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Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt — 16.1936

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Heft 10
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Marginalien
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0862

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kann es sonst passieren, daß sich
das ganze Kino nach dir umsieht.
Man wird dich nicht einmal vor-
wurfsvoll ansehen, eher traurig und
ein bißchen verständnislos. Man
weiß nämlich nicht, was du damit
meinst. Andere Kinos, andere Sit-
ten! Man drückt seine Mißbilligung
oder Geringschätzung damit aus,
daß man möglichst herzlich und laut
lacht (roaring laughter) und über-
legen den Kopf schüttelt. Das genügt.
Zu Filmpremieren brauchst du we-
der den Frack noch den Smoking an-
zulegen, auch eine Kombination bei-
der Immobilien ist nicht notwendig.
Den Hut kannst du abtun, ohne
daß sich Widerspruch erheben wird.
Vom Mantel befreit man sich am
besten an den dramatischsten Stel-
len, um erstaunt festzustellen, daß
die Geduld des Teiles von Greater
Britain, der in der „Kiellinie" sitzt,
doch Grenzen hat.
Wenn bei Pressevorstellungen
freundlicherweise Bestechungsgelder
für gute Kritiken in Form von
guten Alkoholen und Sandwiches
herumgereicht werden, so veranstal-
test du am besten am Büfett ein
privates Gelage. Du kannst das
uniformierte Serviermädchen dabei
schnell in ein Gespräch über den
neuesten Huxley verwickeln, wenn
du streng englisch - literarisch be-
ginnst mit scherzendem Unterton:
„Nice day today." Wundere dich
nicht weiter über die splendid iso-
lation, die um dich entsteht.
Wundere dich überhaupt nicht,
lagere dich auf deinem Platz so be-
quem wie möglich, mach ein high-
brow Gesicht, das gilt für „smart"
und erregt in manchen Fällen sogar
die Aufmerksamkeit des schöneren
Teiles der zahllosen Liebespaare,

die das Kino für den Raum, der in
der kleinsten Hütte ist, halten.
Wilmont Haacke
Frage- und Antwortspiel. In
einer Gesellschaft wurde Bernard Shaw
von einem spottsüchtigen jungen Lord
darauf angegangen, ob sein Vater wirk-
lich nur ein einfacher Schneider ge-
wesen wäre. „Ja, das stimmt", er-
widerte Shaw. Hochmütig darauf der
junge Mann: „So, so. Und warum sind
Sie keiner geworden?" Shaw schwieg.
Nach einer Weile antwortete er mit
einer Gegenfrage: „War Ihr Vater ein
Gentleman?" „O ja", meinte der junge
Lord. „So? Und warum sind Sie nicht
auch einer geworden?" war Shaws ab-
schließende Bemerkung.
Liebesbriefe. In der Gesellschaft
Shaws kam man auf Briefe zu sprechen.
Eine blühende Nichte wandte sich an
den bejahrten Dichter und fragte:
„Onkel, wie schreibt man einen guten
Liebesbrief?"
„Nun", sagte Shaw, „du mußt be-
ginnen, ohne zu wissen, was du schreibst,
und enden, ohne zu wissen, was du ge-
schrieben hast."
Erst fragen. Ein junges Mädchen
schrieb an Shaw und fragte an, ob sie
ihr neues Schwein „Bernard Shaw"
taufen darf. Shaw erwiderte, er hätte
nichts dagegen einzuwenden, jedoch, er
würde vorschlagen, erst das Schwein
zu fragen.
Zu diesem Heft. Das Gedicht
„Black Susi" auf Seite 604 entstammt dem
Buch „Alte Seemannslieder und Shanties"
(Verlag Dr. Ernst Hauswedell & Co.,
Hamburg).
Das Foto „Firth of Forth" zwischen
Seite 600 und 601 wurde der Zeitschrift
„Atlantis" (Heft 5I1936), Verlag Biblio-
graphisches Institut A. G. Leipzig, ent-
nommen.
Berichtigung. Das zwischen Seite4s6
und 457 im Augustheft veröffentlichte Foto
stellt nicht Reichenbach im Vogtland, son-
dern Ulm an der Donau dar.

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