Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI chapter:
Nr. 150 - 175 (1. Juli 1898 - 30. Juli 1898)
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0106

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
England. Die Schwierigkeiten, welche einer befriedi- <
genden Lösung der Bemannungsfrage der eng-
lischen Flotte im Kriege entgegenstehen, bilden die Ursache
einer stets wachsenden Beunruhigung in englischen Marine-
und solchen Kreisen, welche der Marine Nahestehen. Nach
den Berechnungen des bekannten Lord Brassey fehlen zur
Besetzung aller in einem Kriege voraussichtlich zur Ver-
wendung kommenden Schiffe nicht weniger als 50 000
Mann. Zur Zeit verfügt die englische Marine über ein
Personal von rund 95 500 Mann in aktivem Dienst und
27 000 in der Reserve, also im Ganzen über 122 500
Mann. Die Ausgaben für das Personal betrugen im
Zahre 1897/98 8 886 121 Pf. Strl. gegen 5 060 000
Pf. Strl. im Jahre 1866/67. Lord Brassey sagt, daß
eine Vermehrung der Ausgaben für das Personal ohne
weiteres bewilligt werden würde, wenn nur die Marine-
leitung einen Weg ausfindig machen würde, in welcher
Weise eine Vermehrung des Mannschaftsbestandes bewerk-
stelligt werden könnte, und schlägt u. a. vor, die seemän-
nische Bevölkerung der Kolonien zum Dienst in der eng-
lischen Kriegsmarine heranzuziehen. Dieser Ausweg würde
Aussicht auf Erfolg bieten, wenn sich die Marineleitung
dazu verstehen würde, Schulschiffe in den H äsen der Kolo-
nien zu stationiren und die Besatzungen der für den Dienst
in den kolonialen Gewässern stationirten Schiffe zur Haupt-
sache aus der Bevölkerung der Kolonien selbst zu wählen.
Früher oder später wird dieser Weg als der einzig richtige
auch wohl eingeschlagen werden.
London, 27. Juli. Parlamentsuntersekretär des
Aeußern, Curzon, erklärte im Unterhaus, die Regierung
erwäge die Frage der Ernennung eines zweiten Attaches
für Handelssachen in China, der seine gesammte
Zeit den Handelsangelegenheiten widmen solle.
Spanien. Madrid, 27. Juli. Der König ist
leicht an den Masern erkrankt.
Asien. Berichten aus Wutschau zufolge dauern im
südlichen Theile der Provinz Kwangsi die Auf stände
fort. Die Zahl der Aufrührer wird auf 40 000 geschätzt.
Am 16. wurde der Ort Kwailing angegriffen. Die Man-
darinen haben 7000 Mann zur Verfügung. Die Auf-
ständischen haben 2000 Mann der Reichstruppen in der
Nähe von Juengjun geschlagen. Das britische Kanonenboot
„Tweed" liegt noch immer in Wutschau. Es treiben viel
verstümmelte Leichen an dem Schiffe vorbei.
Jahresversammlung des deutschen Vereins gegen den
Mißbrauch geistiger Getränke.
II.
/X Heidelberg, 28. Juli 1898.
