Galerie Flechtheim [Contr.]: Der Querschnitt (16.1936)

eine stille Schar, Zeugen der freien menschlichen Geste gegenüber einer so leichten
wandelbaren Welt. Man kann nicht sagen, daß eine Anlehnung an klassische
Werke bestünde, und doch ist die geistige Sphäre klassischer Vorbilder deutlich
zu spüren. Der ruhige seelische Ausdruck dieser Köpfe und Skulpturen ist von
innen heraus durch Erkenntnis und Liebe verklärt. Die Zeichnungen von Hilde
Plate sind in Auffassung und Technik echte Bildhauerzeichnungen; die Porträte
köpfe mit Feingefühl ausgeführt und lebendig im Ausdruck.
Bei den stehenden und hockenden Figuren und Halbfiguren fällt immer wieder
die sichere Beherrschung der künstlerischen Gesetze auf. Stark ist der Sinn für
die Harmonie der Bewegung bei allen Figuren — es ist sicher kein Zufall, daß
Hilde Plate eine so gute Eiskunstläuferin ist. Das selbsterlebte Körpergefühl spricht
hier — wie überhaupt bei dem bildhauerischen Schaffen der meisten Frauen —
aus den Werken. Unverkennbar hat Hilde Plate ihren eigenen Stil gefunden.
Tina Wobbe

LIEBESPFEILE
Von
MARTIN KESSEL
I.
Es gibt so viele Mädchen, die so keck sind,
als kitzle sie ein kindliches Vermögen.
Sie wissen, scheint es, allerlei Verliebtes.
So Mädchen, die so keck sind, ja die gibt es.
II.
Fräulein Lu, Fräulein Lu,
was uns beide trennt,
der Kuß, wer hält ihn für wahr?
Ein Sternschnupp ist er,
am Firmament
eine aufgeblitzte Gefahr.
III.
Mit den Maschinen, seht, da beginnt es,
herüber hinüber die Welt umspinnt es,
So auch die Mädchen:
herüber hinüber spinnen die Fädchen.
Aber o Wunder! o glücklich gesinntes!
Zwischen dem wüsten, dem Weltgetriebe
flattert das Spiel noch, seht, da beginnt es,
und noch die Liebe.

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