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Heidelberger Zeitung — 1898 (Juli bis Dezember)

DOI Kapitel:
Nr. 176 - 202 (1. August 1898 - 31. August 1898)
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https://doi.org/10.11588/diglit.42070#0187

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Samstag, den 2V. August

1898

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finden, so ist diese Haltung wohl vor Allem seinem Selb-
ständigkeitsgelüste, der Lust etwas für Ungarn herauszu-
schlagen, zuzuschreiben. Daneben hat dann allerdings
Ungarn ein sehr großes Interesse daran, daß das
Deutschthum in Oesterreich die ihm gebührende Stellung
einnehme. Kommen die Slaven in Oesterreich zur Herr-
schaft, dann droht dem magyarischen Regiment in Ungarn
eine große Gefahr, denn die Slaven sind in Ungarn sehr
zahlreich und würden auch in Ungarn versuchen, die Herr-
schaft an sich zu reißen.
Es scheint in der That kein anderer Ausweg sich zu
bieten, als der, daß die Badenischen Sprachenverordnungen
in Oesterreich wieder aufgehoben werden, worauf dann die
deutsche Obstruktion aufhören würde und — falls
nicht etwa die Slaven es mit einer Obstruktion versuchen —
die parlamentarische Maschinerie alsbald wieder in Gang käme.
Der Minister, der die Sprachenverordnungen aufhebt,
wird aller Voraussicht nach der czechisch-polnischen Wuth
zum Opfer fallen. Vielleicht hat aber Herr v. Gautsch jetzt
den Opfermuth beisammen, um diese Rolle zu über-
nehmen.


scheint täglich.
^ags ausgenommen.
N,,Preis
, ^"Mülienblättern
>ij°,u°tlich 50 Pf.
H°us gebracht.
! Post bezogen
dS KSrl. 1.25
MMch Zustellgebühr.

Deutsches Reich.
Berlin, 19. August.
— Die Germania veröffentlicht einen ausführlichen
Bericht des Missionars Stenz in Südschantung, welcher,
wie die Germania resümirend bemerkt, die Meldung eines
anderen Blattes bestätigt, daß der Weltreisende Eugen
Wolf sich in China als Vertreter des deutschen
sandten ausgcgeben habe. Andererseits habe, sagt
Germania, Wolf den deutschen Missionaren geholfen,
schuldig Verfolgte unter stillschweigender Zustimmung des
Mandarinen aus der Haft zu befreien. Gegen die eigent-
lichen Mörder der Missionare werde nicht vorgegangen.
Die Post meldet: Das Verhalten des Reisenden Eugen
Wolf in Ostasien soll einer eingehenden amtlichen Unter-
suchung unterzogen werden.
Bad Nauheim, 19. Aug. Das Großherzogs-
paar von Hessen ist um 12 Uhr 53 Minuten hier
eingetroffen und hat sich zum Besuch Ihrer Majestät der
Kaiserin von Oesterreich nach der Villa Pracht be-
geben. Um 2 Uhr erfolgte die Weiterreise nach Butzbach.
Mainz, 19. Aug. Die Stadt ist in Erwartung des
Kaiserbesuchs prächtig geschmückt, namentlich gewährt
das Rheinufer mit seinen reich geflaggten Schiffen einen
herrlichen Anblick. Die Feststimmung macht sich schon
heute in den Straßen, die von zahlreichen Fremden belebt
sind, lebhaft bemerkbar. Den Glanzpunkt des Kaisertages
verspricht die Huldigung am Gutenbergdenkmal angesichts
des altehrwürdigen reichgeschmückten Domes zu bilden.
Baden. Konstanz, 19. Aug. Der Groß Her-
zog und die Groß Herzog in besuchten heute das
württembergische Königspaar auf Schloß Seefeld in
Rorschach.
Freiburg, 17. Aug. Zum Hofkaplan hat sich Erz-
bischof Dr. Nörber Hrn. Repetitor Nopp am Priesterseminar in
St. Peter erwählt, der schon vom verstorbenen Erzbischof Komp
in Aussicht genommen Wal.
— Die Mittheilung, daß der Kaiser zu den Rennen
nach Baden-Baden komme, wird von der Bad. Pr.
als falsch bezeichnet.