Auf die Tagesordnung der gestrigen Hauptversammlung war
das Thema gesetzt: Die Trinksitten der besitzenden und
gebildeten Stände. Als erster Referent darüber war Herr
Prof. Ziegler von Straßburg ausgestellt. Herr Ziegler nahm
hauptsächlich die akademische Jugend aufs Korn. Er ging von
den zwei großen Zeiten der Studenten, der Zeit gleich nach den
Befreiungskriegen und der 1848er Zeit aus. Beide Male kam
nicht viel dabei heraus, aber ein Unterschied machte sich doch be-
merkbar: nach der Bewegung nach den Befreiungskriegen sang
man: Wir hatten gebauet ein stattliches Haus. Nach der andern
aber sang man die Trinklieder vom Rodensteiner und vom Enderle
von Ketsch. Die Trinkerstimmung von den 50er Jahren her hat
uns nicht gut gethan und ist bis auf den heutigen Tag hinein
in ihren Folgen wahrzunehmen. Eine Dumpfheit und Stumpf-
heit, eine Schwächlichkeit und Halbheit macht sich geltend. Nicht
zum wenigsten ist an ihr der Trinkcomment mit dem Trinkzwang
und der Frühschoppen schuld. Viel könnte in dem Kampfe gegen
die Schädigungen durch das Trinken gewonnen werden, wenn
die Mediziner sich der Sache annehmen wollten. Sie wären die
nächsten dazu und von ihnen aus würde die Bewegung gegen
den Alkohoimißbrauch sich leicht weiter verbreiten. Im übrigen
müsse man an die Freiheit und die Ehre der Studirenden appel-
liren. Das sei keine Freiheit, die sich in die Fesseln eines un-
sinnigen Trinkzwangs schlagen lasse. Das sei vielmehr das
Gegentheil von Freiheit und Unabhängigkeit. Man sehe aber
doch im Vergleich zu der früheren Zeit einen Forschritt zum
Bessern. Es gelte doch heute nicht mehr für ehrenvoll und an-
ständig in Damengesellschaft oder am Tage sich zu betrinken.
Sollte es denn am Abend eine geringere Schande sein? In der
heutigen demokratischen Gesellschaft gelte nur die Persönlichkeit,
das Amt decke die Persönlichkeit nicht. Einen sich betrinkenden
Beamten halte das Volk nicht mehr für annehmbar. Das sollten
sich schon die jüngsten juristischen und theologischen Semester
merken. Die Hauptaufgabe des Studenten sei die wissenschaft-
liche Arbeit, allein diese könne naturgemäß nicht seine ganze Zeit
ausfüllcn, darum sei jeder Nebenzweck, dem sich der Student
widme — sei es Gesang, Turnen oder sonst etwas — zu unter-
stützen. Die Geselligkeit sei vielfach sinnlich und genußsüchtig
und inhaltsleer, darum sollte man sich bemühen, den Studenten
in eine edlere Geselligkeit zu ziehen, zumal der Student ohne
Familienbande der Gefahr des öden WirthShauslebens aufs
stärkste ausgesetzt ist. Die Professoren und ihre Frauen sollten
sich nach Kräften bemühen, den Studenten den Familienhalt zu
ersetzen. Eine durchgreifende Reform unserer Trinkunsitten kann
nur durch das Elternhaus erzielt werden. Das Beispiel, die
Atmosphäre des Elternhauses wirken nach; wer 18 bis 20 Jahre
nicht zur Mäßigkeit angehalten worden ist, wer im elterlichen
Hause nicht den Geist der Mäßigkeit und Zurückhaltung ein-
geimpft erhielt, von dem kann man sich nicht wundern, wenn er
auf der Universität zum Trinker wird, der seine Zeit abscheulich
vergeudet. Viel können auch im Hause gerade die Frauen thun,
die einen natürlichen Widerwillen gegen die Trunksucht haben.
Sie sollen diesen nicht verhehlen, sie sollen ihren Männern,
Brüdern, Söhnen gegenüber mit ihrer Meinung nicht zurückhallen.
Schließlich kam Redner noch auf die Schüler zu sprechen, die
vielfach auch schon zuviel und zu früh trinken. Auch dagegen ist
nur etwas zu machen, wenn das Elternhaus sich mit den Be-
strebungen der Schule verbindet.
