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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 10
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Giedion, Sigfried: Zur Situation der französischen Architektur, 3
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0337

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Abb. 8, 9. 1926. R. Boyer-Gerante, Villa in Hyeres
(Riviers). 1926. Im Bau.
Ansicht und Obergeschoß.

Boiler) ist keineswegs nur Folge ökonomischer Schwäche, sondern ebensosehr
Gewalt einer Gespenst gewordenen tyrannischen Tradition, die in nichts ihre
Gewohnheiten dem Leben anpassen will.
Der in Paris lebende Perser Gabriel Guevrekian hatte einen sehr interessanten
Beginn. Die Villa in Eisenbeton von 1925 (Abb. 6 u. 7) ist wohl einer der
frühesten Versuche, den erstarrten Kubus des Hauses aufzulockern und ihn mit
Luft zu durchdringen, drei Dachterrassen anzulegen, das Erdgeschoß zu er-
leichtern und ohne die Mätzchen dekorativ vorkragender Betonplatten das
innere Skelett zu verwenden, um Gebäudeteile schwebend zu machen.
Zu eigentlicher Auswirkung ist Guevrekian noch nicht gekommen. Es gibt zwar
in Paris einige Läden von ihm (wie die Boutique »Simultane« 1924, mit Stoffen
im Fenster, die sich in verschiedenen Geschwindigkeiten bewegen oder das
Photographenatelier Alban, 1926) doch sind derartige Lösungen von den Hollän-
dern früher und reiner verwirklicht worden. Guevrekians ausgeführte Gärten
(auf der Kunstgewerbeausstellung 1925 und für den Grafen Noailles in Hyeres
1925) bringen uns diesem schwierigen Problem nicht näher. Sie sind, mit ihrer
nahezu völligen Ausschaltung der lebenden Pflanzen eher ein Kokettieren mit
abstrakter Gestaltung, als diese selbst. Sie stehen abseits der Entwicklung, genau
wie die viel genannten Betonbäume Mallet-Stevens auf der Pariser Ausstellung,
die im Grunde nur ein unnötiger Philisterschreck waren.
Andrd Lurcat’s kleines kubische Atelierhaus ist auch in Deutschland bekannt
o
geworden. Seine umfassendste Leistung sind die Häusergruppe der Cite Seurat
1925/26 (Abb. 5) und zwei Häuser in Versailles. Was ihn auszeichnet, ist eine

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