Galerie Flechtheim [Contr.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0558
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Heft 7
DOI article:Beer, Otto F.: Der Unfug der Erfindungen
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Aktionär er war und die bloß den Zweck verfolgte, sie billig zu übernehmen
und kurz nachher dem Staat teuer zurückzuverkaufen.
Als Segen für die Menschheit gedacht, wurde so Hepburnes Erfindung immer
mehr zur Plage. Im Fernen Osten drohte ein Krieg, seit sich China geweigert hatte,
die Produkte der japanischen Wetterindustrie aufzunehmen. Aber Japan war
klüger: es traf an den Grenzen Mandschukuos gewaltige Vorbereitungen und
plötzlich stürzten über die chinesischen Grenzgebiete endlose Regenmassen
herein. Wochenlang folgten schwerste Wolkenbrüche, die das Land in einen
Sumpf verwandelten. Und gerade als der Völkerbund beschlossen hatte, die En
nennung einer Studienkommission in Erwägung zu ziehen, setzte der Regen aus.
Aber nun brannte heiße Sonne auf das versumpfte Land nieder. Hunger und
Malaria rafften Hunderttausende dahin. Es war schlimmer als der Krieg, den man
vermieden hatte.
In jenen Tagen aber faßte das Nobelpreiskomitee einstimmig den Beschluß,
Mister Hepburne für seine wunderbare Erfindung den Friedenspreis zu verleihen.
¥
Höflichkeit. Der schwedische Marschall Hamilton war durch seine Offen#
heit bekannt. Eines Tages reichte man bei einem Gastmahl am Hofe Gustav III.
grüne Schoten. Aber nur für das königliche Paar. Die Königin fragte Hamilton,
ob man in seiner Heimat auch zu dieser Jahreszeit grüne Schoten serviere.
„Jawohl", entgegnete Hamilton, „aber nur, wenn so viel vorhanden ist, daß
es für alle Anwesenden reicht."
¥
Hohe Rechnung. Der Sohn des letzten französischen Königs Ludwig Phi#
lipp reiste eines Tages durch Frankreich und kam um die Mittagszeit in ein
kleines Städtchen. Er hielt bei dem ersten besten Gasthof an und ließ sich ein
Täßchen Fleischbrühe geben. Der Wirt dachte:
„Das erste# und sicherlich auch das letztemal empfange ich einen wirklichen
Fürsten. Er soll es mir auch fürstlich bezahlen."
Als der Adjutant um die Rechnung bat, forderte der Wirt yoo Franken.
„Das ist schamloser Wucher", entgegnete der Adjutant und teilte es dem
Fürsten mit. Der Fürst lächelte und befahl, den Bürgermeister zu bringen.
„Ich will für die Armen dieser Stadt 1000 Franken opfern ', sagte er zu diesem,
„aber unter der Bedingung, daß man davon dem Wirt für ein Täßchen Fleisch#
brühe bezahlt, das ich hier getrunken habe." Der Bürgermeister dankte und der
Fürst fuhr ab.
Dem Bürgermeister erschien die Bedingung des Fürsten anfangs seltsam;
als er aber ihre Voraussetzungen ausgekundschaftet hatte und das lange Gesicht
des Wirtes erblickte, lächelte er herzlich und bezahlte hochherzig einen
Franken für die Fleischbrühe und verwandte die übriggebliebenen 999 Franken
für die Armen.
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und kurz nachher dem Staat teuer zurückzuverkaufen.
Als Segen für die Menschheit gedacht, wurde so Hepburnes Erfindung immer
mehr zur Plage. Im Fernen Osten drohte ein Krieg, seit sich China geweigert hatte,
die Produkte der japanischen Wetterindustrie aufzunehmen. Aber Japan war
klüger: es traf an den Grenzen Mandschukuos gewaltige Vorbereitungen und
plötzlich stürzten über die chinesischen Grenzgebiete endlose Regenmassen
herein. Wochenlang folgten schwerste Wolkenbrüche, die das Land in einen
Sumpf verwandelten. Und gerade als der Völkerbund beschlossen hatte, die En
nennung einer Studienkommission in Erwägung zu ziehen, setzte der Regen aus.
Aber nun brannte heiße Sonne auf das versumpfte Land nieder. Hunger und
Malaria rafften Hunderttausende dahin. Es war schlimmer als der Krieg, den man
vermieden hatte.
In jenen Tagen aber faßte das Nobelpreiskomitee einstimmig den Beschluß,
Mister Hepburne für seine wunderbare Erfindung den Friedenspreis zu verleihen.
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Höflichkeit. Der schwedische Marschall Hamilton war durch seine Offen#
heit bekannt. Eines Tages reichte man bei einem Gastmahl am Hofe Gustav III.
grüne Schoten. Aber nur für das königliche Paar. Die Königin fragte Hamilton,
ob man in seiner Heimat auch zu dieser Jahreszeit grüne Schoten serviere.
„Jawohl", entgegnete Hamilton, „aber nur, wenn so viel vorhanden ist, daß
es für alle Anwesenden reicht."
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Hohe Rechnung. Der Sohn des letzten französischen Königs Ludwig Phi#
lipp reiste eines Tages durch Frankreich und kam um die Mittagszeit in ein
kleines Städtchen. Er hielt bei dem ersten besten Gasthof an und ließ sich ein
Täßchen Fleischbrühe geben. Der Wirt dachte:
„Das erste# und sicherlich auch das letztemal empfange ich einen wirklichen
Fürsten. Er soll es mir auch fürstlich bezahlen."
Als der Adjutant um die Rechnung bat, forderte der Wirt yoo Franken.
„Das ist schamloser Wucher", entgegnete der Adjutant und teilte es dem
Fürsten mit. Der Fürst lächelte und befahl, den Bürgermeister zu bringen.
„Ich will für die Armen dieser Stadt 1000 Franken opfern ', sagte er zu diesem,
„aber unter der Bedingung, daß man davon dem Wirt für ein Täßchen Fleisch#
brühe bezahlt, das ich hier getrunken habe." Der Bürgermeister dankte und der
Fürst fuhr ab.
Dem Bürgermeister erschien die Bedingung des Fürsten anfangs seltsam;
als er aber ihre Voraussetzungen ausgekundschaftet hatte und das lange Gesicht
des Wirtes erblickte, lächelte er herzlich und bezahlte hochherzig einen
Franken für die Fleischbrühe und verwandte die übriggebliebenen 999 Franken
für die Armen.
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