Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0307
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Heft 4
DOI article:Belloc, Hilaire: Die Kunst zu Langweilen
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DIE KUNST ZU LANGWEILEN
Von
HILAIRE BELLOC
Ich muß bedauernd feststellen, daß es auf dem interessanten Gebiet der Langem
weile bis jetzt noch kein hervorragendes Werk über deren aktive Seite gibt:
über die Theorie und Praxis des Langweilens.
Über die passive Seite, über die furchtbaren Schrecken des Gelangweilte
werdens, besitzen wir ja eine Menge wertvollsten Materials: einen Haufen gee
sunder Invektiven gegen den „Langweiler"; ausgezeichnete Beschreibungen seiner
Erscheinung, sowie (was schwerer ist) ein paar vorzügliche Schilderungen seines
Heranschleichens und Auftretens. Aber ich kann mich keines Werkes entsinnen,
welches die Kunst des Langweilens zum Gegenstände hat — welches denen, die
ihre Feinde mit Langerweile überziehen wollen (und ich bin einer von solchen),
eine gute, solide Anleitung bietet. Dieses Buch will geschrieben sein, und ich
möchte darüber ein paar Andeutungen fallen lassen.
Vor allem bitte ich meinen Leser, sich den Gedanken aus dem Kopf zu schlagen,
daß das Langweilen etwa nicht zu erlernen und willkürlich auszuüben sei — weil
nämlich alle Langweiligen, die er kennt, dieses meist unbewußt sind und planlos.
Das ist ein großer Irrtum. Ich gebe zu, daß planlose Leute oft die besten Lang^
weiler sind: jene Menschensorte, die in einer Langweilkonkurrenz die goldensten
Preise erringen könnte. Ich gebe sogar zu, daß ihr König, der „Mister Langeweile",
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