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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Französische Renaissance-Möbel
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Hofmann, Albert: Mein Wohnungs-Ideal, [9]
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Thürschließer als Alarm-Detektor
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0106

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Juni-Heft.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Innen-Dekoration".

Seite 87.

Symmetrie den Arieg erklärten. Nothwendigerweise machte derselbe
vuch eine ganz andere Aonstruktionsart zur Bedingung. Bisher hatte
die Gliederung des Mobiliars in der Zeichnung sich in geraden
Linien bewegt. Jetzt wurde die Zeichnung willkürlich und eine große
Sauberkeit in der Ausführung, verbunden mit äußerster Sorgfalt in
der Behandlung des zusammenzusetzenden Materials, wurde noth-
wendig, wenn die Arbeiten nicht plump ausfallen sollten. Der Aünst-
ler, welcher die Technik seiner Ärmst gründlich beherrschte, liebte es,
sozusagen mit seiner Ärmst zu spielen. Diese Willkür zeigte sich auch
im Entwerfen von Formen, welche zwar sehr zierlich aussahen, aber
doch für praktische Zwecke stark ge-
nug gemacht werden konnten. Die
nollständige Beherrschung der Tech-
nik setzte ihn in den Stand, allen
Regeln Trotz zu bieten, sie brachte
nber die vollständige Entartung der
Zeichnung mit sich. Der Zeichner
schwelgte in den barocksten Ideen,
und seine Rokokoornamente waren
weder konventionell noch natürlich,
ja sie waren nicht einmal symmet-
risch. Ein Umschwung dieser aus-
schweifenden Freiheit war natürlich
und unvermeidlich, aber er kam all-
mählich. Das letzte Viertel des
f8. Jahrhunderts, als Ludwig XVI.
wm Ruder war, war eine Periode
von größerer Verfeinerung des
französischen Mobiliars. Zuerst
waren freilich die Hauptlinien noch gebogen, aber man fand am
Rokokoornament keinen Geschmack mehr und zog dafür zierliche na-
turalistische, mit Bändchen umwundene Blumensträußchen vor. Blatt-
werk im italienischen Stil erschien wieder aus der Bildfläche, und wir
können das Vorhandensein /von zwei Verzierungsarten nebeneinander
beobachten, von denen die eine streng naturalistisch, die andere schab-
lonenhaft war. Jetzt bekamen die geraden Linien am Mobiliar
wieder die Oberhand. Die Beine wurden kantig, sournirt und regel-
mäßig nach unten verlaufend gehalten. Menschliche Figuren von
vergoldetem Holz oder Metall schmückten häufig den oberen Theil

der Beine. In der Dekoration des Möbels wurde das Naturalistische
mit dem Architektonischen verbunden, man hütete sich aber, beides zu
verschmelzen. Der gewöhnliche Zierath wurde in Füllungen ange-
wendet oder in anderer Weise den strengen Formen angepaßt, welche
jetzt Anwendung fanden, wogegen man das naturalistische Ornament
ganz unabhängig behandelte und es manchmal theilweise in Gestalt
von Festons loslöste. Es war, als ob ein Gebäude mit architekton-
ischem Ornament zeitweilig mit wirklichen Blumen geschmückt und
dann eine Wiederholung des Ganzen in einem Materiale geschnitzt
worden wäre. In dieser Zeit erwachte das klassische Gefühl wieder,

und zwar in ausgeprägterem Maße
als es vorher der Fall gewesen war,
und in diesem Mobiliar erreichte dis
französische Aunstfertigkeit ihren
Höhepunkt.

"Dhüvfchließev
als Mavm-Neteklov.

in sinnreich konstruirter Apparat,
welcher neben seinem eigent-
lichen Zwecke als Thürschließer noch
zugleich die Dienste eines Alarm-
Detektors leistet, ist von der Finna
Glühlampenfabrik und Elek-
trizitätswerke zu Hainburg,
A.-G. in den Verkehr gebracht
worden. Der Mechanismus des-
selben, welcher aus Federkraft beruht,
ist derart eingerichtet, daß infolge der unmittelbaren Verbindung mit
einer Glocke, welche beliebig in oder außer Zusammenhang mit dein
Schließapparat gebracht werden kann, der Detektor das jedesmalige
Oeffnen der Thür anzeigt, aber auch, außer Verbindung gesetzt, seine
Wirksamkeit einstellt. Das Läutewerk kann so gestellt werden, daß
es entweder nur beim Aufmachen, oder auch beim Ausmachen und
beim Schließen ertönt. Nach diesen verschiedenen Seiten ihrer Gebrauchs-
fähigkeit kann die Vorrichtung Anspruch auf den Namen eines Aniversal-
Apparates machen. Derselbe wird von der Firma in drei verschiedenen
Größen hergestellt, und steht Preisliste stets zu Diensten.

