Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0306
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Heft 4
DOI Artikel:Bock, Christian: Der Unfug des Telefonierens
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Wirklicher Größenwahn. Der amerikanische Maler Whistler verblüffte
Zeit seines Lebens durch einen unnachahmlichen Größenwahn. Bekannt ist seine
berühmte Antwort auf die Frage einer Dame, ob Genie vererblich wäre. Er hätte
leider keine Kinder.
Ein andermal speiste er mit einer Dame der hohen englischen Aristokratie,
die ihm von Eduard VII. erzählte und erstaunt war, daß Whistler den König gar
nicht persönlich kannte. Seine Majestät hätte sich doch so anerkennend über
die persönliche Liebenswürdigkeit des Malers geäußert. „Ach, Mylady", meinte
Whistler schließlich lächelnd und überlegen, „glauben Sie mir, er renommiert
nur mit der Bekanntschaft mit mir!"
Wir zahlen. Ein Liebespaar in Paris kam bei Regenwetter auf den nicht
schlechten Gedanken, eine Droschke zu nehmen und dem Kutscher nur an^
zudeuten, nicht zu schnell und gleich wohin zu fahren. Dem Kutscher behagt in
keiner Weise das langsame Fahren, und verärgert reiht er sich schließlich einem
Trauerzug an, der ernst und getragen nach dem Friedhof Pere^Lachaise hinaus^
rollt. Nach einer Stunde langt man draußen an, und siehe, plötzlich ist die Sonne
wieder da. Das Paar ist höchst erfreut, steigt aus und will gerade dem Kutscher
das Fahrgeld entrichten, als unversehens ein Herr mit Zylinder und würdiger
Stimme auf ihn zutritt: „Entschuldigen Sie, mein Herr, das zahlt die Trauen
gesellschaft!" O.B.
IM DICKICHT DER SPRICHWÖRTER
Hunger ist der beste Koch. Viele Köche verderben den Brei.
Morgenstunde hat Gold im Munde. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Der Krug geht so lang zum Brunnen, bis er bricht. Scherben bedeuten Glück.
Frisch gewagt ist halb gewonnen. Wie gewonnen so zerronnen.
Liebe geht durch den Magen. Der Magen ist leichter zu befriedigen als das Auge.
Rede wie dir der Schnabel gewachsen ist. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Der Bauer, der sich nicht bückt, ackert schlecht. Die dümmsten Bauern haben
die größten Kartoffeln.
Müßiggang ist aller Laster Anfang. Aller Anfang ist schwer.
Wem nicht zu raten ist, ist auch nicht zu helfen. Guter Rat ist teuer.
Wer rasch gibt, gibt doppelt. Eile mit Weile.
Die Sonne bringt es an den Tag. Es ist nicht aller Tage Abend.
Man muß sich nach der Decke strecken. Was ein Häkchen werden will, das
krümmt sich beizeiten.
Zur Reue ist es nie zu spät. Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
Jeder ist seines Glückes Schmied. Glück und Glas, wie leicht bricht das.
Gut Ding braucht Weile. Ehrlich währt am längsten.
Hunde, die bellen, beißen nicht. Trau, schau, wem.
(Theodor Brun)
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Zeit seines Lebens durch einen unnachahmlichen Größenwahn. Bekannt ist seine
berühmte Antwort auf die Frage einer Dame, ob Genie vererblich wäre. Er hätte
leider keine Kinder.
Ein andermal speiste er mit einer Dame der hohen englischen Aristokratie,
die ihm von Eduard VII. erzählte und erstaunt war, daß Whistler den König gar
nicht persönlich kannte. Seine Majestät hätte sich doch so anerkennend über
die persönliche Liebenswürdigkeit des Malers geäußert. „Ach, Mylady", meinte
Whistler schließlich lächelnd und überlegen, „glauben Sie mir, er renommiert
nur mit der Bekanntschaft mit mir!"
Wir zahlen. Ein Liebespaar in Paris kam bei Regenwetter auf den nicht
schlechten Gedanken, eine Droschke zu nehmen und dem Kutscher nur an^
zudeuten, nicht zu schnell und gleich wohin zu fahren. Dem Kutscher behagt in
keiner Weise das langsame Fahren, und verärgert reiht er sich schließlich einem
Trauerzug an, der ernst und getragen nach dem Friedhof Pere^Lachaise hinaus^
rollt. Nach einer Stunde langt man draußen an, und siehe, plötzlich ist die Sonne
wieder da. Das Paar ist höchst erfreut, steigt aus und will gerade dem Kutscher
das Fahrgeld entrichten, als unversehens ein Herr mit Zylinder und würdiger
Stimme auf ihn zutritt: „Entschuldigen Sie, mein Herr, das zahlt die Trauen
gesellschaft!" O.B.
IM DICKICHT DER SPRICHWÖRTER
Hunger ist der beste Koch. Viele Köche verderben den Brei.
Morgenstunde hat Gold im Munde. Es ist nicht alles Gold, was glänzt.
Der Krug geht so lang zum Brunnen, bis er bricht. Scherben bedeuten Glück.
Frisch gewagt ist halb gewonnen. Wie gewonnen so zerronnen.
Liebe geht durch den Magen. Der Magen ist leichter zu befriedigen als das Auge.
Rede wie dir der Schnabel gewachsen ist. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Der Bauer, der sich nicht bückt, ackert schlecht. Die dümmsten Bauern haben
die größten Kartoffeln.
Müßiggang ist aller Laster Anfang. Aller Anfang ist schwer.
Wem nicht zu raten ist, ist auch nicht zu helfen. Guter Rat ist teuer.
Wer rasch gibt, gibt doppelt. Eile mit Weile.
Die Sonne bringt es an den Tag. Es ist nicht aller Tage Abend.
Man muß sich nach der Decke strecken. Was ein Häkchen werden will, das
krümmt sich beizeiten.
Zur Reue ist es nie zu spät. Der Weg zur Hölle ist mit guten Vorsätzen gepflastert.
Jeder ist seines Glückes Schmied. Glück und Glas, wie leicht bricht das.
Gut Ding braucht Weile. Ehrlich währt am längsten.
Hunde, die bellen, beißen nicht. Trau, schau, wem.
(Theodor Brun)
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