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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Bodenschatz, Lorenz: Ausschmückung und Einrichtung der Wohnräume, [3]: unter besonderer Berücksichtigung der Wahl der Tapeten
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Hofmann, Albert: Mein Wohnungs-Ideal, [8]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0096

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Seite 78.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Inn en - D eko r a tion".

Juni-Heft.

Als Farbe dürfte das kalte Blau am wenigsten geeignet sein,
wogegen sich ein warmes gebrochenes Roth sehr empfiehlt und mit
dem im Speisezimmer am meisten vorkommenden Eichenholzmöbel sehr
gut harmonirt. Auch ist Roth bekanntlich ein sehr guter Hintergrund
für Prunk- und Schaugesäße, sowie für Oelgemälde, was insofern
wichtig, als das Speisezimmer für derartige Geräthe und für die großen
Familien-Portraits der passendste Ort ist.

Nur wenn die Wand weniger oder gar
keinen Schmuck durch Geräthe, Bilder und
dergleichen erhalten soll, kann hier eine
lebhaftere Tapete Platz finden, und bieten
dann die jetzt so äußerst schön und solid
angefertigten gepreßten Ledertapeten,
sei es nun in braun oder vergoldet, einen
Wandschmuck von reicher imponirender
Wirkung. Auch die mit Früchten und
Blumen usw. bemusterten Gobelintapeten
sind hier am Platze.

Sei nun die Wand einfacher oder reicher
zu dekoriren, so empfehlen wir für dieses
Zimmer eine Holzlambris, welche in Höhe
von etwa zwei Metern mit einem von
Ronsolen getragenen Rannenbrette oder
Simsborde zur Aufstellung von Rannen,

Artigen usw. endigt. Will man die Lam-
bris billiger Herstellen, so bieten die jetzt
fabrizirten Naturholz-Tapeten (von
natürlichem Holz abgezogene Tapeten)
ein Material, womit man täuschend ähn-
liche Holzvertäfelungen herzustellen im
Stande ist, und find von besonderer Wirk-
ung, wenn man Stab- und Leistenwerk
von natürlichen Holzleisten anbringt. Auch
die Decke läßt sich in dieser Weise auf
die mannigfaltigste Art als Holzdecke,

Balkendecke usw. Herstellen, und bemerken wir noch, daß zu diesen
und ähnlichen Zwecken von einigen Tapetenfabrikanten in Zeichnung
künstlerisch ausgeführte Holz-Intarsiaborden, sowie Pilaster und der-
gleichen angefertigt werden. — Tritt uns in diesem Falle das Vorurtheil

gegen eine derartige Imitation entgegen, so bemerken wir, daß zunächst
nicht jeder die Mittel besitzt, sich eine ächte Holzlambris oder Decke
anschaffen zu können (vielleicht auch, wenn er zur Miethe wohnt, sich
diese Ausgabe nicht gestatten will), andererseits aber eine gute Imitat-
ion, wie sie gerade jetzt durch das gebotene Material möglich, durchaus
nicht zu verwerfen ist. Finden wir doch auf allen Gebieten der

Aunstindustrie stilgerechte Imitationen,
welche überall Anklang finden, und ist
doch auch die Tapete an und für sich
weiter nichts, als eine Nachbildung von
Stoffen. Hauptsache bleibt hierbei stets
passende und sachverständige Be-
handlung des Materials.

Das Mobiliar des Speisezimmers sei
nicht zu reich ornamentirt, in edler Ein-
fachheit gehalten, und ist als Material
mattes Eichenholz am meisten zu empfeh-
len ; als Stuhlüberzüge einfarbige Stoffe,
Leder oder Ledertuch. Das Hauptstück
bildet die Lredenz oder das Buffet, auf
welchem Rannen, Gläser, überhaupt die
in der Familie erblichen Becher, Pokale,
Schüsseln usw. passenden Platz finden.

Wenn wir in Betreff des Speisezim-
mers für Ruhe und Einfachheit sprechen,
so darf doch die Wohnlichkeit nicht aus-
geschlossen sein, da man hier zur geselligen
Freude zusammenkommt und das Speise-
zimmer sich nicht selten zum Trinkzimmer
verwandelt; auch der perlende Wein und
das schäumende Bier munden bekanntlich
besser, je mehr Behaglichkeit und Wohn-
lichkeit uns umgiebt.

