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Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt — 16.1936

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Heft 4
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Schulze, Eberhard: Das Weltfischerdorf
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0274

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DAS WELTFISCHERDORF
Von
EBERHARD SCHULZ
Omnibusse fahren gleich gläsernen Bergen vorbei. Nachts, weit in der Von
stadt, hört das Ohr noch die summenden Atemzüge der Straßen, die immer
leiser werden, die flüsternden Stimmen, wenn das Kino aus ist, den Schrei eines
Autos, das um die Ecke biegt, und in immer länger werdenden Pausen den ein^
samen Schienenschlag der Stadtbahn. Wenn es ganz still ist, muß wohl ein Fremder,
der zum erstenmal den Stimmen lauscht, mit Sehnsucht auf den Morgen warten,
an dem die Weltstadt unter dem Füllhorn der Sonne ihre Wunder offenbart.
Die Weltstadt? Es ist sieben Uhr. In den Nebenstraßen tun sich Türen auf.
Mädchen mit Kapotthüten und Kaninchenbesatz auf dem Mantel treten heraus,
wandern über die Straßen zum Bahnhof. Über graues Pflaster. Was ist nicht alles
grau! Die Gesichter, der Himmel, die Fassaden der Häuser und der Rauch, der
von den Werkschornsteinen herunterdampft.
Die Häuser können noch eine Stunde in Ruhe schlafen. Einige Jungen rennen
heraus zur Schule. Nach geraumer Zeit kommen die Hausfrauen. Es ist neun Uhr.
Die Milchwagen halten vor der Tür. Ein Platz wird mit Zelten bespannt. Es
ist Markt. In den Nebengassen stehen Pferde, Kleinautos und wieder Bauernpferde
und Wagen, um die sich der Mist niedersammelt, als sei Manöverpause an diesem
Platz. Fische werden geschabt, Tücher auseinandergerollt, Schuhe hängen an

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