Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 16.1936

DOI issue:
Heft 2
DOI article:
Laserre, Jean: Amerikanischer Liebesbriefsteller
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0142

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext

Flottenbesuch in Neusand

A. Wiener

AMERIKANISCHER LIEBESBRIEFSTELLER
Von
JEAN LASSERRE
L s gibt eine ganze Gefühlsstrategie, die in Amerika nicht in Frage kommt.
JZum Beispiel, was Rendezvous betrifft. Es hat keinerlei Sinn, zu spät zu
kommen, um zu sehen, ob die Dame auf einen gewartet hat, und danach ihre
Gefühle abzuschätzen. Die amerikanischen Frauen sind sehr pünktlich. Drei Uhr
ist drei Uhr und nicht eine halbe Stunde später. Wenn eine Frau Sie warten läßt,
dann ist sie ungezogen. Ihre einzige Entschuldigung wäre der Friseur. Immerhin
ein Zeichen von großer Kopflosigkeit, denn an dem Tag, an dem man sich ein
Rendezvous gibt, läßt man sich nicht dauerwellen.
Beim Telephon ist möglichste Kürze geboten.
„Guten Tag. Wie geht's? ... Wollen wir uns heute sehen? Ja... Schön . ..
Nicht?... Tut mir schrecklich leid. Auf Wiedersehen, mein Schatz!"
Dafür können Sie zu jeder Tagest und Nachtstunde telephonieren. Fünf Uhr
früh ist besser als neun Uhr, denn ein Anruf in den Morgenstunden macht sich
nicht gut: um diese Zeit schläft man, oder man arbeitet. Aber in der Nacht, wann
immer. Nur kurz, vor allem kurz ...
Selbstverständlich schickt man Blumen. Sehr schöne Blumen. In New York keine
Rosen: nur Orchideen. Rosen sind zu gewöhnlich, außer sie wurden im Frigidaire

98
 
Annotationen