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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 19
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Kunst-Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0638

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die Normandie kennen, von dem eigentlichen,
dem historischen, dem denkmälerreichen Lan-
de wissen. Daß Hürlimann, der Schweizer,
zum Schluß auch das Elsaß initeinbezogen
hat, verursachte in gewissen Kreisen einen
mächtigen Sturm im Wasserglase. Wozu?
Wird damit Erwins Werk, das Münster von
Straßburg, dessen Ansicht das Buch beschließt,
ernsthaft gefährdet, werden dadurch die Wun-
der von Chartres und,Reims für uns ungewiß-
bar? Es hat den Anschein, als ob der Pendel
der Geschichte noch lange Zeit hindurch über
dem Schicksal des Elsaß schwingen wird. Diesen
Landstrich deshalb im gegenwärtigen Moment
in einem solchen Buche, das nach politischen
Grenzen rechnet, rechnen muß, auszuschalten,
wäre kleinliche Brüskierung des,Nachbarn, die
uns zudem bestimmt keinen Vorteil brächte.
Denn dieses Bilderbuch ist keine politische Bi-
bel, ja ich finde es für meinen Teil großarti-
ger, den Tatsachen, so wie sie einmal sind,
Rechnung zu tragen als sie vor der Geschichte
zu verbergen. Das hat im übrigen mit der per-
sönlichen Anschauung des Einzelnen, die ich
respektiere, nichts zu tun. Nur soll man an
einem solchen Argument nicht die künstle-
rische Leistung eines derartigen Ruches mes-
sen. Im Gegenteil, je mehr wir vom Nachbarn
wissen, um so besser wird es für uns selbst in
der Zukunft bestellt sein. Chinesische Mau-
ern, die der Krieg zwischen den Völkern für
viele Jahre aufgerichtet hat, sind geistig heute
nicht mehr denkbar.
Man hat also die Pflicht, Herrn Hürlimann
für seine großartige Leistung und nicht min-
der für sein schönes, stilles Vorwort, das er
den Bildern voranstellt, zu danken und den
Verlag zu beglückwünschen, der als Deutscher
zuerst dieses Buch über Frankreich heraus-
brachte. Biermann
J. A. LOEBEIl JUN.: DAS BATIKEN. Eine
Blüte indonesischen Kunstlebens. Gerhard
Stelling Verlag, Oldenburgi. 0.
Das Buch ist eine ausführliche Darstellung
der eigenartigen Technik des Batik, wie sie auf
Java entstanden und kultiviert worden ist.
Aus den beiden Fürstenreichen Solo und
Djokja ist die Kunst dieses Verfahrens nach
Europa gekommen. Die prachtvollsten Batik-
stoffe, Gewänder, die die Fürsten an fremde
Potentate verschenkten, sind auf Baumwolle
gearbeitet. Sie ist das einheimische Pro-
dukt, und man liest die kuriose Bemerkung
des Ibe Batutali ,(1345—13/|6), daß Baum-
wollkleider in Zentralsumatra teurer als
seidene waren. Die importierte Seide wurde

nur sporadisch verwendet. Heute beginnt die
Einfuhr von Fertigstoffen und Farben aus
Europa die Technik zu beeinflussen. Aber es
gibt eine Sitte, nach der Tote in Kleidern aus
heimischen Stoffen gekleidet werden, damit
sie die Stammesgenossen im Jenseits nicht
verkennen. Aber die religiösen Gebräuche
können die Entwicklung nicht aufhalten, und
die Einfuhrindustrie droht hier wie überall
die Qualität der Arbeit zu beeinträchtigen.
Die fertigen europäischen Farben locken den
Eingeborenen zu weniger sorgfältiger Vorbe-
reitung der Färb flotte. —
Ein wichtiges Kapitel über das Balikornament
weist Ursprung, Verbreitung und Schemen
der Blumen-, Tier-, Landschafts- und geome-
trischen Motive auf. 'Es gibt verbotene Mu-
ster, die für Fürst und Fürstin, Kronprinz
und Kronprinzessin reserviert sind.
Der Verfasser erklärt die Symbolbedeutung
mancher Motive wie das der Bambussprosse
und erläutert die Anordnung der Muster.
„Wer mit dem Verzierungskodex des Abend-
landes vertraut ist und daher weiß, wie ganz
allgemein und unerschütterlich in der kon-
ventionellen Ornamentik bei 99 Prozent aller
quadratischen Dekorkompositionen die Mit-
tellinie des Quadrates als sozusagen prädesti-
nierte Symetrieachse ihre erbgesessene Gel-
tung hat, der wird dieses fast eigensinnige
Vermeiden einer sonst allen Menschen geläu-
figen und sich als selbstverständlich aufdrän-
genden Achsenlage als üßeraus auffällig er-
kennen müssen.“ Kapitel über gebatikte Klei-
der, Batikersatz und das Batiken außerhalb
Javas vollenden das Buch. Das reiche Thema
ist sowohl in technischer als auch kulturhi-
storischer und ästhetischer Hinsicht erschöp-
fend behandelt. Zahlreiche Abbildungen und
ein Originalbatikmuster sind dem Werke bei-
gegeben. S. Schwabacher
IIEGTOR LEFUEL: FRANQOIS IIONORE
GEORGES JACOB-DESMALTER. Archi-
ves de l’Amateur, Editions Albert Mo-
ra n ce, Paris 1926.
Der stattliche Band ist den Schöpfungen des
Ebcnisten Jacob-Desmalter gewidmet. Ob-
gleich nur die Lieferungen für Napoleon, die
kaiserliche Familie, für Ludwig XVIII. und
französische Fürsten in dem Werke behandelt
werden, liegt eine erstaunliche Fülle an Ma-
terial vor. Jacob-Desmalter hatte für die Bo-
napartesche Familie allein 44 Schlösser aus-
zustatten, und da der Palast Josephs in Spa-
nien, Jeromes in Westphalen, Louis in Hol-
land, Elisas in Toscana und Carolines in Nea-
 
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