Der hier nur ganz andeutungsweise skizzirte und sehr beifällig
aufgenommene Vortrag fand eine Ergänzung durch die drastischen
Ausführungen des Herrn v. Meixner-Berlin, der an konkreten
Fällen die betrübenden Folgen des Trinkens demonstrirte. Er
erzählte von einem Bildhauer, einem Architekten, einem pommer-
schen Gutsbesitzer, einem Fabrikanten und einem Offizier seiner
Bekanntschaft, die durch das Trinken in traurigster Weise zu
Grunde gingen. Scharf geißelte er dir Gewohnheit mancher El-
lern, ihre Kinder selbst an den Alkohol zu gewöhnen. Viel Schuld
daran irrigen diejenigen Aerzte, die Alkohol als Stärkungsmittel
ansehen und verschreiben. Habe er doch erfahren müssen, daß Kin-
der ein Fläschchen schweren Weines mit in die Schule bekommen,
und habe er doch im eigenen Haus erlebt, daß den Kindern Wein
eßlöffelvollweise auf ärztliche Anordnung gegeben worden sei;
da gelte dann der Mann, der sich dem widersetze, bei Frau
Schwiegermutter und Großmutter für eineu Barharcn, der dem
Kinde die Stärkung nicht gönne. Redner spricht dann verur-
lheilend über den Biercomment und mahnt die höheren Klassen
eindringlich nicht der Pharisär zu sein, der, wenn er einen be-

trunkenen Arbeiter auf der Straße sieht, vom besoffenen Schwein
spricht, sich selbst aber trunken vom Gelage nach Hause fahren
läßt. Er wies dann auf die Gefahren und Kämpfe hin, die
Deutschland in den kommenden Zeiten zu bestehen haben wird.
Ta sei es nationale Pflicht, seine ganze gesunde Kraft sich und
den Kindern und Kindeskindcrn für das Vaterland zu erhalten.
Nach einer kurzen Frühstückspause folgte dann eine recht
ausgedehnte Discussion, auf die wir hier des beschränkten
Raumes wegen nicht eingehen können. Es sprachen die Herren
v. Keudell, Exc., der daran erinnerte, daß er vor 55 Jahren
in Heidelberg studirte, Eisenbahn-Direktor de Terra aus Guben,
Rittergutspächter Sm i th aus Niendorf a.Schallsee, Lic. Weber
aus M.-Gladbach, Professor Kraepelin, Dr. Möller aus
Brackwede, Dr. Fürer, Besitzer einer Trinkerheilanstalt in
Rockenau, Pfarrer Josephson aus Bielefeld, Prof. Kamp
aus Frankfurt a. M„ Professor Böhmert aus Dresden,
Dr. Aschaffenburg aus Heidelberg, Dr. Stubbe aus Kiel,
Dr. Brendel aus München, der Vorsitzende u. A. m.
Jeder derselben trug sein Scherflein dazu bei, um den Zuhörern
die Nothwendigkcit des Kampfes gegen den Mißbrauch geistiger
Getränke so recht klar und deutlich zu machen. Es herrschte in
dieser Hinsicht die größte Einmüthigkeit. Getheilt waren die An-
sichten darüber, ob vollständige Abstinenz oder nur Mäßigkeit zu
empfehlen sei. Beide Richtungen sind im Vereine vertreten. Der
Verein als solcher vertritt den Standpunkt, daß nicht Abstinenz,
sondern nur Mäßigkeit gefordert werden solle. Die Abstinenzler
machten nun M der Sitzung einen kleinen Vorstoß: Dr. Fürer
sprach das paradox klingende Wort aus, daß die Trunksucht von
der Mäßigkeit herkomme. Jeder Trunksüchtige fange mäßig au
wolle auch mäßig bleiben, könne dann aber nicht widerstehen
Und Dr. Aschaffenburg hob darauf ab, daß einige Mitglieder des
Vorstandes in der Frühstückspause Bier getrunken hätten. Dem
hielt er gegenüber, daß man den Frühschoppen als verderblich
abschaffen wolle und daß man darin einig sei, daß das gute
Beispiel die größte Wirkung ausübe. Vom Vorsitzenden wurde
demgegenüber sehr nachdrücklich betont, daß die Grenzen der
Mäßigkeit in keiner Weise überschritten worden seien.
Im weiteren Verlaufe der Versammlung berichtete Herr
Struckmann an Stelle des verhinderten Herrn Dr. v. Straus
und Torney über einen Antrag, den der Vorstand in Bezug auf
die gesetzliche Regelung der Schankstätten-Polizei ausgearbeitet
hat und der dem Reichstag und dem Bundesrath überreicht wer-
den soll. Der Antrag ist in der Mainummer des Mäßigkeits-
blattes abgedruckt. Er geht in Bezug auf die Beschränkungen
im Kellnerinnenwesen nicht soweit wie der Antrag des Vereins
zum Schutze junger Mädchen, der von hier aus vor einiger Zeit
an die Bad. Landstände gerichtet wurde. Der Antrag des Vor-
standes wurde angenommen.
