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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 19
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Poglayen-Neuwall, Stefan; Poglayen-Neuwall, Stephan: Ein wiederaufgetauchtes Frühwerk Tizians?
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0618

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Abb. 3. Tizian Die Zigeunermadonna
Staatsgalerie, Wien
stuften Farben aus. Es ist eine Malerei, die an Schönfarbigkeit, an Reichtum
der Valeurs alles, was uns aus der Frühzeit Tizians überkommen ist'in Schatten
stellt (was nicht zum geringen Teil damit zusammenhängt, daß die meisten
Bilder Tizians aus jener Zeit, so auch die Madonnen der Wiener Staatsgalerie
durch den Restaurator verdorben worden sind). Mit dem breiten, pastosen Auf-
trag kontrastiert der Kontur, der ebenso hart ist, wie bei der »Zigeunermadonna«.
Den Aufbau des Bildes aus wenigen großen Farbflächen hat der Meister ebenso
wie das Arbeiten mit den Gegensätzen von Hell und Dunkel, die wunderbare,
satte Farbengebung von Giorgione übernommen, dessen Persönlichkeit das Bild
auch sonst, ähnlich der »Zigeunermadonna«, in wesentlichen Zügen beeinflußt
hat. So mutet die Gottesmutter in ihrem kaum erblühten Liebreiz und dem
nachdenklichen Ausdruck ihres Antlitzes, den sie mit der »Zigeunermadonna«
teilt, noch ganz giorgionesk an. Nicht minder die Romantik der wie auf dem
Bild in Castelfranco von einer von Türmen überragten Architektur belebten
Gebirgslandschaft. Es ist eine ähnliche Landschaft, wie sie in der »Zigeuner-
madonna« vorkommt, wo wir auch einer verwandten Wiedergabe der Staffage,
die gleichfalls auf Giorgione zurückgeht, begegnen. Auch in der Einbeziehung
der durch die ganze Bildbreite hindurch geführten Brüstung in die Raum-
gestaltung bei Bellini dient sie bloß dem Abschluß und der Betonung des
Bildrandes —, zeigt sich die Anlehnung an seine Art.
Nicht weniger als hier, durch das Medium Giorgione, offenbart sich die Viel-
fältigkeit der Berührungspunkte unseres Bildes mit der »Zigeunermadonna«

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