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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 12
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0412

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dom Geschmack der Gegenwart entspricht, ist
ein anderes als das des letzten ,1 allrliundert-
endes. Arbeiten der Frühzeit, in Paris bei
Couture gemalt, über wiegen. Diese meist lok-
keren Skizzen interessieren schon wegen ihrer
leichten Handschrift mehr als trocken ausge-
arbeitete Tafeln. Es ist, als ob die Schwan-
kungen des Charakters auch in der Kunst
Feuerbachs zu spüren wären. Ein Italiener-
knabe (i853) ähnelt der Malerei des Atelier-
genossen Knaus. Die schlafende Nymphe (i852)
erinnert an die Nachbarschaft Courbets. An
Hauptwerken sieht man das Bildnis Otto Wel-
cker, die Hamlet-Szene, die Mirjam. Ein pracht-
voller Männerkopf der römischen Epoche
(1858) entstammt Kölner Privatbesitz und ist
noch unveröffentlicht. Als schönstes der 3o
Gemälde sei das Porträt des zweiten römischen
Modells, der Lucia Brunacci genannt, das
von der noch lebenden Dame beglaubigt ist. In
der Malweise erinnert es an die Pariser Zeit.
Feuerbach erscheint bei Abels mehr als ein
Vorläufer der Impressionisten denn als Nach-
folger des Klassizismus. Wenn dadurch sein
Schaffen anders betont wird als in vollständi-
gen Übersichten, so ist das nur ein Vorzug der
Ausstellung. Es wäre für Köln zu wünschen,
daß sie sich auswirken möge, damit die Kunst-
handlung den Mut und die Möglichkeit findet,
Veranstaltungen gleichen Ausmaßes auch in
Zukunft zu wagen.
*
Im Kölnischen Kunstverein hat man neben
Elkans großer Schau und dem nicht immer
erfreulichen Erbgut des Egger-Lienz die erste
deutsche Ausstellung des bei Bozen lebenden
jungen Österreichers Oscar Vonwiller gemacht.
Er ist ein Außenseiter, in der Technik fast
altmeisterlich, irn Thema leicht romantisch.
Er hat eine besondere und stille Art, Men-
schen und Landschaften in strengen Linien
und hellen Farben zu sehen. Er ist einer der
wenigen, die die Bedeutung des Weglassens be-
griffen haben. Hoffentlich wird man ihn Wie-
dersehen und seinen Weg verfolgen können.
Alfred Salmony
WIENER AUSSTE LI .UNGEN
Die „Große Kunstausstellung“ im Künst-
lerhaus fesselt weniger durch die einzel-
nen Künstlerpersönlichkeiten als vielmehr
durch das Lokalkolorit, das den einzelnen
Künstlergruppen anhaftet, die sich aus Künst-
lern aller Länder der ehemaligen österreich-
isch-ungarischen Monarchie zusammensetzen.
Der wenig prägnanten, konservativen Kunst
der Wiener und Steirer steht die herbe, monu-

mentalisierende Kunst der Tiroler gegenüber,
mit A. Walde, der seine Bilder aus breit auf-
getragenen, ungebrochenen Farben gestaltet,
als ihrem markantesten Vertreter. Für den
Ungarn, der in der heimatlichen Erde wur-
zelt, ist eine satte, sonore Farbigkeit charak-
teristisch. Dagegen sind die reinen, flammen-
den Farben Vaszarys, die Linienschöne Csöks
ohne französischen Einfluß nicht gut denk-
bar. Das Gesicht sudetendeutscher Kunst wird
wiederum durch die nachhaltige Einwirkung
jungdeutscher (vorwiegendexpressionistischer)
Malerei bestimmt. W. Klemm, einer ihrer
Führer, von dem zwei schöne Eislandschaften
herrühren, hat sich auch in Deutschland
einen Namen geschaffen. Ebenso der vor nicht
allzu langer Zeit verstorbene A. Brömse.
Die Ekstasen dieses Künstlers, dessen Ange-
denken die „Sezession“ eine Kollektiv-
schau gewidmet hat, sind in ihrer Phantastik
und Leidenschaftlichkeit nur aus dem Geist
der Spätgotik heraus (gesehen durch die Brille
des Expressionismus) verständlich. Ein ande-
rer Maler, der gleichfalls in den Fußstapfen
der Alten wandelt, doch mehr mit kühl be-
rechnendem Verstand als mit gefühlsmäßiger
Anteilnahme, ist der in Florenz lebende V.
Hammer („Mann mit Stimmgabel“). Jaeckel
hat einen durch Auffassung, Formen- und
Farbengebung packenden weiblichen Akt ein-
gesandt, die beste Malerei der Ausstellung.
Im „II a ge n b u n d“ ist es vor allem die Schau
der Laibacher slovenischen Künstlervereini-
gung, die Beachtung fordert. Erdverwurzelte,
dumpfe Naturen von starker Triebkraft und
verhaltenem Kraftgefühl. Kralj Fran und
Kralj Tone (der weichere der beiden) Führer
der Jungen. In Malerei umgesetzte Plastik
von Mestrovic. Bei Tone Anklänge an den
Bauernbreughcl. Vidinar Drago jund Vidmar
Nande Mittler der neuen Sachlichkeit. Ein
Porträtist von nicht gewöhnlicher Ausdrucks-
kraft ist Jakac Uozidar. Pilon hat von den
italienischen Veristen angenommen, während
der modische Kos Gojmar die Bindung mit
dem Impressionismus herstellt. Daß neben
diesen so durchaus anders gearteten Meistern
die heimischen Künstler vielfach an Inter-
esse einbüßen, ist kein Wunder. Was sich
daneben behauptet, behauptet sich kraft des
Kontrastes, wie die Kollektivschau von G.
Ehrlich mit ihren feinen Graphiken, Bildern
und Skulpturen (unter denen besonders eine
Bildnisbüste von Erika Tictze durch ihre Ein-
dringlichkeit auffällt), die Schönmalerei von
Tischlers Stilleben und die geschmackvollen
Farbenzusammenstellungen des Schweizers

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