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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Fischbach, Friedrich: Die Umgestaltung unserer Wohnräume durch die elektrische Beleuchtung
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Die Symmetrie als Prinzip der Zimmereinrichtung
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0191

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Leite (6H.

November-Heft.

ZNustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „Innen-Dekoration".

Näheres berichten. Die das Feuer weckenden, hütenden und vertheilenden Priester
hatten besondere Sprüche. Das war die vorchristliche Messe, deren geheiligte Ge-
betformeln theilweise uns erhalten sind und von der Frömmigkeit unserer Vor-
fahren nicht minderes Zeugniß geben, als die heiligen Hymnen der Veden In-
diens. Als die Weisung von Gregor dem Großen ausging, die dem Lhristenthum
nicht feindlichen religiösen Gebräuche der Germanen beizubehalten, da wurde
wohl mit geringer Umarbeitung der herrliche Lobgesang aus vorchristlicher Zeit:
vxsultet jam an^elica turba coelorurn gerettet, dessen Uebersetzung und Auffrisch-
ung in der Kulturexoche des elektrischen Lichtes recht zeitgemäß erscheinen würde.

*Mre Symmetrie als ^rrnfip ürv
Himmeveittrichtuttg.

Heber diesen Gegenstand entnehmen wir den „Mittheilungen des Gewerbe-
Museums zu Bremen", nachfolgenden mit„D" Unter-
zeichneten, allgemein interessirendeu Artikel:

Das vorherrschende Prinzip in der
Ausstattung unserer Wohnung ist die
einer senkrechten Theilungslinie in B

ausgezeichnet waren. Jenem Systeme sind aber auch manche Gewohnheiten entsprossen,
die sich auf unsre Zeit vererbt haben, ohne daß sie rnit den Anforderungen der Zweck-
mäßigkeit und Bequemlichkeit in Linklang zu bringen sind. Zu solchen gewohnheits-
mäßigen Anordnungen gehört beispielsweise die Ausstellung des sogen. Sofatisches
vor dem Sofa in der Art, daß er die Benutzung dieses Sitz- oder Liegemöbels mehv
oder minder beschränkt, oder die gewohnheitsmäßige Anbringung eines Spiegels
als eines besonders geschätzten Zentralxunktes über dem Sofa, dessen Verwendbar-
keit illusorisch ist, wenn man ihn nicht sehr geneigt befestigt, um sich dann in einer
Art Vogelperspektive darinnen zu erblicken. Der Spiegel hat überhaupt aus der
Zeit der barocken Spiegelungsliebhabereien ein Ansehen und eine Bedeutung in
die Gegenwart übertragen, welche ihm kaum gebühren, welche aber die Ursache
seines bevorzugten Platzes in vielen modernen Wohnungen sind und deren Erbschaft
ferner der Umstand zu verdanken sein wird, daß er vielfach da angebracht wirk
wo er nicht hingehört und zuweilen lästig sein kann. Wer je einmal den zweifel-
haften Genuß gehabt hat, in einem Speisezimmer oder in einem Besuchszimmer
sich fortwährend in einem gegenüberliegenden Spiegel beobachten
zu müssen oder gar unfreundliche Blicke eines Nach-
barn durch dieses „Glas der Wahrheit" auf seine
Person gerichtet zu sehen, wird gerne der
Uebcrzeugung sich hingeben, daß der


Abbildung Nr. 282. Motiv für eine Wand zu einem Mneipzimmev in gokhifchem Stil, (siehe Beschreibung).

Ziehung stehende Symmetrie, die größtentheils durch die Regelmäßigkeit der Räume
bedingt wird und zu welcher auch die Anordnung der Thür und Fensteröffnungen
sowie anderer feststehender Bautheile die Veranlassung geben. Größere Möbel, Bilder
und dgl. werden in der Mitte der Wand angebracht und neben oder um dieselben die
kleineren Stücke gruppirt. Das Sofa, das Buffet, der Bücherschrank und das unver-
meidliche Klavier bilden solche Mittelpunkte, über welche ein größeres Bild oder ein
Spiegel die Fortsetzung der Mittelaxe für die Wandfläche abgebcn, an die sich beider-
seits Stühle, kleinere Schrankmöbel, Etageren und kleinere Bildtafeln anschließen. In
ähnlicher weise bestimmt ein Fenster oder ein Fensterxseiler an der Fensterwand
die Mitte für die Anordnung der Gardinen, während vorhandene Thüren seltener
als Gruppen-Mittelpunkte zweckmäßig Verwendung finden können.

Der symmetrischen Form bedient man sich auch bei vorübergehenden An-
ordnungen, wie z. B. einer gedeckten Tafel, sowie der dekorativen Aufstellung
kleinerer Geräthschaften auf Möbeln und Gesimsen, wie auch die Gegenstände selbst
in der Regel symmetrische, dem Auge wohlthuende Gestalt besitzen.

Das erwähnte herrschende System der Zimmereinrichtung hat allerdings den
Vorzug, dem Raume eine gewisse Ruhe und geregelte Vrdnung zu verleihen und
mag ganz vortrefflich zu der etwas steifen Gemessenheit gepaßt haben, womit
unsere Voreltern im vergleiche mit dem hastenden Treiben der Gegenwart, unsrer
modernen nervösen Unruhe, welche nur in steter Abwechselung Befriedigung findet,

Spiegel nur in solche Räume gehört, wo er wirklicher Gebrauchsgegenstand
sein soll, also in das Ankleidezimmer, auf den Vorplatz und ähnliche Plätze, wo
man gewohnt ist, seinen äußeren Menschen in Vrdnung zu bringen. Aehnlich
wie mit dem Spiegel hat man auch versucht, mit der ehemals häufig aus Paris
eingeführten „Pendule", einer niederen Standuhr in Bronzegehäuse, einen Mittel-
punkt für eine Wandgruppe zu bilden, indem man sie auf eine Konsuls setzte.
Die Pendule wird aber in ganz Frankreich als Kaminornament betrachtet, und
daher in unseren gewöhnlich kaminlosen Räumen, namentlich aber an der Wand,
wo das Aufziehen des Werkes ebenfalls unbequem ist, nicht am richtigen Platze sein.

Wie aus den angeführten Beispielen ersichtlich, hat man sich zu Gunsten
des symmetrischen Prinzips zuweilen über die Anforderungen der Zweckmäßigkeit
und Bequemlichkeit hinweggesetzt, andererseits aber auch letzterer zu Liebe das
System verlassen, indem bei Schreib- und anderen Arbeitstischen, bei einem bevor-
zugten Sitzplatze, Postamenten und sonstigen Linzelobjekten von einer freien Grup-
pirung Gebrauch gemacht wurde. Diese Abweichung unterstützten auch die ein-
seitige Anordnung gewisser Möbel, das Bedürsniß nach Ausfüllung von Zimmer-
ecken, wie bei Stellung des Gfens, Erkerausbauten usw., so daß manchmal eine
scheinbar zufällige Gruxxirung der Zimmereinrichtung mehr "den Stilgesetzen
entspricht, als eine durch den Mangel an Zweckmäßigkeit und Bequemlichkeit er-
kaufte strenge Beobachtung der Symmetrie.
 
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