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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 16.1936

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Heft 10
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Marginalien
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0861

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Zeichnung Werner Knoth

MARGINALIEN
LONDONER KINO=KNIGGE

Ihr, die ihr hier eintretet, kauft
euch vorher 25 Zigaretten. Am
besten aus Virginiatabak, Marke
Navy Cut, die von einem rotbär-
tigen Matrosen in übermenschlicher
Plakatgröße neben der Kasse an-
gepriesen werden. Was dein Nach-
bar tut, darfst auch du tun. Näm-
lich: den Rauch in möglichst dicken
Schwaden, wegen der Dunkelheit
kann man doch nicht sehen, ob du
auch kunstvolle Ringlein blasen
kannst, in die Luft zu blasen. Die
blauen Schwaden fühlen sich wohl
im Lichtkegel der Projektionslam-
pen. Die Stars vorn auf der Lein-
wand sind durch einen Schleier aus
hundert Zigaretten nur zu verschö-
nern. Verjüngung durch Zigaretten-
rauch ist die Parole der Londoner
Kinobesucher.

Wirf die Kippe nicht in den
Aschenbecher, der auf der vorderen
Bank angebracht ist, sondern lege
sie deinem Nachbarn auf den Arm,
um zu prüfen, ob es wahr ist, daß
auf der Heide getrockneter schotti-
scher Tweed garantiert feuer-, ein-
bruch- und seefest ist. Sollte sich
dein Nachbar doch beunruhigt füh-
len, so murmele, ehe etwas Unhöf-
liches geschehen kann, möglichst mit
Oxfordakzent: „So sorry, Sir." Da-
mit bist du in allen Fällen sicher.
Die Zigaretten kann man übrigens
auch auf die dicken Teppiche wer-
fen, mit denen selbst die kleineren
Kinos angenehm wattiert sind. Die
Londoner Feuerwehr gilt für garan-
tiert schnell und reell.
Pfeife nach Möglichkeit auch an
den kitschigsten Stellen nicht. Dir

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