Um 2'/, Uhr wurde die Versammlung geschlossen. Die
nächste Versammlung wird vermuthlich in Stettin stattfinden.
Nach den Verhandlungen fand im Darmstädter Hof ein ge-
meinsames Mittagessen statt, wobei Oberbürgermeister Struck-
mann ein Hoch auf Kaiser und Großherzog ausbrachte. Während
des Essens verfaßte Herr v. Leixner folgendes
Trinklied für Wenigtrinker.
Laß, Schenkin, dxn geleerten Krug,
Mit einem hab ich lang genug!
Was braucht es denn der fremden Gluth,
Um jugendtoll zu sein?
Von selber glüht und sprüht mein Blut
Wie junger Wein!
Hab' Zwang mit Freiheit ich vertauscht,
Dann ist mein Sinn von selbst berauscht,
Ich brauche Würde nicht, noch Gut,
Um freier Bursch zu sein!
Von selber klingt und springt mein Blut
Wie junger Wein!
Und wenn mein Mädchen mich umschlingt,
In mich die liebe Sonne sinkt
Mit ihrer ganzen Gluth
Und ihrem lichten Schein,
Dann blüht und sprüht mein junges Blut
Wie junger Wein!
Und denk' ich deiner, Vaterland!
Aufloht in mir der Liebe Brand.
Und kommt der Tag, mit ernstem Muth
Bin ich noch sterbend dein.
Dann saust und braust mein junges Blut
Wie junger Wein!
Nach dem Essen besuchten einige Mitglieder des Vereins das
Schloß, andere machten einen Spaziergang nach Ziegelhausen.
Abends fand man sich noch einmal im Stadtgarten zusammen.
Zum Schluß seien noch aus dem gestrigen Bericht die Namen
der Preisgewinncr richtig gestellt, da sie dort zum Theil unrich-
tig wiedergegeben sind. Von den beiden Preisausschreiben betraf
das erste eine Arbeit über die beste Einrichtung und Verwaltung
von Trinkerheilanstalten und Ausführung der durch das bürger-
liche Gesetzbuch geschaffenen Entmündigung wegen Trunksucht.
Die beste Arbeit ist von Dr. Colla, Direktor einer Nervenheil-
anstalt bei Stettin, eingereicht. Nebenpreise werden vier anderen
Aerzten zuerkannt: Dr. Bratz in Wuhlgarten, Sanitätsrath Dr.
Erlenmeyer in Bendorf a. Rh., Dr. Flade in Dresden und Dr.
Oppek in Merane. Das andere Preisausschreiben betraf billige
und hübsche Trinkbrunnen. Hier sind preisgekrönt Arbeiten von
Max Hasenohr in Dresden, Erich Kleinhempel in Dresden und
Franz Paul Stulberger in München. Acht andere Entwürfe sind
noch angekauft.

Airs Stadt and Land.
Heidelberg, 28. Juli.
A Vortrag im Gartenbauverein. „Ueber einige Fcttpflanzen"
lautete das Thema, das Herr Geh. Hofrath Dr. Pf itz er gestern fn
einem Vortrage behandelte. Redner ließ sich zuerst im Allge-
meinen über diese Pflanzen aus, die, weil sie selbst ein Quantum
Wasser in sich aufgespeichert haben, die einen Arten im Stamm,
andere wieder in den Blättern, nur in einem dürren Klima ge-
deihen können, und wandte sich dann einigen einheimischen Arten
zu. Die Crafsulaceen gedeihen in Hunderten von Arten bei uns
und in Südafrika, einheimisch sind bei uns auch verschiedene
Sedum-Arten; man findet sie sehr häufig auf Weinbergsmauern,
da das Wasser hier schnell abfließt, und die Pflanzen so immer
einen trockenen Platz haben. Auch als Ampelpflanzen eignen
sich diese Arten vortrefflich. Verschiedene andere Arten führte
Redner noch an, die zu Zimmerkulturen sich eignen, wie Esch-
aceen, die Crassula-Arten mit ihren röhrenförmigen Blüthen.