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Steuerdirektion zum Buchhalter der Bezirksfinanzve rwaltung
ernannt, bis auf Weiteres jedoch bei der Steuerdirektion zur
Dienstleistung belassen.
— (Tbeologi sche Vorprüfung.) Die im Spätjahr
d. I. abzuhaltende theologische Vorprüfung der evangelischen
Pfarrkandidaten soll DienStag, den 4. Oktober d. I., Vor-
mittags 8 Uhr, ihren Anfang nehmen. Gesuche um Zulassung
sind spätestens bis zum 2. September d. I. an den Evange-
lischen Oberkirchenratb zu richten. Alles Nähere besagt die
Bekanntmachung in Nr. HI des Kirchlichen Gesetzes- und
Verordnungsblattes.
Karlsruhe, 19. Aug. Im Höchsten Auftrag Ihrer
Königlichen Hoheit der Großherzogin begab sich der
Kammerherr Freiherr von Seldeneck nach Engelskirchen,
um der am vorigen Mittwoch stattgehabten Beisetzung des
verstorbenen Grafen Nesselrode-Ehreshoven beizuwohnen,
früheren langjährigen Obcrhofmeisters weiland Ihrer
Majestät der Kaiserin Augusta.

Aus Oesterreich.
^'"Wiener Blatt weiß zu berichten, daß Minister
Thun demnächst zurücktreten und durch Herrn von
ersetzt werden wird, der schon sein Vorgänger ge-
Aijs, v. Gautsch den mephistophelischen Badeni
der Oesterreich mit seinen Sprachenverordnungen
des Abgrnnds gebracht hat, glaubte man,
Aufgabe werde darin bestehen, die Verordnungen
H'tu ""lzuhcben und sich von dem slavischen Ent-
^s"Murm, der dadurch entstünde, wcgfegen zu lassen,
? >ein Nachfolger freie Bahn erhielte. Herr v. Gautsch
h°hi Zeutsch-patriotische Opfer nicht gebracht; er modelte
rr "n den Sprachenverordnungen herum, doch vermochte
r solche» nicht aus der Obstruktion hcrauszubringen,
tz^Meits wurden die Slaven sehr mißtrauisch. Seine
Md' ' beiden Rassen zu versöhnen, mißlangen voll-
^ren ""d so machte er dem Grafen Thun, einem „ge-
M Staatsmann", wie man ihn nannte, Platz.
Ms Thun hat bis jetzt absolut nichts erreicht, vicl-
lejjs.die schwierige Situation durch Schließung des öster-
Hen Reichsraths noch sehr verschlechtert.
s, ^nn nur Oesterreich für sich allein in Betracht käme,
man doch vielleicht trotz der miserabeln Verhält-
" sortwursteln. Aber es kommt auch das Ver-
fischen Oesterreich und Ungarn, die Einheit der
^Tischen Monarchie, in Frage und das macht die
Tij/°'.Mschen Verhältnisse um so viel gefährlicher, die
"vn um so viel drohender.
Utz EH ist im Jahre 1867 zwischen Oesterreich
ein sog. Ausgleich zu Stande gekommen, der
!ik^ Mide Reichshälften schärfer wie vordem von einander
aber dcch an der Einheit der Gesammtmonarchie
sesthielt, die u. A. durch ein einheitliches Zollgebiet,
H^Mbeitliche Vertretung nach Außen, ein gemeinsames
irii nrarkirt wurde. Die gemeinsamen Lasten wur-
Hkj/Mbrechend der damaligen Leistungsfähigkeit der beiden
-Misten in Prozenten festgesetzt.
Sitz ^ Ausgleich galt auf zehn Jahre, war also alle
> ö" erneuern. Zweimal ist das geschehen, das
dch ?.^lkdoch kam der gesetzliche Ausgleich nicht zu Stande,
kitzln'^ Reichshälftcn sich über ihren Antheil an den
ist . Minen Ausgaben nicht einigen konnten. Ungarn
.d"" Jahre 1867 finanziell sehr erstarkt,
blickt sich aber, dementsprechend zu zahlen, bean-
dii j? vielmehr immer noch die große Berücksichtigung
breißig Jahren im Hinblick auf seine damalige
^^ finanzielle Leistungsfähigkeit zuTheil wurde. So ist
Ausgleich nur provisorisch um ein Jahr verlängert
N ""d der Kaiser hat bestimmt, daß die Quote, d. h.
diesx^Mältniß der Leistungen der beiden Reichshälften, in
dve dM gleiche bleibe wie bisher. Ehe das Jahr
sonst "ber ein neuer Ausgleich geschlossen werden,
Herxs^Mut die Monarchie in zwei Staaten mit einem
setz s; Mause auseinander, wodurch ihre Gesammtkraft
in ki»^7"vächt würde. Oesterreich und Ungarn würden
r 'u dasselbe Verhältniß treten, in dem sich
so dxj M und Norwegen befinden. Die Gefahr ist eine um
kill sxz^"dtte, als Ungarn auf diesen Zustand hinarbeitct;
tz, j, gefährlicher Selbständigkeitskitzel treibt die Ungarn
^kiii staatsrechtliches Verhältniß zu Oesterreich zu
Edier'" "ts" Ungarn den thatsächlich vorhandenen
tzf d,Seiten in Oesterreich keine Rechnung trägt, sondern
kin Ausgleichsgesetz fußend verlangt, es müsse nun
^ier ^.Ausgleich in der vorgcschriebenen Form, d. h.
des österreichischen Parlaments statt-

