Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0131
DOI issue:
Heft 2
DOI article:Blanchard, Claude: Das unbekannte Warenhaus: "Eintritt verboten"
DOI Page / Citation link:https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0131
DAS UNBEKANNTE WARENHAUS
„EINTRITT VERBOTEN"
Von
CLAUDE BLANCHARD, NEW YORK
Wollen Sie einen Elefanten, ein Faschingskostüm, einen Aeroplan, einen
Rasierapparat, eine Lokomotive oder, um etwas Alltäglicheres zu nennen,
ein Haus mit acht Zimmern inklusive Möbeln, Zentralheizung, Telephon,
Frigidaire und Radio kaufen?
Nichts einfacher als das : Schlagen Sie den Katalog von Sears, Roebuck und Komp.
auf, der so dick ist, wie drei Lexikonbände. Und dort finden Sie den gewünschten
Artikel, gegenüber eine Nummer. Diese schreiben Sie auf ein Blatt Papier unter
Ihre Adresse; vergessen Sie aber nicht, einen Scheck beizulegen. Dann bekommen
Sie innerhalb von vier Tagen franko und inklusive Emballage den Elefanten oder
das Haus baufertig, in numerierten Einzelstücken mit dem dazugehörigen Plan
und herzlichen Grüßen der Firma.
Völlig überflüssig, sich hinzubemühen und die Ware zu begutachten oder abzu^
tasten, man würde Sie gar nicht hineinlassen. Diese Herren, welche in allen Städten
Amerikas ihre Wolkenkratzer emporschießen lassen, haben die größten Verkaufst
lokalitäten der Welt, aber man sieht nie einen Kunden darin; ihr Geschäft hat die
Eigenart, daß es sich ausschließlich per Post abwickelt.
Sendet Einfamilienhaus per Post.
Man muß sich nur einen unserer Arbeiter vorstellen, der, nachdem er sein
Leben lang gespart hat, um sich ein Häuschen für seine alten Tage zu kaufen,
einen Prospekt aufschlägt und unter der Familienlampe ohne langes Hin und Her
zwischen seinem Kaffee und dem Schlafengehen das Modell „Bijou Nr. 3310"
auswählen würde; sechs Zimmer mit Bad zu 45 Dollars monatlich, mit runden
oder geraden Türen, je nach Wahl, einem roten und blauen Dach, einer kleinen
Steinbank vor der Tür, welche ein als Prämie beigegebener Kirschbaum beschattet.
. . . Einen Arbeiter, der nach sorgfältiger Abfassung der Bestellung zu Bett gehen
und völlig traumlos schlafen würde, in Erwartung seines in Kisten versandten
Homes, das in wenigen Tagen auf dem bereits erworbenen Grundstück zum Aus^
packen bereitliegen wird. Es handelt sich nicht etwa um Schrebergartenhütten,
wie wir sie in der Umgebung unserer Großstädte zu Tausenden sehen, nein, es
sind große, richtig auf Kellern sitzende Häuser, die in allen Farben auf die amerika^
nische Landschaft hinausstrahlen.
Treten wir schnell einmal in diese grauen Steingebäude ein, an denen unser
joTSHaxi mit einer Geschwindigkeit von 70 Kilometer schon seit drei Minuten
entlang fährt, unweit des Michigansees.
Die Herren Roebuck und Komp, bekommen in der Hauptsaison 70 000 Bestelle
briefe täglich und beschäftigen ausschließlich für sich allein das größte Postamt
von USA. Um an einem Tage so viel Kunden zu bedienen, so viele Pakete zu ex^
pedieren, so viele Bindfaden zu knüpfen und zu schnüren und so viele Marken
91
„EINTRITT VERBOTEN"
Von
CLAUDE BLANCHARD, NEW YORK
Wollen Sie einen Elefanten, ein Faschingskostüm, einen Aeroplan, einen
Rasierapparat, eine Lokomotive oder, um etwas Alltäglicheres zu nennen,
ein Haus mit acht Zimmern inklusive Möbeln, Zentralheizung, Telephon,
Frigidaire und Radio kaufen?
Nichts einfacher als das : Schlagen Sie den Katalog von Sears, Roebuck und Komp.
auf, der so dick ist, wie drei Lexikonbände. Und dort finden Sie den gewünschten
Artikel, gegenüber eine Nummer. Diese schreiben Sie auf ein Blatt Papier unter
Ihre Adresse; vergessen Sie aber nicht, einen Scheck beizulegen. Dann bekommen
Sie innerhalb von vier Tagen franko und inklusive Emballage den Elefanten oder
das Haus baufertig, in numerierten Einzelstücken mit dem dazugehörigen Plan
und herzlichen Grüßen der Firma.
Völlig überflüssig, sich hinzubemühen und die Ware zu begutachten oder abzu^
tasten, man würde Sie gar nicht hineinlassen. Diese Herren, welche in allen Städten
Amerikas ihre Wolkenkratzer emporschießen lassen, haben die größten Verkaufst
lokalitäten der Welt, aber man sieht nie einen Kunden darin; ihr Geschäft hat die
Eigenart, daß es sich ausschließlich per Post abwickelt.
Sendet Einfamilienhaus per Post.
Man muß sich nur einen unserer Arbeiter vorstellen, der, nachdem er sein
Leben lang gespart hat, um sich ein Häuschen für seine alten Tage zu kaufen,
einen Prospekt aufschlägt und unter der Familienlampe ohne langes Hin und Her
zwischen seinem Kaffee und dem Schlafengehen das Modell „Bijou Nr. 3310"
auswählen würde; sechs Zimmer mit Bad zu 45 Dollars monatlich, mit runden
oder geraden Türen, je nach Wahl, einem roten und blauen Dach, einer kleinen
Steinbank vor der Tür, welche ein als Prämie beigegebener Kirschbaum beschattet.
. . . Einen Arbeiter, der nach sorgfältiger Abfassung der Bestellung zu Bett gehen
und völlig traumlos schlafen würde, in Erwartung seines in Kisten versandten
Homes, das in wenigen Tagen auf dem bereits erworbenen Grundstück zum Aus^
packen bereitliegen wird. Es handelt sich nicht etwa um Schrebergartenhütten,
wie wir sie in der Umgebung unserer Großstädte zu Tausenden sehen, nein, es
sind große, richtig auf Kellern sitzende Häuser, die in allen Farben auf die amerika^
nische Landschaft hinausstrahlen.
Treten wir schnell einmal in diese grauen Steingebäude ein, an denen unser
joTSHaxi mit einer Geschwindigkeit von 70 Kilometer schon seit drei Minuten
entlang fährt, unweit des Michigansees.
Die Herren Roebuck und Komp, bekommen in der Hauptsaison 70 000 Bestelle
briefe täglich und beschäftigen ausschließlich für sich allein das größte Postamt
von USA. Um an einem Tage so viel Kunden zu bedienen, so viele Pakete zu ex^
pedieren, so viele Bindfaden zu knüpfen und zu schnüren und so viele Marken
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