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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Heft 21
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0700

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Per Krogh
werfen und wagen es, die Wirklichkeit zu
sehen.
Unerschütterlich in ihren Anschauungen ha-
ben vor allem drei Maler allen Versuchen
der Unterordnung des Instinktes unter dem
Geist widerstanden: Vlaminck, Rouault,
Utrillo. Für den einen war das Schauspiel
der Formen in der Natur, ihrer Kräfte der
Wechsel der Jahreszeiten und ihrer Stimmun-
gen das Ziel der Arbeiten, die sich technisch
auf die Verwendung reiner Farben stützten.
Für Rouault, der in einer mittelalterlichen
Welt lebt, gebeugt über das Bildnis Christi
und seine Richter, Schächer und Tempel-
schänder, erwächst ein bitteres Gesicht, das
sich in seinen wie von Verzweiflung zerris-
senen Phantomen ausprägt. Der Naiveste der
drei, Utrillo, singt eine Pariser Romanze. Er
schmückt Häuser und Himmel mit der (1 e-
duld eines sanften Kindes.
Durch ein glückliches Zusammentreffen wa-
ren die wichtigsten, rückblickenden Ausstel-
lungen dieses Jahres Künstlern gewidmet, die
Paten der Neuromantik von heute waren:
Daumier, Delacroix und van Gogh herrsch-
ten in diesen Ausstellungen und eroberten;
leicht die Geister all der jungen Künstler,
die heute um die „Schule von Paris“ kreisen
wie ehemals um die „Schule von Rom“. Zu
dieser Schule gehören Franzosen und Nicht-
franzosen. Unter den letzteren Namen wie
Chagall, der ausgenommen eineUnterbrechung
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Knabenbildnis
durch den Krieg, seit 1909 in Frankreich lebt,
Kisling, Soutine, Pascin, Per Krogh, Boss-
hard, Nils de Dardel, Maria Blanchard, Sal-
vado, Arapoff, Creixams, Terechkovilch. Ihre
Verbindung mit Paris ist eng, so daß Maler wie
Per Krogh und Tercchkovitch heute in den
Pariser Sammlungen eine überragende Stel-
lung einnehmen. Die Anerkennung, die Per
Krogh, der frühere junge Mitschüler Rudolf
Levys bei Matisse gefunden, hat etwas von
einem Phänomen, aber sie ist natürlich und
wurde vorausgesehen. Per Krogh hat das Ta-
lent zum Phantastischen. Er schafft Stimmun-
gen, bei denen Rhythmus und Lebendigkeit
gleich verblüffend sind. Terechkovitch ist eine
kompliziertere Begabung, die unter der Sonne
der Ile de France plötzlich aufgeblüht ist.
Seine Malerei ist ein Delirium in Farben, das
seinen Ursprung nur von den letzten Werken
van Goghs herleiten kann.
Auf dem Gebiete der Auktionen gab es bisher
zwei große Überraschungen. Die eine war die
unvergleichliche Preissteigerung für die Werke
Daumiers auf der Vente Bureau, über die
hier bereits gesprochen wurde. Die andere be-
deutet die plötzlich aufgetretene Leidenschaft
für die Werke der frühamerikanischen Kunst.
Diese Leidenschaft hat heute die Sammler
erfaßt wie vorher die Gelehrten. Für die Göt-
terbilder, die man aus ihren heimatlichen Prä-
rien ausgräbt, schwärmt man heute in Paris
und sie bereichern hier unsere eigene Kunst.
 
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