sF

Insertionsgebühr
15 Vf. für die Ispaltige
Pclitzene oder deren Raum
Für hiesige Geschäfts- .nd
Privatanzeigen bedeutend
ermäßigt.
. Gratis-Anschlag
M, der Inserate auf den Plakat-
" tafeln der Heidelb. Zeitunz
und den Plakatsäulen.
Telephon-Anschluß Nr- 82.

y Heimkehr.
Erzählung von Paul Bliß.
. (Fortsetzung.)
- .»Aber N e "ur, sie dachte sich ihr Theil-
^rauf werden Sie machen, Herr Karl," sagte sie
Ms tzg bfilich," rief er lachend, „mir zu Ehren ist das Haus
»No N gestellt."
°°E^ste ,?^ben ja sehen" — weiter sagte sie nichts,
Nach E fisll in sich hinein.
Alz h^fi'gen Minuten war man am Ziel.
i?Mchen Ll-?" d.e Thür trat, hatte er kaum Zeit, all den
Meegen "E "nzusehen, denn schon trat Frau Melanie
ri^ Ue nur und reichte ihm beide Hände
u find eilend stand sie vor ihm.
h.ig mßte wortlos ihre beiden Hände und drückte
»Mtzi Kusse darauf. Dann sah er sie an und wie ge-
stumm „ er einen Augenblick da und konnte sie immer
voll.. -N^nuen, wie sie vor ihm stand, triumphirend
^es. r Schönheit und im Glanz ihres prächtigen Ge-
^^fibn^n^gstchelnd reichte sie ihm auf's neue die Hand,
!° aber ^^r LU führen.
aingx» s.nnhw ihren Arm, legte ihn in den seinen und
. Und - E hinein.
sich hjnpj Olte Liese stand draußen und lächelte wieder still
I agb» — nun wußte sie genug, diese Scene hatte
" -»ich?"s sie lange schon vermuthet hatte, — „na,
in^Mu EE? ste. „dem Karl gönn' ich's."
führte ihren Gast in den Salon, der eben»
»Hie s„u"^sttmen geschmückt war.
flr? Ihnen nur für alle die Liebe danken, ver-
n?vlu, die sie mir erwiesen haben," rief er in auf-
»Sieden Leerung.
" «w doch nicht von Dank, lieber Freund, — es

