Hilde Plate — eine junge Bildhauerin
Wie kommt ein junges Mädchen dazu, Bildhauerin zu werden? Schon Kinder
sieht man aus Plastilin mitunter erstaunlich geschickt allerlei Figürliches formen
und glaubt an ein großes Talent. Aber schnell ist diese kleine Kunst des Modellier
rens wieder vergessen und verlernt. Es muß schon eine ernste, überdurchschnittf
liehe Begabung vorliegen, wenn ein junges Mädchen den Bildhauerberuf erwählt.
Die Verdienstmöglichkeiten sind nicht groß und überdies schwierig. Gewiß
können, da der Staat nun wieder mehr als in vergangenen Jahrzehnten zum
Auftraggeber wird, auch den Bildhauern neue, größere Aufgaben gestellt werden:
Kirchen, Gemeinschaftsräume, Sportplätze, Hallen sollen mit Bildwerken ge^
schmückt werden, die Olympiade gibt den Auftakt mit einem großen Kunsts
wettbewerb. Aber nur einzelnen, ganz besonders begabten Frauen wird bei diesen
öffentlichen Arbeiten ein Erfolg beschieden sein.
Es gibt nur wenige Künstler, die das Handwerk des Bild^Hauens so ausüben,
wie es dem wirklichen Sinne des Wortes entspräche: Aus einem ungeformten
Block von Stein oder Holz von außen her das Bildwerk herauszuhauen. Das ge>
bräuchlichste Verfahren ist heute vielmehr die umgekehrte Methode, nämlich
das Aufbauen des Werkes von innen her um einen Kern. Mit dieser Art der
Bildformerkunst wurde erst das Besondere der „Plastik," geschaffen. Losgelöst
von jeglicher Architektur werden diese Bildwerke für die Aufstellung im ge>
schlossenen Raume geschaffen. Durch eine solche Wandlung der Bildhauerei
gewissermaßen ins Private ist dieses Feld künstlerischer Betätigung erst richtig
den Frauen erschlossen worden. Die Plastik für den intimeren Raum zu schaffen —
dies wird mehr oder weniger die Aufgabe der „Bildhauerin" sein und bleiben.
Viele werden sich dabei der kunstgewerblichen Seite des Berufes zuwenden, die
natürlich wieder ganz andere Möglichkeiten hat. Jedenfalls ist die Künstlerin in
ihrem Atelier zunächst ihr eigener Auftraggeber, und wenn das Werk fertig ist,
dann ist es durchaus nicht einfach, sofort einen Käufer zu finden. Es gibt immer
noch viel mehr Kunstfreunde der Malerei als der Plastik. Kommt noch hinzu,
daß die Bildhauerin mit teurem Material arbeitet: Ton ist zwar billig, aber ein
Guß in Bronze, ein Klotz aus Eschenholz oder die Umarbeitung des Modells in
Stein — dazu gehört zunächst einmal Geld, und wenn man das nicht hat — zu$
mindest ein geduldiger Gießer. Ein starkes männliches Talent besteht solch einen
Kampf ohne weiteres —, eine Frau, der es von Natur aus nicht gegeben ist, die
materiellen Schwierigkeiten des Lebens zu meistern, muß neben der ausgesprochen
bildhauerischen Begabung auch noch über die Kunst verfügen, sich immer wieder
im Leben durchzusetzen und den Humor dabei nicht zu verlieren.
Hilde Plate ist eine von den Bildhauerinnen, die ihre schöne künstlerische
Welt unangefochten in sich trägt und sie durch alle äußeren Schwierigkeiten
sicher geleitet. Es ist kein großes Werk, das uns etwa überraschen oder üben
wältigen könnte, aber es ist dafür eine Atmosphäre von großer künstlerischer
und persönlicher Eigenart, der man sich nicht entziehen kann. Nicht aus hartem
Kampf zwischen der künstlerischen Vision und der Unvollkommenheit des
Materials sind diese kleinen und größeren Gestalten hervorgegangen — sie bilden
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Wie kommt ein junges Mädchen dazu, Bildhauerin zu werden? Schon Kinder
sieht man aus Plastilin mitunter erstaunlich geschickt allerlei Figürliches formen
und glaubt an ein großes Talent. Aber schnell ist diese kleine Kunst des Modellier
rens wieder vergessen und verlernt. Es muß schon eine ernste, überdurchschnittf
liehe Begabung vorliegen, wenn ein junges Mädchen den Bildhauerberuf erwählt.