Die Gattung Rochea zeichnet sich aus durch besonders fleischige
Blätter, die wie Schiffsschrauben in sonderbarer Weise verdreht
sind; die Pflanzen finden sich seltener, sind jedoch, weil sie einen
großen Blüthenstand von rothen Blumen hervorbringen, als
Zimmerpflanzen sehr geeignet. Fast alle diese Pflanzen zeichnen
sich durch leichte Vermehrbarkeit aus; man braucht nur ein Blatt
abzubrechen und dasselbe in Sand zu stecken, so entsteht eine
neue Pflanze daraus. Auf Plätzen, wo sonst wegen zu großer
Dürre nichts wächst, gedeihen diese Rosettenpflanzen vorzüglich,
wie man im botanischen Garten an verschiedenen Beständen sehen
kann. Will man eine solche Pflanze pressen, so empfiehlt es sich,
dieselbe vorher, in heißem Wasser zu brühen, da sie sonst oft nach
Monaten noch zum Leben erwacht. — Herr Garteninspektor
Massias besprach sodann noch einige Pflanzen, worauf die üb-
liche Verloosung von Topfgewächsen stattfand. Die nächste Zu-
sammenkunft findet Ende October statt.
Z8 Der Badische Unterländer Fischereiverein hält am
Sonntag, 31. ds. Mts., Nachmittags 4 Uhr im Saale der
Wirthschast „Zum Schiff" im Stadttheil Neuenheim eine
Generalversammlung ab, woraus wir die Fischerei-
interessenten noch besonders aufmerksam machen.

** Neue Kompositionen. Auch im Stadtgarten-Conzert lernen
wir zuweilen recht hübsche Novitäten kennen; so wieder gestern
Mittwoch Abend eine neue Ouvertüre „von Lriao" von Dr.
Bannard. Der Komponist hat sich dieselbe als Einleitung zu einem
Lustspiel feineren Tones gedacht und das Opus erfüllt diese For-
derung in äußerst graziöser Weise. Das motivische Material ist
hübsch erfunden und tüchtig durchgearbeitet. Die Instrumentation
für Blasorchester zeugt von tüchtiger Sachkenntniß und harmonischer
Geschicklichkeit. Wir möchten deshalb nicht verfehlen, an dieser
Stelle auf das hübsche sowie gefällige Novum aufmerksam M
machen. — Zwei Kompositionen von Kapellmeister Sahlender:
„Unter den Korsaren" und „Dudelsack-Stück", welche von Herrn
Wollweber, Geschäftsführer des hiesigen städtischen Orchesters, in
feinsinniger Weise für Blasmusik arrangirt sind, fanden bei ihrer
Aufführung durch die Grenadier-Kapelle des 110. Reg. im Mann-
heimer Stadtpark eine äußerst beifällige Aufnahme. Dir
Kapelle — unter der Leitung des Herrn Musikdirektor Vollmer
— mußte sich schließlich zu einer Wiederholung verstehen.
Sahlenders Kompositionen erscheinen demnächst in dem bekannten
Mufikverlag von Joh. Andre in Offenbach und wir machen die
Klaviersvieler-Welt schon jetzt auf die originellen und wirkungs-
vollen Werke unseres Mitbürgers aufmerksam.
— Polizeibericht. Ein Schlossergeselle, der gänzlich betrunken
war, mußte zu seiner Sicherheit in Haft gebracht werden; eine
Frauensperson wurde wegen Umherziehens verhaftet. Zur An-
zeige kamen ein Arbeiter wegen Körperverletzung, ein junger
Mann wegen Unfugs, ein weiterer wegen Ausdrchens von Gas-
laternen und zwei wegen Ruhestörung.
