Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0145
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Heft 2
DOI article:Bernard, Tristan: Ein neues Restaurant
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„Sie bekommen das kleine Extrazimmer . .. Für vier Personen ist das behage
lieber."
Und als ich Anstalten machte, die Restauranttür zu öffnen, um mir die Leute
ein wenig anzusehen, fiel sie mir in den Arm:
„Nein, nein, diese Tür muß geschlossen bleiben, es zieht so sehr ... Der
Eingang ist auf der anderen Seite . .. vom Hof aus ..
Ich war ein wenig überrascht, aber es war schließlich ganz glaubhaft, und ich
fügte mich ... Außerdem waren wir hungrig. Appetitlich aussehende Hors
d'oeuvres standen bereits auf dem Tisch. Ihnen folgte eine erstklassige Specke
omelette und einwandfrei gute, getrüffelte Hühner. Was den Wein betraf, wurde
ein gastronomischer Nörgler, der mit von der Partie war und verschiedenes aus^
zusetzen hatte, drei zu eins niedergestimmt. Das Obst war beinahe so gut wie in
Paris. Und last not least der Kaffee verdiente jegliches Lob, und bekanntlich ist
der Kaffee einer der wichtigsten Prüfsteine eines Restaurants.
Nachdem ich den Kaffee gekostet hatte, stand ich auf, um mir aus meiner
Manteltasche Zigarren zu holen. Im Vorraum aber stieß ich mit dem Wirt höchste
selbst zusammen, der gerade im Begriffe war, seine Gäste zu begrüßen und das
wohlverdiente Lob einzuheimsen.
Aber! ... Diesen Durand kannte ich ja! Er war einer der sieben bis acht
Durands aus meinem engsten Freundeskreis. Mit diesem hier war ich sogar per du.
Er gehörte zu meinen einstigen Interpreten und hatte von zwei, drei Bühnen Worte
verkündet, die ich geschrieben hatte. Nicht ganz wortgetreu allerdings, nur
insoweit, als seine Phantasie und sein Gedächtnis es zuließen.
„Dieses Haus gehört dir?"
„Ja ... ich habe es vor etwa vierzehn Tagen entdeckt."
„Und machst schon so blendende Geschäfte ?" sagte ich mit einem bewunderns
den Blick auf die mit Reisemänteln, Hüten und Scarfs vollgehängten Kleidern
Ständer.
, Ja, ja", nickte er ziemlich gelassen ... „Willst du einen Blick in den Speisesaal
werfen?"
„Ich dachte, die Tür ist versperrt ..."
„Bei dir mache ich eine Ausnahme . .. aber nur bei dir ..."
Er öffnete die Tür. Ich sah einen reichlich großen Raum mit vielen Tischen,
aber ohne einen einzigen Gast.
„Die Leute sind schon weg?"
„Sie waren gar nicht da."
„Aber ... die vielen Mäntel ...?"
„Das sind die Mäntel meiner ganzen Familie ..."
„Und die Wagen vor der Türe?"
„Wir haben in der Stadt eine Garage, wo immer ein paar unbeschäftigte Autos
herumstehen. Ich habe mit dem Manne ein Abkommen getroffen. Er schickt mir
jeden Tag um io Uhr sechs Wagen, selbstverständlich alle ungeputzt. Das sind
Lockvögel, so ähnlich wie bei der Entenjagd. Du siehst, wie gut sie ihren Zweck
erfüllen, denn ihnen verdanke ich deinen Besuch. Übrigens habe ich einen guten
Küchenchef und sorge dafür, daß sich die Angelockten bei mir wohlfühlen, dann
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lieber."
Und als ich Anstalten machte, die Restauranttür zu öffnen, um mir die Leute
ein wenig anzusehen, fiel sie mir in den Arm:
„Nein, nein, diese Tür muß geschlossen bleiben, es zieht so sehr ... Der
Eingang ist auf der anderen Seite . .. vom Hof aus ..
Ich war ein wenig überrascht, aber es war schließlich ganz glaubhaft, und ich
fügte mich ... Außerdem waren wir hungrig. Appetitlich aussehende Hors
d'oeuvres standen bereits auf dem Tisch. Ihnen folgte eine erstklassige Specke
omelette und einwandfrei gute, getrüffelte Hühner. Was den Wein betraf, wurde
ein gastronomischer Nörgler, der mit von der Partie war und verschiedenes aus^
zusetzen hatte, drei zu eins niedergestimmt. Das Obst war beinahe so gut wie in
Paris. Und last not least der Kaffee verdiente jegliches Lob, und bekanntlich ist
der Kaffee einer der wichtigsten Prüfsteine eines Restaurants.
Nachdem ich den Kaffee gekostet hatte, stand ich auf, um mir aus meiner
Manteltasche Zigarren zu holen. Im Vorraum aber stieß ich mit dem Wirt höchste
selbst zusammen, der gerade im Begriffe war, seine Gäste zu begrüßen und das
wohlverdiente Lob einzuheimsen.
Aber! ... Diesen Durand kannte ich ja! Er war einer der sieben bis acht
Durands aus meinem engsten Freundeskreis. Mit diesem hier war ich sogar per du.
Er gehörte zu meinen einstigen Interpreten und hatte von zwei, drei Bühnen Worte
verkündet, die ich geschrieben hatte. Nicht ganz wortgetreu allerdings, nur
insoweit, als seine Phantasie und sein Gedächtnis es zuließen.
„Dieses Haus gehört dir?"
„Ja ... ich habe es vor etwa vierzehn Tagen entdeckt."
„Und machst schon so blendende Geschäfte ?" sagte ich mit einem bewunderns
den Blick auf die mit Reisemänteln, Hüten und Scarfs vollgehängten Kleidern
Ständer.
, Ja, ja", nickte er ziemlich gelassen ... „Willst du einen Blick in den Speisesaal
werfen?"
„Ich dachte, die Tür ist versperrt ..."
„Bei dir mache ich eine Ausnahme . .. aber nur bei dir ..."
Er öffnete die Tür. Ich sah einen reichlich großen Raum mit vielen Tischen,
aber ohne einen einzigen Gast.
„Die Leute sind schon weg?"
„Sie waren gar nicht da."
„Aber ... die vielen Mäntel ...?"
„Das sind die Mäntel meiner ganzen Familie ..."
„Und die Wagen vor der Türe?"
„Wir haben in der Stadt eine Garage, wo immer ein paar unbeschäftigte Autos
herumstehen. Ich habe mit dem Manne ein Abkommen getroffen. Er schickt mir
jeden Tag um io Uhr sechs Wagen, selbstverständlich alle ungeputzt. Das sind
Lockvögel, so ähnlich wie bei der Entenjagd. Du siehst, wie gut sie ihren Zweck
erfüllen, denn ihnen verdanke ich deinen Besuch. Übrigens habe ich einen guten
Küchenchef und sorge dafür, daß sich die Angelockten bei mir wohlfühlen, dann
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