Die Raucher Rudo
DER SCHLAF IM KINO
Von
GERT SOLMS
Es war ein trübseliger Novemberabend. Wie oft saß ich mit Eduard nach dem
Abendessen im Cafe Metropol. Wir spielten Domino, aber Eduard war nicht
bei der Sache. Er übersah die günstigen Kombinationen und ließ mich betrügen.
„Was hast du?" fragte ich ihn.
„Ich bin heut so müde", sagte er, „wir wollen Schluß machen. Ich werde
ins Kino gehn."
„Ins Kino? Ich denke, du bist müde, Eduard?"
„Ja, gerade deshalb."
Er warf die Steine durcheinander und rief den Kellner.
Schüchtern sagte ich: „Eduard, ich habe vorhin die ,Wochenpost' gelesen.
Es läuft zur Zeit kein Film, der spannend genug wäre, um dir den Schlaf zu ver^
treiben. Es lohnt sich also nicht."
Da blickte er mich mitleidig an.
„Ich geh' doch nicht ins Kino", sagte er, „um munter zu werden. Ich will
doch schlafen, mein Junge, richtig schlafen, gut schlafen. — Mach' nicht so ein
dummes Gesicht. Komm mit, ich will dich einen der köstlichsten Genüsse lehren."
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