Ausland.
Frankreich. Paris, 19- Aug. General Zurlinden
bestimmte die Zusammensetzung des Untersuchungsgerichts,
vor dem der Major Esterhazy erscheinen wird. Den
Vorsitz des Gerichts wird General Florentin, Comman-
deur der 9. Infanteriedivision, führen. Das Datum des
Zusammentritts des Gerichts ist noch nicht festgesetzt, da
General Zurlinden den Mitgliedern desselben acht Tage
Zeit geben will, um die Akten zu studiren. (Esterhazy
wird sich als Offizier wegen seinen brieflichen Beschim-
pfungen Frankreichs und des französischen Heeres zu ver-
antworten haben.)
Amerika. Kuba, im August. InHavanna hat die
Unterzeichnung des Protokolls unter der spanischen Civil-
bevölkerung keineswegs den ungünstigen Eindruck gemacht,
den viele hier erwartet hatten. Im Gegentheil, diese
Elemente scheinen kaum ihre Genugthuung über die bevor-
stehende Einverleibung — von einer Unabhängigkeitser-
klärung wollen sie allerdings nichts wissen! — verheimlicht
zu haben, da sie sich von dem engen Anschluß an die
Vereinigten Staaten große materielle Vortheile versprechen.
Die Autonomisten stehen etwas verlegen da; doch dürften
die Radikalen nun wohl mit den Aufständischen gemeinsame
Sache machen. Die Regierung gab natürlich ihre Ent-
lassung. Eine gewisse Mißstimmung scheint nur in einem
Theile des Offizierskorps zu herrschen, das noch von
kriegerischen Lorbeeren träumte. Blanco und alle Generäle
baten um Entlassung, um nicht der Räumung beiwohnen
bezw. sie leiten zu müssen. Die Regierung befahl indes,
daß jeder vorläufig auf seinem Posten bleibe. Es handelt
sich um 1 Generalkapitän, 4 Generallieutenants, 9 Dioisions-
und 28 Brigadegeneräle. Man glaubt, daß bis Ende
Dezember die Räumung durchgeführt sein wird, sodaß mit
dem neuen Jahre auch die neue Verwaltung beginnen kann.
Alle Blockaden sind aufgehoben.
— Der Standard meldet aus Washington, die
amerikanische Regierung plant den Bau von 15 neuen
Kriegsschiffen, welche mit den neu zu erbauenden Trans-
portschiffen 50 Millionen Dollars kosten werden. 20 000
Geschosse sollen sofort beschafft werden.
Bom Leben in Havana.
In Havana ist wenig vom Kriege zu bemerken gewesen. Die
Geschäfte gingen schlecht, aber das kommt öfter vor; die Bevöl-
kerung lebte in altgewohnter Sorglosigkeit weiter. Die Theater
sind voll, in den Cafes bewegt sich eine heitere Menge und die
Damen führen ihr altgewohntes Leben nach wie vor, unberührt
von aller Aufregung. Während des Tages sieht man die Schönen
Havanas höchstens einmal in den Kirchen, vor den Altären
liegend, oder auf dem Wege zum Gotteshause, sie sitzen den
Tag über zu Hause, viel mit ihren Toiletten beschäftigt, fast
niemals die schönen schwarzen Augen einem Buch znwendend.
Erstaunt sah er sie an. Zum erstenmal entdeckte er einen
Zug an seiner Gönnerin, der ihm nicht behagte. Aber er
schwieg. Vielleicht hatte er sich getäuscht.
Dann lenkte sie das Gespräch wieder auf seine Arbeiten
und seine neuen Pläne, so daß er bald diesen kleinen Miß-
ton vergessen hatte.
Und draußen im Vorzimmer stand die alte Liese bei Fräu-
lein Böhm.
„Na, was sagen Sie, wie hat er Ihnen denn gefallen
Fräulem?" schwatzte die Alte.
„Ach, ein ganz netter Mann," sagte Fräulein Böhm-
„Wasl? Ganz nett? Na hören Sie mal Fräuleinchen,
dann verstehen Sie sich aber schlecht auf die Mannsleute!
Ich bin 'ne alte Frau, aber das können Sie mir glauben:
der Karl ist ein schöner Mann, schlankweg gesagt, ein schöner
Mann! und die Frau, die den mal kriegt, die kann von Glück
sagen, denn er ist nicht nur ein schöner Mann, er ist auch
ein braver, guter Kerl, der sein Weibchen glücklich machen
wird," — die Alte hatte so eifrig gesprochen, daß sie garnicht
bemerkt hatte, was mit Fräulein Böhm vorging.
Diese war über und über roth geworden, und drehte sich
jetzt um, ihre Verlegenheit zu verbergen.
Ach, so steht's dachte die alte Liese, — auch die hat schon
Feuer gefangen, na, dann kann's ja noch interessant werden. —
Nach Tisch kamen noch ein paar Gäste ins Haus, welche
die Frau Geheimrälhin gebeten hatte, und die natürlich neu-
gierig waren, den berühmt gewordenen Künstler wiederzusehen.
Auch der alte Hauptmann Flemming kam.
Die Unterhaltung ging flott von statten. Karl war der
Mittelpunkt, aber ein gutes Theil von Bewunderung ging
auch auf die Hausfrau über, die diesen neuen Stern am
Kunstbimmel entdeckt hatte; — freilich flüsterten auch einige
neidische Freundinnen von Verpflichtungen des jungen, hüb-
schen Künstlers gegenüber der noch immer schönen Hausfrau
und eine Mutter von drei heiralhsfähigen Töchtern meinte,
es wäre doch empörend, wenn diese Wittwe noch einmal
heirathen würde.
(Fortsetzung folgt.)

