Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0551
DOI Heft:
Heft 7
DOI Artikel:Seligo, Irene: Des Londoners Sonnabendruhe
DOI Artikel:Feierabend auf dem Lande
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einmal wieder kopfschüttelnd feststellt, wie befriedigt die Leute von ihren länd|
liehen Rummelplätzen zurückkehren. So eine ,,Hiker"^Gruppe ist nun zersaust
und staubig, ameisen^ und mückenzerbissen, wahrscheinlich ein paarmal durchs
geregnet und wieder getrocknet — aber es ist offenbar, daß sie genau die Art
Sonntag gehabt haben, die sie sich wünschten. Dasselbe gilt für die Radfahrer —
sie haben jetzt Sonnenbrand und bringen auf den Gepäckträgern Sträuße müder
Wiesenblumen mit —, für die Ausflugsgesellschaften in den Privatautobussen,
radaulustige, bierselige Eastender, oder für die Fahrer jener hochbeladenen
Familienautos, die voller schlafender Frauen und Kinder sind. Und da sie alle
zufrieden und in Sonntagsstimmung wiederkommen, gehört der einhellige Rück|
zug in die Stadt noch durchaus zu den Vergnügungen dieser zugleich weisen
und verrückten nationalen Institution der Engländer, des Wochenendes.
Die Einrichtung ist übrigens noch nicht nachgeahmt, indem man statt Sonn^
tags früh schon Sonnabend nachmittag ins Grüne fährt. Es gehört doch wohl
die besondere englische Einstellung dazu, die Freizeit und Spiel genau so wichtig
nimmt, wie Alltag und Beruf (wenn nicht wichtiger!), die nicht nur „hart
arbeiten", sondern auch „hard playing" kennt; schließlich gehört dazu auch
jene höfliche, geduldige, hilfsbereite Haltung der Menschen zueinander, wie sie
den Engländern aller Klassen natürlich ist. Mögen uns schon viele der Formen
und Folgen des orthodoxen englischen Weekends alles andere als nachahmungs^
wert erscheinen; sein freundlicher Geist, der zur Heilung stadtkranker Gemüter
so wirksam ist, lebt auch in ihnen noch als wohltuender Beweis für den Erfolg,
den Menschen erzielen können, wenn sie sich zusammentun, um ihr Leben
erträglicher zu machen.
FEIERABEND AUF DEM LANDE
Es streicht nach Sonnenuntergang
Ein frischer Wind am Himmel lang
Und treibt vergnügt und munter,
Die letzten Wolken runter.
Dort aber, wo das Firmament,
Als solches, sich vom Erdball trennt,
Zieht pflichtgemäß im Osten
Der dicke Mond auf Posten.
Mit seinem antiquierten Schein
Hüllt er die Landschaft magisch ein.
Nur er allein — erst später
Erstrahlt der ganze Äther.
Im Dorfe singen sie das Lied
Vom Hauptmann, der ins Treffen zieht:
Und sieh: so ganz im Dunkeln,
Beginnt der Mars zu funkeln! Werner Finck
399
liehen Rummelplätzen zurückkehren. So eine ,,Hiker"^Gruppe ist nun zersaust
und staubig, ameisen^ und mückenzerbissen, wahrscheinlich ein paarmal durchs
geregnet und wieder getrocknet — aber es ist offenbar, daß sie genau die Art
Sonntag gehabt haben, die sie sich wünschten. Dasselbe gilt für die Radfahrer —
sie haben jetzt Sonnenbrand und bringen auf den Gepäckträgern Sträuße müder
Wiesenblumen mit —, für die Ausflugsgesellschaften in den Privatautobussen,
radaulustige, bierselige Eastender, oder für die Fahrer jener hochbeladenen
Familienautos, die voller schlafender Frauen und Kinder sind. Und da sie alle
zufrieden und in Sonntagsstimmung wiederkommen, gehört der einhellige Rück|
zug in die Stadt noch durchaus zu den Vergnügungen dieser zugleich weisen
und verrückten nationalen Institution der Engländer, des Wochenendes.
Die Einrichtung ist übrigens noch nicht nachgeahmt, indem man statt Sonn^
tags früh schon Sonnabend nachmittag ins Grüne fährt. Es gehört doch wohl
die besondere englische Einstellung dazu, die Freizeit und Spiel genau so wichtig
nimmt, wie Alltag und Beruf (wenn nicht wichtiger!), die nicht nur „hart
arbeiten", sondern auch „hard playing" kennt; schließlich gehört dazu auch
jene höfliche, geduldige, hilfsbereite Haltung der Menschen zueinander, wie sie
den Engländern aller Klassen natürlich ist. Mögen uns schon viele der Formen
und Folgen des orthodoxen englischen Weekends alles andere als nachahmungs^
wert erscheinen; sein freundlicher Geist, der zur Heilung stadtkranker Gemüter
so wirksam ist, lebt auch in ihnen noch als wohltuender Beweis für den Erfolg,
den Menschen erzielen können, wenn sie sich zusammentun, um ihr Leben
erträglicher zu machen.
FEIERABEND AUF DEM LANDE
Es streicht nach Sonnenuntergang
Ein frischer Wind am Himmel lang
Und treibt vergnügt und munter,
Die letzten Wolken runter.
Dort aber, wo das Firmament,
Als solches, sich vom Erdball trennt,
Zieht pflichtgemäß im Osten
Der dicke Mond auf Posten.
Mit seinem antiquierten Schein
Hüllt er die Landschaft magisch ein.
Nur er allein — erst später
Erstrahlt der ganze Äther.
Im Dorfe singen sie das Lied
Vom Hauptmann, der ins Treffen zieht:
Und sieh: so ganz im Dunkeln,
Beginnt der Mars zu funkeln! Werner Finck
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