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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 15
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Metz, Peter: Alte Kunst am Mittelrhein, 1, Plastik und Kunstgewerbe: zur Ausstellung im Hessischen Landesmuseum Darmstadt
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0488

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Epoche des 1 1. Jahrhunderts war nur
durch zwei Elfenbeinplasliken, die
thronende Madonna aus dem Main-
zer Altertumsmuseum (Abb. 2) und
das Nazariusrelief aus dem Kestner-
rnuseurn in Hannover zu vertreten.
Größere transportable Stücke aus der
Zeit, wie die Madonnen in Essen und
Paderborn, gibt es am Mittelrhein
nicht. — Der vollendeten romani-
schen Entwicklung des fortgeschrit-
tenen 12. Jahrhunderts gehört das
große Kruzifix aus Udenheim in
Rheinhessen an. Es ist der einzige
monumentale Vertreter seiner Gat-
tung in unserem Gebiet. Von ro-
manischen Kruzifixen des 1 5. Jahr-
hunderts wird das dem Wiesbadener
Museum gehörige Stück aus Wals-
dorf im Untertaunus gezeigt. Es geht
auf byzantinische Eindrücke zurück,
unterscheidet sich aber von seinen
stärker byzantinisierenden Genossen
in Boppard und Lorch a. Rh., die lei-
der für die Ausstellung nicht frei-
gemacht werden konnten, durch eine vielleicht über Frankreich eingeführte,
vielleicht auch zum Teil als bodenständig mittelrheinisch zu bezeichnende natu-
ralistischere Auffassung. — Die noch wenig bekannte, vom unteren Mittelrhein
stammende Madonna aus dem Trierer Diözesanmuseum ist eine außerordentlich
wichtige Vertreterin des spätestromanischen Stils um die Mitte des 15. Jahr-
hunderts. Die barocken Züge jener Entwicklungsphase sind in diesem Werk so
stark, daß es bisweilen tatsächlich für eine dem 18. Jahrhundert angehörige
Kopie eines romanischen Vorbildes gehalten worden ist. An der Originalität
seiner Entstehung kann jedoch nicht im geringsten gezweifelt werden.
Die beiden Hauptgruppen der französisch orientierten monumentalen Stein-
plastik des 15. Jahrhunderts in Mainz sind vertreten durch die sogenannte Ma-
donna aus der Fuststraße und die besten Stücke der neu aufgefundenen Reste
vom ehemaligen Westlettner des Doms (Abb. 5). — Das kleine Fragment
eines Mathäusengels an einem Werkstück aus dem Mainzer Altertumsmuseum
vermittelt die sehr interessante Tatsache, daß es gleichzeitig mit der scheinbar
überwältigenden französischen Einfluß welle auch noch einen ganz ausgesprochen
niedersächsisch-byzantinischen Einschlag im Mainzer Kunstgebiet gegeben hat. —
Von den französisch orientierten Steinplastiken außerhalb Mainz sind als die
bedeutendsten der schöne Jünglings- oder Engelskopf von St. Maximin in Trier
(Abb. 4) und die stattliche Madonna aus der Liebfrauenkirche zu Friedberg in
Oberhessen zu nennen. Der Trierer Kopf weist ziemlich unmittelbar nach Reims.
Die wesentlich später anzusetzende Madonna, an der die zum Teil noch recht
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