Abbildung Nr. ;8^. Vehchnitzkev Tisch aus dem XVtl. Jahrhundert.

Leuchtern vor dem Spiegel und bescheinen mit ihrem milden Lichte
den funkelnden Schmuck, der eben zum Anlegen bereit liegt. Eine
wohlriechende Atmosphäre erfüllt das Gemach, das wie kein anderes
den Eindruck intimer Heimlichkeit und Behaglichkeit trage. Und nun
zuin Salon.

h. Taine sagt im zweiten Bande, zweite Abtheikung, Vorwort,
seines epochemachenden Werkes: „Die Entstehung des modernen
Frankreich": „Eine menschliche Gesellschaft, namentlich
eine moderne, i st etwas Vielseitiges und Verwickel-
tes. Es ist daher schwierig, sie zu kennen und zu verstehen, und
aus diesem Grunde ist es sehr schwierig, sie richtig zu behandeln."
Taine bezeichnet diese Sentenz als das einzige Prinzip, welches er
beim Studium der Geschichte der öffentlichen Gewalten im vorrevolu-
tionären, revolutionären und nachrevolutionären Frankreich gesunden
hat. So wie diese Worte bei der Schilderung einer ganzen Volks-
gemeinschaft sich dem gründlichen Forscher als eine fundamentale
Wahrheit aufgedrängt haben, so behalten sie auch für die kleinere
Gemeinschaft unsrer engeren Verkehrsgesellschaft, für das sogenannte
Salonleben in des Wortes höherer Bedeutung, ihre volle Geltung und
Berechtigung. And verfolgen wir die Geschichte des Salonlebens, so
werden wir in der That belehrt darüber, daß dasselbe seit den Zeiten
der Encyklopädisten und der Restauration bei uns und nicht minder
sogar auch in Frankreich nur als sporadisch auftretende Lichtblitze in
die Erscheinung tritt, und in dieser spärlichen Eigenschaft das indiffe-
rente und geistlose hinleben unsrer großen Gesellschaft so recht er-
kennen läßt. Das seltene sporadische Auftreten eines geistdurchglühten
Salonlebens ist so recht bezeichnend für die Wahrheit des von Taine
wls „einfach und knabenhaft" bezeichnten und doch so groß dastehen-
den Prinzipes. Die Aarakterisirung eines Salons, und unter dieser

Bezeichnung verstehen wir die harmonische Geschlossenheit des Raumes
und der in ihm verkehrenden Gesellschaft, ist durchaus keine leichte.
Ein anderer war der Salon im achtzehnten Jahrhundert, zur Zeit
der Encyklopädisten, ein anderer war er zur Zeit der Restauration,
und wieder ein anderer ist er heute. Im achtzehnten Jahrhundert
war in jedem wohleingerichteten Hause der Salon das Hauptstück.
Im königlichen Salon des achtzehnten Jahrhunderts in Versailles
hängen von der mit Bildhauerarbeit und mit scherzenden Liebesgöttern
geschmückten Decke flammende Leuchter herab, deren Strahlenglanz
von hohen Spiegeln vervielfacht wird. Das Licht fällt in Strömen
auf Vergoldungen, Diamanten, geistvolle, heitere Aöpfe, schöne Büsten,
enorme guirlandengezierte, schimmernde Aleider. Die Schleppen der
Damen bilden ein reiches Spalier, bedeckt mit Perlen, Blumen,
Früchten, künstlichen Erdbeeren, Himbeeren und Airschen, Gold, Silber
und Edelsteinen. Die Pracht dieses gigantischen lebenden Bouquets
blendet das Auge. Aeinc schwarzen Anzüge stören die Harmonie,
wie es heute geschieht; die Herren sind ebenso herausgeputzt, wie die
Damen: sie sind frisirt, gepudert, tragen das haar in Locken und
Anoten, Aravatten und Manschetten aus Spitzen, Röcke und Gilets
aus rosenrother oder blauer Seide mit Verzierungen aus Goldborten
und Tressen. Es ist das wahrlich eine gewählte Gesellschaft, eine
Elite; sie besteht aus lauter vollendeten Weltleuten, die mit aller
Anmuth ausgestattet sind, welche ihnen Abkunft, Erziehung, Vermögen,
Muße und Gewohnheiten verleihen können; in ihrer Art sind sie voll-
kommen. Da ist jede Toilette, jede Aopfbewegung, jeder Laut, jede
Redewendung das Meisterwerk weltlicher Aultur, die destillirte Quint-
essenz raffinirter Geselligkeitskunst. So polirt auch die Pariser Ge-
sellschaft sei, der Versailler kommt sie nicht gleich.

(Fortsetzung folgt.)
 
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