X Ziegelhausen, 27. Juli. Heule Nachmittag gegen 1 Uhr
brach in der Scheuer des in der Neckarhelde wohnenden
Kirchendieners Müller dahier Feuer aus, das rasch um sich
griff und das Gebäude zerstörte; auch der Dachstuhl des
Wohnhauses des Taglöhners Wall, das sich Hutter dec
Scheuer nach der Bergseite zu befindet, wurde nicht unerheblich
beschädigt. Ueber die EntstehungSursache des Feuers ist noch
nichts sicher bekannt. Die Ziegelhäuser Feuerwehr war schnell
zur Stelle und verhütete eine größere Ausdehnung des
Brandes, der zum größten Tbeil auf leinen Herd beschränkt
blieb. Der an Gebäuden und Fahrnissen entstandene Schaden
wird auf etwa 1900 v/L geschätzt-
lü Fürth i. O„ 28. Juli- Der Fuhrmann Krämer im benach-
barten Weschnitz fährt schon seit vielen Jahren für einen
Müller-Bäcker im Ulsathale regelmäßig Brod zum Verkam
in weiter Umgegend herum. Da dieses Brod immer sehr
gut und sogar noch 1 bis 17s Mg- pro Pfund billiger ist als
bei unfern Bäckern, so hat Krämer seine ständige Kundschaft-
Er erhielt nun diese Woche aus Worms euren Brief, der
uns im Original vorliegt und wie folgt lautet: „Geehrter
Herr Krämer! Ais Sie im Jahre 1893 Brod fuhren für
Herrn Einig von Wald-Michelvach, verloren Sie auf dein
Wege Hammelbach-Weschnitz ein Laidbrod. Es fand Ihn
ein zweiter und gab in mir um den halben Preiß, aber ich
wußte die ganze geschickte. Nun da ich durch Gottes Gnade
mich Jesu übergeben habe muß ich es wieder zurückerstatten
da mir ein ruhiges Gewissen lieber ist alls eine ganze Welt
mit all ihrer Schätze. Es grüßt Sie mit aller Hochachtung
N. N." Im Briefe lagen 70 Pia. in Freimarken. Und da
im Jahre 1893 der Laib Brod nur 60 Psg. kostete, so er-
setzte also der Mann Kapital nebst Zinsen.
Bruchsal, 24. Juli. Die neuerdings auf dem Speicher des
hiesigen Rathhauses entdeckten Urkunden befanden sich
früher wohlbewahrt in dem Gemeindearchiv, bis sie Ende der
achtziger Jahre dem damaligen Pfleger der badischen historischen
Kommission, Herrn Professor Dr. Häußner, zur Untersuchung über-
geben wurden. Dieser sandte ein kurzes Verzeichniß der wichtig-
sten Stücke ein, das in den „Mittheilungen der badischen histori-
schen Kommission" vom Jahre 1891 Nr. 13 S. M. 105 abgedruckt
ist. Ein unglücklicher Zufall wollte, daß man die Urkunden nicht ;
mehr an ihren früheren Aufbewahrungsort brachte, sondern in
dem Korbe, in dem sie verpackt waren, beließ, und ein weiterer
Zufall fügte es, daß der unscheinbare Behälter, dessen Inhalt
man nicht mehr kannte, auf den Speicher wanderte. Da gegen- f
wärtig die Vorarbeiten für ein Urkundenbuch der Stadt Bruchsal
im Gange sind, wäre unzweifelhaft wieder nach den schon be-
kannten Urkunden gesucht worden.