Aus der Karlsruher Zeitung.
— Mit Entschließung Großh. Ministeriums des Innern
ist der Aushilfsrevident Friedrich Götz in Schönau dem
Großh. Bezirksamt Mannheim als Revident beigegeben
worden.
— Mit Entschließung Großherzoalicher Steuerdirektion
ward- Erveditnrassi>te"t Ludwig Reuther bei Großh.
macht mir Freude, Ihnen zu helfen, und es ist mein größter
Stolz, daß ich zu Ihrem Glück habe beitragen können," —
strahlend sah sie ihn an.
„Ach, Frau Melanie, Sie sind das edelste, beste Geschöpf
auf Gottes Erdboden," und dankbar innig küßte er ihre
Hand — „es fist ja eine so schöne Sache, wieder mal einen
Menschen gefunden zu haben, der ohne Eigennutz ist."
Jetzt wurde ste verlegen und erröthete ein wenig, aber
nur einen Augenblick, gleich darauf überwand sie den kleinen
Zwischenfall und sagte mit vollendeter Liebenswürdigkeit:
„Aber nun kommen Sie endlich ins Speisezimmer, Sie
müssen ja halb verhungert sein."
Damit war ihm gedient, er hatte wirklich Hunger.
Als sie das Speisezimmer betraten, war Fräulein Böhm
eben mit dem Decken fertig geworden.
Es erfolgte eine kurze Vorstellung. Dos Fräulein ver-
beugte sich tief, wurde sehr roth und sah Karl nur einen
Augenblick an. Karl aber musterte sie genau und — viel zu
lange, fand Frau Melanie.
Bei Tisch mußte Karl von seinen Reisen, von seinen Er-
lebnissen und von seinen neuen Bildern erzählen. Die Haus-
frau hörte eifrig zu, sprach auch lebhaft mit, so daß die beiden
fast nur allein sprachen. Trotzdem aber fand Karl Zeit und
Gelegenheit, ost genug seine prüfenden Blicke auf das Fräu-
lein zu richten, was natürlich für Frau Melanie jedesmal
wie ein Stich wirkte.
Und darum auch wurde die Gesellschafterin gleich nach
Tisch fortgeschickt. „Geben Sie nur, Fräulein, den Thee be-
sorge ich selbst," sagte die Herrin leichthin.
„Was fehlt dem jungen Mädchen!" fragte Karl, als Fräu-
lein Böhm das Zimmer verlassen hatte.
„Aber was sollte ihr denn fehlen?" lächelte Frau Melani.
„Zu mir Hal sie über nichts geklagt."
„Nun, ich rathe Ihnen, schicken Sie das Fräulein zum
Arzt, sie ist krank, ich sehe es ihr an."
„Sehr gut, — Sie haben wohl auch nebenbei Medizin
studirt, daß Sie an dem Fräulein soviel Interesse nehmen?"
fragte sie mit leichter Ironie.
 
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