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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Betrachtungen über unsere Klaviere
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0120

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Seite sOO.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Znnen-Dekoration".

Iuli-kfeft.

^AetraHtttttyen üvev unfeve rAlaviere

als kunstgewerbliche Nobel lassen sich über einen s. I. im Berliner Kunstge-
werbemuseum ausgestellten Konzertsingel anstelle», den der anhaltische Gewerbe-,
verein seinem Lrbprinzenpaare am Hochzeitstage gestiftet hat. Es ist ein Stück,
dessen gesamter Aufbau, von Professor Schütz entworfen, sich in den Formen
des späteren Barockstils hält.

Die figürlichen Teile und ornamentalen Reliefs sind von Nax Baumbach
modellirt, die Bemalung ist von Professor Nax Koch ausgeführt. Das Instrument
selbst stammt aus der Werkstatt von Bechst ein in Berlin. Die Grundfarbe des
Ganzen ist blaß, scladon grüner Lack, nur die Außenseite des Deckels ist mit
Silberbronce grundirt. Die geschnitzten Reliefs und figuralen Teile sind durchaus
vergoldet. Die letzteren konzentriren sich an dem spitzen Ende des Flügels, dessen
Fuß von einer Gruppe der drei Rhcintöchter gebildet ist. Darüber tragen Putten
das Medaillonxortrait Richard Wagners, dessen Kompositionen auch für die Be-
malung der Zarge des Kastens, dem musikalischen Geschmacks des Besitzers ent-
sprechend, ausschließlich die Notive gegeben haben. In kleine, ovale Fenster
eingeordnet sind hier Figuren, theils in dunkelgrün, teils in purpurroth gemalt.
Den breitesten Raum für Entfaltung malerischer Verzierung bietet der Deckel.
Er trägt auf der Außenseite in reicher, ornamentaler Umrahmung die Allianee-
wappen des Paares, auf der Innenseite Rankenwerk und eine Landschaft mit
Schwänen. Die harmonische Zusammenstimmung der Malerei mit dem Golde
und dem
grünen
Lack ist
trefflich;
die Ge-
samtwirk-
ung präch-
tig, glän-
zend, wie
das ein
derartiges
Prunkstück,
das auch
einen gro-
ßen Ranm
zu schmü-
cken be-
stimmt ist,
erfordert.

Die in-
strumenta -
len Theilc
sind leider
unvcrziert
geblieben
und sie
machen ge-
rade durch
dcnGeacn-
satz zu dem
prachtvol-
len Ge-
häuse
einen et-
was nüch-
ternen,
maschinen-
mäßigen
Eindruck,
der sich
hätte ver-
meiden lassen. Denn auch dieser Teil bietet noch mehrere Flächen, wie die glatt-
gebliebenen Lampenteller, die sich durch leichte Bemalung lebendig gliedern ließen,
ohne daß der Klangwirkung irgendwie Eintrag geschehen könnte." So r-cint
der Berichterstatter der „Post", der dann das folgende Allgemeinere bemerkt.

„Nan ist bei dem Entwurf dieses Flügels wie schon früher bei dem zur
silbernen Hochzeit des kronprinzlichcn Paares von Preußen hcrgestellten sehr ver-
wandten Exemplare weit über das Naß künstlerischer Ausstattung hinausgegangen,
das frühere Jahrhunderte auf ihre Klaviere zu verwenden pflegten. Und ganz
mit Recht, denn die schwere Konstruktion des modernen Flügels verträgt nicht nur,
sondern beansprucht auch zu voller dekorativer Wirkung mehr als bloße Bemalung;
sie muß auch die Plastik im Aufbau zu Hilfe nehmen. Bemalte und anderweitig
verzierte Klaviere sind uns seit dem ;s. Jahrhundert erhalten. Die Form des
Flügels ist seit damals im wesentlichen dieselbe, auch das aufrecht stehende Pianino
kommt schon im Z8. Jahrhundert vor. Aber die Größen sind immer wesentlich
geringer gewesen als heute. Das alte Spinett oder Klavier ist mit dem Fußgestell
nicht fest verbunden, sondern ruht zumeist in einem Kasten; zum Gebrauche wird
es entweder ausgchoben und auf den Tisch gesetzt, oder auf ein ganz einfaches,
leichtes Gestell gelegt. Zur Verzierung bieten also nur die Flächen Gelegenheit.
Diese sind durchgehend einfach und glatt, der Tonwirkung halber, und aus dünnem
Holze gearbeitete Schnitzerei ist also ausgeschlossen, das Nächstliegende Mittel zur