Vaden, im Juli- Eine Frübobstausstellung wird
vom 13. bis 15. August vom Badischen Obstbauverein in
Bühl veranstaltet. Obgleich die Ernteaussichten für Obst
in diesem Jahre nicht günstig sind, so verspricht doch diese
Ausstellung sehr interessant zu werden. Dieses Frühjahr
war für die Odstblüthe sehr ungünstig und somit werden die'
jenigen Obstsorten, welche zur Ausstellung kommen, als die
widerstandsfähigsten betrachtet werden müssen. Die Aus-
stellung soll lediglich der Förderung des Obsthandels
dienen, auch sollen dort diejenigen Frühobstsorten kennen ge-
lernt werden, welche sich für den Handel zum Anbau im
Großen eignen. — Bei der am Sonntag, den 14. August in
Bühl stattfindenden Versammlung des badischen Ohst'
bauvereins soll eingehend über die für den Großhandel sic»
eignenden Obstsorten, sowie über die Gründung einer
Zentralstelle für den Obsthandel gesprochen werden-
Alle Obstzüchter, auch Nichtmitglieder des Vereins, möchten
im Interesse der guten Sache nicht versäumen, ihre Früh'
obstsorten an die Ausstellungskommjssion in Bühl e>n-
zusenden und wäre es auch nur eine Sorte mit dem Lokal'
namen. Die Preisrichter werden die kleinsten Sendungen
herücksichtigen können, da nebst der Summe, welche vom M-
Ministerium dem Verein zur Verfügung gestM wurde, der
Verein selbst noch eine größere Anzahl von Preisen zu ver-
geben hat. Da gerade in der Zeit der Ausuellung der w
bedeutende Frühzwetschenmarkt ist, wird sich ein Besuch
doppelt lohnen- .
Pforzheim, 27. Juli. Gestern Nachmittag verließ unsere
Stadl Herr Dr. med. Richard Fischer mit Familie, um
die von ihm gegründete Heil-Anstalt für Gemüthskranke
Neckargemünd als Leiter zu übernehmen. Die hiesige Be-
völkerung verliert in Herrn Dr. Fischer einen außerordent-
lich tüchtigen Arzt, dem aus den weitesten Kreisen der Stadl
allgemeine Sympathie entgegenaebracht wurde.
Konstanz, 26. Juli. Der Konst. Ztg. wird berichtet, daß die
Lehrerkonferenz Ueberlingen unterm 20. l. Mts. nach erfolgter
Berichterstattung über die Offenburger Versammlung durch Kreis-
vertreter Volk im Beisein und unter Zustimmung des Vorsitzen-
den der Konferenzbezirke Konstanz, Meßkirch, Radolfzell, Stocka«
und Pfullendorf den einstimmigen Beschluß faßte, den verdienten
Obmann Heyd wiederzuwählen, und daß die Konferenz
Konstanz schon am Samstag, den 23. Juli, die Herren: Hey-
als Obmann, Grimm als Obmannsstellvertreter, Rödel un»
Späth als Beiräthe einstimmig in den engeren Vorstand gewahn
hat. Welcher politischen Richtung einer oder der andere dies"
Herren angehören mag, blieb dabei ganz unberührt.
X Patentbericht für Baden vom 27. Juli 189»,
mitgethetlt von dem Internat. Patentbureau C. Kley er
Karlsruhe. (Auskünfte ohne Recherchen werden den Abonnenten
dieser Zeitung bei Einsendung der Frankatur gratis ertheiU-k
a. Patent-Anmeldungen: L. 14675. Verfahren un»
Vorrichtung zur Herstellung eines Stoffes für Bodenbelag-
Hugo Karle, Seckenheim b. Mannheim. Mit Schutz vom 17- Dec-
1896. — b. Patent-Ertheilungen: Nr. 99 38-1
Wasserspeiser für Acetylenentwickler. P. Bucher, Mannheim,
Nr. 18. Mit Schutz vom 14. Nov. 1897. — o. Gebrauchs-
muster-Eintragungen: Nr. 98191. Farbige Schüler-
Postkarte mit Bilderzeichnungen aus dem Schulleben und einge-
drucktem Bilde der Heimath-Schule. Louis Geißendörfer, Karls'
ruhe, Herrenstraße 29. Mit Schutz vom 27. Juni 1898. ""
Nr. 98154. Schlauch-Haspelwagen mit ein- und ausrückbarer
Zahnrad-Uebersetzung, seldstthätiges Aufwickeln und AbwickeM
der Schläuche analog der Fahrgeschwindigkeit und Richtung er-
 
Annotationen