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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 19.1927

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Sonderheft "Kunstliteratur" März 1927
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https://doi.org/10.11588/diglit.39946#0823

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Deutsche Kunst

.Was gegen sie einzuwenden ist, habe ichim
angezogenen Aufsatze zu sagen versucht.
R. Berliner.
F. Wimmer und E. Klebel, Das Grab-
mal Friedrichs III. Wien. Burgver-
lag 1924.
Dieser in echt Wiener Geschmack rei-
zend aufgemachte schmale Band in un-
gewöhnlich großem Oktavformat, der
38 Seiten Text und 118 Abbildungen auf
64 Tafeln umfaßt, bildet die erste Num-
mer einer Publikation größten Stils, die
unter dem Titel „Österreichische Kunst-
denkmäler in Einzeldarstlungen“ vom
ersten kunsthistorischen Institut der Wiener
Universität geplant ist. Die möglichst
knapp gehaltene Darstellung zerfällt in den
kritischen Text (20 Seiten) und das sehr
genau „beschreibende Verzeichnis der
Darstellungen am Grabmal“ nebst Quel-
lenverzeichnis. Sämtliche Aufnahmen muß-
ten bei Blitzlicht gemacht werden; das au-
ßerordentlich unruhige Material, bekannt-
lich ein stark mit weißen Adern durch-
setzter roter Marmor, bedeutete eine wei-
tere Erschwerung für die Photographie
und Autotypie; trotzdem wurden in den
meisten Fällen klare und scharfe Bilder
gewonnen, die dem Betrachter zum Teil
interessante Überraschungen bereiten.
Das gewaltige Denkmal, im wesentlichen
noch der Gotik angehörend, aber doch
schon breit gelagert und mit vorherrschen-
den Horizontalen, präsentiert sich als eine
bereits renaissancemäßig empfundene Ver-
herrlichung des österreichischen Kaiser-
hauses und insbesondere seines Stifters.
Da der von Straßburg berufene Nicolaus
v. Leyden bereits 1473 starb, so scheidet
er schon deshalb für den größten Teil des
erst 1513 vollendeten Werkes als ausfüh-
render Meister aus, wennschon der Ge-
samtplan von ihm stammen dürfte. Her-
vorheben möchten wir die ausgezeichneten

Anmerkung. Nicolaus v. Leyden ist eine rätselhaft
Figur in der Geschichte der deutschen Plastik des aus
gehenden Mittelalters. Nach den Urkunden der Inschrift
am Grabmal Sierck scheint er aus Leyden zu stammen,
aber seine Kunst hat durchaus oberdeutschen Charakter
und unterscheidet sich streng von allem Niederrheinischen,
mag es diesseits oder jenseits der holländischen Grenze
entstanden sein. Die deutsche Malerei verlor fast in der
gleichen Zeit, als Nicolaus auftrat, ihre Selbständigkeit,
indem sie ganz unter den Bann der Niederländer geriet,
die deutsche Plastik aber, insonderheit die ganze süd-
deutsche aus der gleichen Zeit ist die von allen fremden
Einflüssen unberührteste Kunst, die wir in Deutschland
hatten; sie ist es schon allein durch ihren transzenden-
talen Grundton, der sowohl der niederrheinischen wie der
holländischen, flämischen und französischen fehlt. So ist
es verständlich, wenn neuere Forscher wieder die Ge-
burtsstätte von Nicolaus in die Nähe von Trier, wo er
sein erstes Werk geschaffen hat, verlegen möchten; auch
die Verfasser weisen auf das starke Festhalten am goti-
schen Idealtyp als ein für mittelrheinische Herkunft spre-
chendes Zeichen hin.

Aufnahmen von dem Porträtkopf des Kai-
sers, dessen Reliefplatte ja allgemein dem
Nicolaus als eigenhändige Arbeit zuer-
kannt wird. Dagegen möchten die Verfas-
ser bereits das Relief des Christophorus,
in dem der spätgotische Bewegungsdrang
so gewaltig hervorbricht, einem anderen
Meister, Max Valmet, der nach ihnen zum
erstenmal 1478 in den Rechnungen vor-
kommt, zuschreiben. Einem dritten Künst-
ler, dessen Namen aber nicht bekannt ist,
werden die Tumbafiguren gegeben, die
wohl nach der Platte meines Erachtens das
weitaus Beste am Denkmal darstellen und
des Meisters Nicolaus selbst schon würdig
wären, während die bekannteren Reliefs
nach unserem Empfinden wohl das am
wenigsten Befriedigende am ganzen Grab-
mal sein dürften. Michael Trichter, der
nach den Autoren von der Jahrhundert-
wende an bis zuletzt am Grabmal arbeitete,
wird dann als Verfasser der ganz kleinbür-
gerlich naturalistischen Arkadenfiguren an-
gesprochen. Dem Referenten möchte es je-
doch scheinen, daß diese, bis auf die eine
Ausnahme des Andreas vielfach recht wü-
sten oder spießbürgerlich ordinären Gestal-
ten von den Verfassern, die in ihnen verhei-
ßende Vorläufer der Dürerschen Apostel
sehen möchten, zu hoch eingeschätzt wer-
den. Mit um so ungeteilterer Freude wird
man die prachtvollen, meist kämpfenden
Tiergruppen genießen, die in nicht weniger
als 15 Abbildungen vorgeführt werden. Die
Entwicklungsgeschichte der mittelalterli-
chen Tierplastik, die auch Referent kürz-
lich in einem kleinen populären Aufsatz
über gotische Wasserspeier und Grotesk-
figuren streifte, bietet überhaupt noch ein
dankbares Thema für eine zusammenfas-
sende Darstellung. Möchte es dem öster-
reichischen Institut möglich sein, dies
kühne Unternehmen in gleich großzügi-
ger .Weise auch fernerhin durchzuführen!
W. von Grolman.
NIEDERSÄCHSISCHE KUNST
Die von Generalkonsul Dr. L. Roselius
und Professor V. C. Habicht gemeinsam
herausgegebene Sammlung hat im letzten
Jahr wesentliche Fortschritte gemacht, da
vier weitere Bände im Angelsachsen-Verlag
(Bremen) erschienen sind. In dem ersten
behandelt Karl Schäfer die Spezialität des
Bremer Barockschrankes in einem Sonder-
bändchen unter dem Titel „Hanseatische
Schapps“ (BandX der Sammlung). Ortwin
Meier gab einen Band über die „Pracht-
stückeniedersächsischer Mittelaltermünzen“
heraus. Kunsthistorisch besonders wichtig
erscheint dann die Arbeit von Ferdinand
Stuttmann über den sächsischen Maler
Hans Rap hon, dessen Gesamtwerk, so-

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