Ganz anders wie bei dem Speisezim-
mer gestalten sich die Verhältnisse bei dem
Sttlütl, für welchen uns immer noch ein passender deutscher Name
fehlt, wenn wir nicht etwa Besuchs- oder Empfangszimmer
hierfür sagen wollen, wie es sich schon hier und da eingebürgert hat.
Hat das Speisezimmer seinen dominirenden Mittelpunkt an dem


ern "Motznurlgs^MLeal.

Von Albert Hofmann-Reichenberg.

(Fortsetzung.)

He Gastlichkeit dieser befriedeten Oase, der die Gräfin den
Namen »Res kruderes« (die Heide) gegeben, war dem
kaiserlichen Paris wohl bekannt; man nahm den Raffte
auf feinem Zimmer und versammelte sich erst um halb zehn Uhr
zum Frühstück, die Zeitungen wurden gelesen, Briefe mitgetheilt, die
Tagesereignisse besprochen; hernach schickte sich Tircourt gewöhnlich
zu einer großen Wanderung an, auf der ihn die Gäste begleiteten,
die sich nicht scheuten, ein wenig Hitze für die Belehrung ftiner spru-
delnden Unterhaltung in Rauf zu nehmen. Der Vieruhrzug brachte
gewöhnlich aus Paris Besuch zu Tisch. Das Speisezimmer hielt
kaum zehn Personen, aber welche Feste des Geistes sah es, wenn
Tocqueville, Mignet, M. Chevalier, Grote, Ranke, Ticknor, Stanley,
Madstme Blaze de Bury und so viele Andere seine Gäste waren.
Zu ihnen zählte später auch Thiers, der mit seiner unvergleichlichen
Unterhaltung Alles hinriß und nach seinem ersten Besuche auf die
Frage, was er von dem Hause halte, erwiederte: »Vn Salon ck'aocli-
mutation, c^ui ckonne bon exemple«. Was gibt es reizvolleres für
das weltabgewandte Familienleben, als ein bescheidenes Häuschen
in dem schattigsten Winkel eines parkartigen Gartens, unregelmäßig
aus dem Bedürfnisse herausgebaut. Ueber dem Dache schlagen die
hochragenden Bäume die Aefte und Zweige zusammen und rauschen
im leichten Winde süße, träumerische Lieder. In Blumenbeeten stehen
die hohen, schlanken Lilien in weißglänzender Frische im Sonnenschein,
Salbei, Lavendel und Lentifolien neigen die farbigen duftigen Ropf-

lein der Hellen Sonne zu. Auf hohen Stämmen verbreiten die gluth-
voll gefärbten Rosen berauschenden Duft. Ein kühner Sonnenstrahl
hat sich durch das dichte Gezweig der alten Stämme einen Weg ge-
bahnt und spielt in dem Dämmerscheine des Laubschattens auf den
grünen Rasen.

Anspruchslos, dabei aber nicht ohne Reiz und malerische Grupp-
irung sei das Refugium der Familie im Aeußern. Zwei Wohnge-
schosse lagern über dem überhöhten Rellergeschoß, in welchem sich die
Wirthschaftsräume und die Schlafräume für die Dienstboten befinden.
Schon die Eintrittshalle zeige den Geist der Bewohner. Blumen,
künstlerische Gefäße und Geräthe schmücke sie in bescheidener Weife,
weiche Teppiche dämpfen die Zugluft. Schon das Vestibül bereite
den Eintretenden auf das Wohlbehagen der Empfangs- und Familien-
räume vor.

Die Empfangsräume liegen im Erdgeschosse, Zimmer des Herrn,
Zimmer der Frau, großer und kleiner Salon, Speisezimmer, vielleicht
auch das Boudoir. Im oberen Geschosse liegen die Schlafräume in
Verbindung mit Badezimmer und Ankleidekabinet. Das Treppenhaus
sei womöglich mit dein Vestibül derartig zusammengezogen, daß es
als ein geschlossener, der künstlerischen Ausschmückung den weitesten
Spielraum lassender Raum ist.

Das Haus selbst, das in seinem Aeußern, je nach der Gegend,
den Sandstein, den Backstein oder den putzbau zeigt, zeige in seinem
Rarakter den echten, unverfälschten Villenstil; es halte sich insbesondere
fern von jeder falschen Monumentalität, eine Eigenschaft, die am
leichtesten beim putzbau auftritt. Hier werde dem Rarakter des
Putzes insoferne besondere Rechnung getragen, als das Streben zur
Geltung komme, durch große Flächen eine Gliederung der Baumasse
zu erzielen und das schmückende Beiwerk auf das geringste Maß zu
 
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