Verzierung ist die Malerei, die auch in der Regel in reichem Maße herangezogen
wurde. Vereinzelt kommt auch Intarsia vor. Häufiger sind Einlagen aus Perl-
mutter, Elfenbein und farbigen Hölzern bei den Lauten, Mandolinen und ähnlichen
Instrumenten, bei den Spinetten überwiegt immer die Malerei. Zu bemerken ist
aber hierbei, daß unter den zahlreichen Klavieren italienischen, deutschen und
holländischen Ursprungs, die uns aus dem ;s., und ;s. Jahrhundert noch er-
halten sind, sich keines findet, das überhaupt unvcrziert geblieben,
wie es heute doch die Regel ist. Ist eine .reichere Wirkung erwünscht,
wie bei Stücken des fürstlichen Gebrauches, so tritt mit dem Z8. Jahrhundert
wohl auch noch Schnitzerei und Vergoldung hinzu.

Aus dem Schatze der erhaltenen alten Instrumente ist für das heutige
Kunsthandwcrk die Lehre zu ziehen, daß das Klavier als ein dem Vergnügen und
der Freude dienender Gegenstand, der es doch eigentlich sein soll, den heiteren
Schmuck der Kunst beansprucht. Line so glänzende Ausbildung wie in dem zu
Anfang erwähnten und vorstehend abgebildcten Exemplar bleibt natürlich für die
außergewöhnlichen prachtwerke Vorbehalten. Aber auch für bescheidenere Ansprüche
kann durch Helle Farben und leichte Bemalung der heutige düstere und schmucklose
Kasten ohne große Erhöhung des Preises in ein freundliches Hausgeräth umge-
wandelt werden, das dem Musikzimmer und Wohnraun wirklich zur Zierde gereicht".

In der jetzt gewöhnlich gewünschten und Seitens der Fabrikanten beobachteten

Ausführ-
ung macht
das Kla-
vier zwar
stets einen
fürchterlich
vornehmen
oft fast
düsteren
Eindruck;
indessen
würden
wir, wenn
das Auge
sich nicht
längst an
das würde-
volle Auf-
treten die-
ses Möbels
denn nur
als solches
wird es ja
thatsächlich
leider in zu
vielen Fa-
milien be-
trachtet,
gewöhnt
hätte, eher
annehmen
können,
daß es für
irgend
einen hoch-
wichtigen
und ernsten
Zweck be-
stimmt und
nicht be-
rufen ist,

der Kunst zu dienen und der ewig lächelnden freundliche» Polyhymnia Feste zu
feiern. Der für das Kunstgewerbe erfreuliche gerade in der Klavier-Industrie be-
sonders rege Wettbewerb um das Schöne und Solide bringt vielleicht auch die der
unseren Vorfahren üblichen freundlichen anmuthenden Verzierungen wieder zu Ehren
und allgemeiner Verwendung.

Wlv klrfähvlichev Ueind für die Leitungsdrähte der Haustelcgraphen
hat sich der Kalkanstrich erwiesen. In einem Gebäude waren Wände, an denen
Leitungsdrähto vorbeiliefen, mit einem frischen Anstrich von Leimfarbe versehen
worden. Nach einiger Zeit zeigt das Klingelwerk Störungen. Frische Füllung
der Batterie half nichts; »nan brachte den Strom nur dadurch wieder auf seine
frühere Stärke, daß man die Zahl der Elemente erheblich vermehrte, das deutete
auf einen erheblichen Fehler der Leitung, obwohl äußerlich gar kein Schaden zu
erkennen war. Als man aber die Leitung abnahm, fand inan an all denjenigen
Stellen, die neuerdings überstrichen worden waren, die isolierende Guttaperchaschicht
zerstört. Die Baumwollfäden der Umhüllung hatten die Kalkmilch begierig auf-
gesogen und so den Kalk mit der inneren Guttaperchahülle in Berührung gebracht.
Die Folge war, daß die Hülle zerbröckelte, ja stellenweise sich vollständig in Gut-
tapcrchastaub verwandelte. Wo der Anstrich nicht stattgefunden hatte, war die
Gnttaperchamasse zwar spröde geworden, aber doch zusammenhängend geblieben.

Abbildung Nr. ;ys. Salon«I?lÜgrl des »nhrrlljfchen Vvbpvlnfen-Wast'ev. Aus der Bechstein'schcn Fabrik.
 
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