Galerie Flechtheim [Mitarb.]
Der Querschnitt
— 16.1936
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https://doi.org/10.11588/diglit.74679#0852
DOI Heft:
Heft 10
DOI Artikel:Taylor, Matt: "Achtung, Aufnahme..."
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Blicken ihren langen Weg zu den Wellen des Flusses. Dann lachte er kurz
auf und wandte sich zu Wilkes.
„Komisch, was? Da hinunterzufallen!"
Wilkes verzog keine Miene.
„Ich habe Sie ersucht", sagte er, „meinen Weg nicht mehr zu kreuzen.
Wenn Sie glauben, daß Sie wieder tausend Dollar von mir erpressen
können, sind Sie im Irrtum..."
Der Mann lachte abermals.
„Sie haben mich mißverstanden, Mr. Wilkes", antwortete er.
„Weshalb verfolgen Sie mich dann?"
„Darf ich nicht einmal auf ehrliche Weise ein paar Dollar verdienen? Man
muß doch leben. Ich habe zwar nicht mehr für ein Weib zu sorgen, aber . .."
„Gut haben Sie für Mary gesorgt!"
„Sie sorgen jedenfalls besser für Mary. Sie ist recht anspruchsvoll."
„Sie war jedenfalls längst entschlossen, Sie zu verlassen, lange bevor
sie mich kennen lernte. Das wissen Sie sehr gut. Sie hatte Ihr Zigeuner-
leben, Ihr ewiges Kartenspiel und Ihre Betrügereien satt." Er starrte Ryder
an und seine Stimme klang rauh. „Und was haben Sie jetzt für Absichten,
Ryder?" fragte er.
Der Artist zuckte die Achseln und blickte abermals über das Geländer.
„Sein Geschäft muß man verstehen", sagte er. „Ich werde da ganz famos
hinunterspringen. Wenn aber ein Laie — wie Sie zum Beispiel — da
hinunterfällt..."
„Also so meinen Sie das? Ich denke nicht im Traume daran, da hin-
unterzufallen, Ryder."
„Wirklich nicht?" Er blickte zu der Stelle, wo die Aufnahmegeräte
standen. „Das Signal!" rief er und sprang zurück.
Ryder dachte sich die Sache ganz einfach. Er mußte sich gar nicht be-
sonders wehren. Es genügte, wenn er im Augenblicke des Sturzes Wilkes
Ärmel packen konnte. Ihm konnte gar nichts geschehen — höchstens, daß
er für die nächste Aufnahme nicht wieder engagiert würde. Die Kameras
waren viel zu entfernt postiert. Die konnten eine arglistige Absicht gar
nicht festhalten. Und in den Morgenblättern stünde: Filmschauspieler bei
gefährlicher Aufnahme verunglückt — getötet. Niemand konnte ihm
etwas beweisen. Niemand.
Ryder war flink und zäh. Er begann unvermittelt sein Spiel und Wilkes
hatte keinen Augenblick Zeit zur Überlegung. Mit gesenktem Kopfe ging
er Ryder an. Seine Arme schwangen hin und her wie Brunnenschwengel.
Er versuchte, Ryder in den Bauch zu boxen. Aber es gelang ihm nicht.
Ryder wich geschickt aus — bis zu dem Augenblicke, in dem sie an die
Stelle des Geländers kamen, die bestimmt war, beim leisesten Druck zu-
sammenzubrechen.
Da packte Wilkes plötzlich seinen Gegner — wohl war er kleiner und
schwächer als dieser — aber das Unheil war nur mehr zwei Schritte weit
entfernt. —
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auf und wandte sich zu Wilkes.
„Komisch, was? Da hinunterzufallen!"
Wilkes verzog keine Miene.
„Ich habe Sie ersucht", sagte er, „meinen Weg nicht mehr zu kreuzen.
Wenn Sie glauben, daß Sie wieder tausend Dollar von mir erpressen
können, sind Sie im Irrtum..."
Der Mann lachte abermals.
„Sie haben mich mißverstanden, Mr. Wilkes", antwortete er.
„Weshalb verfolgen Sie mich dann?"
„Darf ich nicht einmal auf ehrliche Weise ein paar Dollar verdienen? Man
muß doch leben. Ich habe zwar nicht mehr für ein Weib zu sorgen, aber . .."
„Gut haben Sie für Mary gesorgt!"
„Sie sorgen jedenfalls besser für Mary. Sie ist recht anspruchsvoll."
„Sie war jedenfalls längst entschlossen, Sie zu verlassen, lange bevor
sie mich kennen lernte. Das wissen Sie sehr gut. Sie hatte Ihr Zigeuner-
leben, Ihr ewiges Kartenspiel und Ihre Betrügereien satt." Er starrte Ryder
an und seine Stimme klang rauh. „Und was haben Sie jetzt für Absichten,
Ryder?" fragte er.
Der Artist zuckte die Achseln und blickte abermals über das Geländer.
„Sein Geschäft muß man verstehen", sagte er. „Ich werde da ganz famos
hinunterspringen. Wenn aber ein Laie — wie Sie zum Beispiel — da
hinunterfällt..."
„Also so meinen Sie das? Ich denke nicht im Traume daran, da hin-
unterzufallen, Ryder."
„Wirklich nicht?" Er blickte zu der Stelle, wo die Aufnahmegeräte
standen. „Das Signal!" rief er und sprang zurück.
Ryder dachte sich die Sache ganz einfach. Er mußte sich gar nicht be-
sonders wehren. Es genügte, wenn er im Augenblicke des Sturzes Wilkes
Ärmel packen konnte. Ihm konnte gar nichts geschehen — höchstens, daß
er für die nächste Aufnahme nicht wieder engagiert würde. Die Kameras
waren viel zu entfernt postiert. Die konnten eine arglistige Absicht gar
nicht festhalten. Und in den Morgenblättern stünde: Filmschauspieler bei
gefährlicher Aufnahme verunglückt — getötet. Niemand konnte ihm
etwas beweisen. Niemand.
Ryder war flink und zäh. Er begann unvermittelt sein Spiel und Wilkes
hatte keinen Augenblick Zeit zur Überlegung. Mit gesenktem Kopfe ging
er Ryder an. Seine Arme schwangen hin und her wie Brunnenschwengel.
Er versuchte, Ryder in den Bauch zu boxen. Aber es gelang ihm nicht.
Ryder wich geschickt aus — bis zu dem Augenblicke, in dem sie an die
Stelle des Geländers kamen, die bestimmt war, beim leisesten Druck zu-
sammenzubrechen.
Da packte Wilkes plötzlich seinen Gegner — wohl war er kleiner und
schwächer als dieser — aber das Unheil war nur mehr zwei Schritte weit
entfernt. —
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