Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers (19.1927)

Monet Der Karren
Thema sitzender Figuren vor dem geöffneten Piano hat Manet in der Studie
seiner eigenen Frau in Schwarz angeschlagen. Mächtiger als dieses Bild und
das Stilleben eines Päonienzweiges aus derselben Zeit ist »Der Hafen von Bou-
lougne« (1869). Das Unheimliche einer silbernen Mondnacht, in der blankes
Wasser in romantischem Glanz aus dem Dunkel hervorleuchtet und Hafen,
Menschen und Dinge ins Geheimnisvoll-Gespenstige wachsen läßt, ist in seiner
ganzen Stimmungsmacht erfaßt und gestaltet. — Im zweiten Saal hängen an
der Schmalwand ein Ölgemälde und ein Pastell Manets übereinander. Auf dem
ersteren sind nur zwei gelbe Rosen an grünen Stielen dargestellt, aber die
süße, schwere Pracht und Leuchtkraft dieser entbreiteten Blumen wird unver-
gänglich bleiben. Das Pastell zeigt auf grauem Grunde den entblößten, rosa-
gelben Oberkörper einer jungen Frau in sammetartiger Weiche. Die in Hellig-
keit leuchtende Haut strömt einen Hauch des Dixhuitieme aus. Diese blühende
Weiblichkeit in der üppigen Bekrönung ihrer schwarzen Haare, in dem Dufte
des Puders, mit dem Lächeln auf den Lippen hat jenem Charme des Amou-
reusen, den die Franzosen seit Watteau und Fragonard in ihre Bilder einzu-
fangen verstehen. Ein anderes Frauenbild, das Porträt der Wienerin Irma
Blumer, in Profilstellung ist in der feinen Farbgebung von Rosa auf Grau ein
edles Stück Malerei schöner Oberfläche. Aus der Spätzeit (8a) stammt die be-
kannte, auf silbernem Tablett servierte, stattliche Zitrone an grünem Stiel
von vornehmer Farbhaltung.
Von Monet sind Werke aus den verschiedensten Perioden zu finden: Das
früheste Bild ist »La charrette«. Es zeigt noch den Zusammenhang mit Cour-
betscher Schneelandschaften in der Verwendung von schwarzen und grauen
Farbtönen im Kontrast zu Weiß, aber in der Lichthelle des Horizontes geht
Monet einen wichtigen Schritt über Courbet hinaus. Ein Bild von reinster
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