Die Verdienstmöglichkeiten sind nicht groß und überdies schwierig. Gewiß
können, da der Staat nun wieder mehr als in vergangenen Jahrzehnten zum
Auftraggeber wird, auch den Bildhauern neue, größere Aufgaben gestellt werden:
Kirchen, Gemeinschaftsräume, Sportplätze, Hallen sollen mit Bildwerken ge^
schmückt werden, die Olympiade gibt den Auftakt mit einem großen Kunsts
wettbewerb. Aber nur einzelnen, ganz besonders begabten Frauen wird bei diesen
öffentlichen Arbeiten ein Erfolg beschieden sein.
Es gibt nur wenige Künstler, die das Handwerk des Bild^Hauens so ausüben,
wie es dem wirklichen Sinne des Wortes entspräche: Aus einem ungeformten
Block von Stein oder Holz von außen her das Bildwerk herauszuhauen. Das ge>
bräuchlichste Verfahren ist heute vielmehr die umgekehrte Methode, nämlich
das Aufbauen des Werkes von innen her um einen Kern. Mit dieser Art der
Bildformerkunst wurde erst das Besondere der „Plastik," geschaffen. Losgelöst
von jeglicher Architektur werden diese Bildwerke für die Aufstellung im ge>
schlossenen Raume geschaffen. Durch eine solche Wandlung der Bildhauerei
gewissermaßen ins Private ist dieses Feld künstlerischer Betätigung erst richtig
den Frauen erschlossen worden. Die Plastik für den intimeren Raum zu schaffen —
dies wird mehr oder weniger die Aufgabe der „Bildhauerin" sein und bleiben.
Viele werden sich dabei der kunstgewerblichen Seite des Berufes zuwenden, die
natürlich wieder ganz andere Möglichkeiten hat. Jedenfalls ist die Künstlerin in
ihrem Atelier zunächst ihr eigener Auftraggeber, und wenn das Werk fertig ist,
dann ist es durchaus nicht einfach, sofort einen Käufer zu finden. Es gibt immer
noch viel mehr Kunstfreunde der Malerei als der Plastik. Kommt noch hinzu,
daß die Bildhauerin mit teurem Material arbeitet: Ton ist zwar billig, aber ein
Guß in Bronze, ein Klotz aus Eschenholz oder die Umarbeitung des Modells in
Stein — dazu gehört zunächst einmal Geld, und wenn man das nicht hat — zu$
mindest ein geduldiger Gießer. Ein starkes männliches Talent besteht solch einen
Kampf ohne weiteres —, eine Frau, der es von Natur aus nicht gegeben ist, die
materiellen Schwierigkeiten des Lebens zu meistern, muß neben der ausgesprochen
bildhauerischen Begabung auch noch über die Kunst verfügen, sich immer wieder
im Leben durchzusetzen und den Humor dabei nicht zu verlieren.
Hilde Plate ist eine von den Bildhauerinnen, die ihre schöne künstlerische
Welt unangefochten in sich trägt und sie durch alle äußeren Schwierigkeiten
sicher geleitet. Es ist kein großes Werk, das uns etwa überraschen oder üben
wältigen könnte, aber es ist dafür eine Atmosphäre von großer künstlerischer
und persönlicher Eigenart, der man sich nicht entziehen kann. Nicht aus hartem
Kampf zwischen der künstlerischen Vision und der Unvollkommenheit des
Materials sind diese kleinen und größeren Gestalten hervorgegangen — sie bilden
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