Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 16.1936
Zitieren dieser Seite
Bitte zitieren Sie diese Seite, indem Sie folgende Adresse (URL)/folgende DOI benutzen:
https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0674
DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:Bammatter, Peter: Zwischen Parkett und Plafond
DOI Artikel:Krüger, Hellmuth: Schlossbesichtigung
DOI Seite / Zitierlink:https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0674
in Sanssouci, in der Marienburg und in den Häusern unsrer Bauern von
Westfalen bis zum Böhmerwald.
Auf das Parkett wenigstens legen wir schöne Teppiche, so wir sie
haben. Aber der Plafond starrt uns bleichgesichtig an. Ob unser Genick
zu steif geworden ist, den Eigenhimmel im Eigenheim zu bewundern, oder
ob es überhaupt daran liegt, daß wir über uns nichts mehr fühlen als die
uns von den Astronomen bescherte unendliche Leere, ich jedenfalls nehme
mir jetzt Meißel und Hammer und schlage ein Loch ins Dach, einen
Schornstein in die Erhabenheit, durch den ich den Rauch meiner von der
Welt vernebelten Seele ins Nichts entwirbeln lasse. Und dann suche ich
mir einen wackeren Mann, der mir alles an die Decke malt, was mir
den Himmel auf Erden bedeutet — eine Nymphe, eine Bockwurst mit
Salat, einen Grand mit Vieren, eine frische Weiße mit Schuß und die
weisen Sprüche unserer Altvorderen, die einen auch dann noch tröstend
vom Plafond ansehen werden, wenn ein Kinnhaken des Schicksals einen
mal bis Neun aufs Parkett gelegt hat.
SCHLOSSBESICHTIGUNG
Von
HELLMUTH KRÜGER
Tch seh mir gerne Schlösser an;
' Wenn man nur durchspaziert,
Dann ist man sicher besser dran,
Als wenn man drin logiert.
In Filzpantoffeln riesengroß
Versteckt man seine Schuh:
Punkt ein Uhr geht die Führung los
Durch Schloß Sophienruh.
Voran der Kastellan mit einem Schlüsselbund,
Die Fremden hintenan mit aufgerissnem Mund.
„In Öl gemalt, mit essigsaurer Miene,
Hängt an der Wand Prinzessin Clementine,
Die ihr Gemahl in dieses Schloß verbannt hat,
Weil er ein Fräulein an der linken Hand hat.
Aus echtem Stuck, mit keusch verhülltem Busen
Steht rechts und links ein ganzes Dutzend Musen.
Der ausgestopfte Mops auf seidnem Kissen
Hat einst Prinz Otto in das Ohr gebissen.
Die Pfeife stammt noch von dem Prinzgemahl...
Das Ganze heißt: der blaue Saal.
486
Westfalen bis zum Böhmerwald.
Auf das Parkett wenigstens legen wir schöne Teppiche, so wir sie
haben. Aber der Plafond starrt uns bleichgesichtig an. Ob unser Genick
zu steif geworden ist, den Eigenhimmel im Eigenheim zu bewundern, oder
ob es überhaupt daran liegt, daß wir über uns nichts mehr fühlen als die
uns von den Astronomen bescherte unendliche Leere, ich jedenfalls nehme
mir jetzt Meißel und Hammer und schlage ein Loch ins Dach, einen
Schornstein in die Erhabenheit, durch den ich den Rauch meiner von der
Welt vernebelten Seele ins Nichts entwirbeln lasse. Und dann suche ich
mir einen wackeren Mann, der mir alles an die Decke malt, was mir
den Himmel auf Erden bedeutet — eine Nymphe, eine Bockwurst mit
Salat, einen Grand mit Vieren, eine frische Weiße mit Schuß und die
weisen Sprüche unserer Altvorderen, die einen auch dann noch tröstend
vom Plafond ansehen werden, wenn ein Kinnhaken des Schicksals einen
mal bis Neun aufs Parkett gelegt hat.
SCHLOSSBESICHTIGUNG
Von
HELLMUTH KRÜGER
Tch seh mir gerne Schlösser an;
' Wenn man nur durchspaziert,
Dann ist man sicher besser dran,
Als wenn man drin logiert.
In Filzpantoffeln riesengroß
Versteckt man seine Schuh:
Punkt ein Uhr geht die Führung los
Durch Schloß Sophienruh.
Voran der Kastellan mit einem Schlüsselbund,
Die Fremden hintenan mit aufgerissnem Mund.
„In Öl gemalt, mit essigsaurer Miene,
Hängt an der Wand Prinzessin Clementine,
Die ihr Gemahl in dieses Schloß verbannt hat,
Weil er ein Fräulein an der linken Hand hat.
Aus echtem Stuck, mit keusch verhülltem Busen
Steht rechts und links ein ganzes Dutzend Musen.
Der ausgestopfte Mops auf seidnem Kissen
Hat einst Prinz Otto in das Ohr gebissen.
Die Pfeife stammt noch von dem Prinzgemahl...
Das Ganze heißt: der blaue Saal.
486