf unbequemen Schemeln
zu sitzen, deren Vorbild einst von den Leibeigenen des gräflichen Ur-
ahns benutzt wurde, wie inan sieht, macht sich auch auf dein Ge-
biete der Wohnungseinrichtung die Gleichmachung der Stände bemerk-
bar, wenn auch nur unbewußt.

Der größte Fehler, den die Architekten bei der Rekonstruktion
des altdeutschen Zimmers begingen — und dieser Fehler raubt der
ganzen Bestrebung die Lebenskraft — ist der Versuch, das alte pa-
trizierzimmer unseren bürgerlichen Verhältnissen anpassen zu wollen.
Dadurch ist die Sucht nach dem gefälschten Prunk großgezogen worden
und diese erzeugte eine Unzahl wüster und geschmackloser Dinge, welche
Anspruch auf Schönheit erheben ohne diese Eigenschaft zu besitzen.
Dazu kommt noch der Zuschnitt ins Große und der theure Preis.
Würde man für den Bürger ein einfaches, zweckmäßiges und billiges
altdeutsches Zimmer schaffen — und es könnte dies unbeschadet der
Wirkung geschehen — anstatt der phantastischen Versuche mit ge-
fälschtem Reichthum, dann würde wohl auch ein allgenreiner Bedarf
dafür vorhanden sein. Die breite Schicht des Volkes kauft doch auch
die form- und stillosen Möbel, aber nur allein deshalb, weil sie billig
sind. So aber sehen wir bei den reichen wie bei den weniger gut
gestellten Leuten häufig mißverstandene Kunstbestrebungen gefördert,
und man pflegt den Hang zum Abenteuerlichen und Buntscheckigen.
Diejenigen aber, welche eigentlich dagegen ankämpfen sollten, die Ar-
chitekten, stehen indifferent dabei und rühren sich nicht, oder folgen der
geistigen Strömung unserer Zeit, welche dem Geldsack nachläuft und
uns vorlügt, ideale Zwecke zu verfolgen.

Allerdings ist auch die den Architekten auf manchen Kunst-
und Kunstgewerbeschulen nach vorgeschriebenem System eingcdrillte
Kunstanschauung und Empfindung nicht ohne Einfluß darauf geblieben.
Eine einseitige, dogmatische Lehrmethode aber, welche an verknöcherten
Prinzipien festhält, kann natürlich keine künstlerischen Individualitäten
erziehen, und doch sind nur solche allein im Stande, aus dem Alten
wirklich Neues und Gutes zu gestalten. —
 
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