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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 2.1891

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Bucher, Bruno: Stilvolle Wohnungs-Einrichtung
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Papier-Tapete: Stoffmuster in japanischem Stil
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https://doi.org/10.11588/diglit.11379#0150

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Seite (28.

Illustr. kunstgewerbl. Zeitschrift für „I nn e n-D eko ra ti o n".

September-Heft.

es behaglich finde, daß das Familienleben dadurch gefördert, die
junge Generation unwillkürlich an Schönheit und Harmonie und
sittlich gefestetes Dasein gewöhnt werde usw. usw. Und in dem-
selben Athem stellten wir, von der besten Absicht durchdrungen,
allgemein giltige Regeln auf. Als ob nicht Geistesrichtung und

körperliche Anlagen, Zugendeindrücke, Bildungsgang, Gewohnheit
und Beschäftigung einem Jeden andere Bedingungen stellten! Die
gleiche Erziehung kann viel ausgleichen, aber nicht Alles, und das ist
ein Glück, in dieser wie in anderen Beziehungen; die Welt würde ja
entsetzlich langweilig werden, wenn wir sämmtlich denselben Geschmack,
die nämlichen Neigungen hätten, wie in den Romanen alle Männer
sich in ein Mädchen zu verlieben pflegen -— oder umgekehrt. Die
Wirkung von Farben und Farbenverbindungen auf die Netzhaut ist
ohne Zweifel verschieden bei
allen Individuen, wenn sich
das auch nur in besonderen
Fällen ausdrücklich Nachweisen
läßt; die Nerven des Einen
regt dasselbe wohlthuend an,
was dem Anderen Pein ver-
ursacht; den Maßstab für die
Größenverhältnisse hat von
jeher dem Menschen sein Aör-
per geliefert, aber nicht blos,
um Entfernungen nach Pal-
men, Spannen, Füßen, Ellen,

Mastern, Schritten zu messen,
sondern auch bei der Beurtheil-
ung der Verhältnisse der ein-
zelnen Theile eines Aörpers
zu einander oder zum Ganzen,
und man hat beobachtet, daß
schaffende Aünstler, ohne zu
wissen, die Proportionen ihrer
Figur auf die unter ihren
Händen entstehenden Gegen-
stände übertragen. Aurz- oder
Weitsichtigkeit nimmt Einfluß
auf die Raumbildung. Ver-
schiedene Völker haben ver-
schiedene Schönheits - Ideale.

Nnd wie viele Momente,
welche der Aufstellung eines
Geschmacksnormales wider-
sprechen, ließen sich noch auf-
zählen! Damit soll natürlich
nicht gesagt sein, daß es einer-
lei sei, wie die Zimmer tape-
zirt und mit Mobiliar besetzt
werden. Schon die praktische
Bestimmung des einzelnenRau-
mes zeichnet gewisse Grund-
sätze vor. Und wenn die durch diese Bestimmung erforderten Möbel
und Geräthe zweckmäßig gewählt und zweckmäßig geordnet sind, so
hat das Zimmer schon seinen Stil, so ist es wohnlich. Ihm diesen
Uarakter in höherem Grade zu verleihen, dazu gehört Talent, das
sich aber wecken und üben läßt. Da steht der Hausfrau das erste
Wort zu; zu ihrem Berufe gehört es, Alles behaglich einzurichten,
und ist sie eine echte Hausfrau, so wird sie es auch treffen, mit der
Zeit immer besser treffen, selbst wenn sie nicht im Stande sein sollte,
darüber mitzureden, wodurch die verschiedenen Stilperioden karakterisirt
werden. Ist so die Einrichtung das eigene Werk, ist sie von innen
heraus aus dem Bedürfniß entstanden, dann zeigt sie ein individuelles
Gepräge, ein Gesicht, das nicht zu den Dutzendgesichtern gehört; dann
ist sie auch mit der Existenz der Bewohner verwachsen, wird wohl
allmäligen Umwandlungen ausgesetzt sein, aber nicht mit Gleichgiltig-
keit abgelegt werden, wie ein abgetragenes Aleidungsstück. Eine selbst-
ständig und sinnig zusammengestellte Einrichtung hat etwas von dem
eigenen Garten, dessen Bestellung und Verbesserung eine unendliche
Quelle anregender Thätigkeit ist, dessen Blumen am duftigsten sind,

dessen Früchte am besten munden. Sie hat in sich selbst den Schutz
gegen die Willkür der Tagesmode, und sie allein kann uns vor der
Uniformität und Uarakterlosigkeit bewahren, welche die unvermeidlichen
Folgen der Herrschaft des Stils auf Bestellung sind. (wiener Mode.>

Wapiex -^Eaziete.

I-toffmuster in japanischem ^til.

(Siehe unsre heutige Beilage.)

die im vorigen und Anfang dieses Jahres unseren
Lesern gebotenen Muster von Handdrucktapeten allgemeinen
Beifall gefunden, fügen wir unserm vorliegenden Heft wie-
derum ein Tapetenmuster, jedoch in Maschinendruck-Herstellung bei,

welches seiner billigen An-
schaffungskosten , dabei aber
großen Originalität halber
sicher noch ausgedehnteren An-
klang als die früheren Muster
finden wird. Der Entwurf
dieser Tapete stammt aus
dem Atelier des auch unseren
verehrten Lesern durch früher
schon wiedergegebens Zeich-
nungen bekannten Malers
Aug. Hochstätter in München,
die Tapete selbst ist in der
rühmlichst bekannten Tapeten-
fabrik von T. Hochstätter 6c
Söhne in Darmstadt ausge-
führt.

Das Tapetenmuster ist als
im „japanischen Stil" gehal-
ten bezeichnet, könnte aber mit
vollem Recht „Rokoko-Ja-
panisch" genannt sein, denn
es ist bekannt, daß zur Zeit
des Rokoko eine Masse kunst-
gewerblicher Erzeugnisse aus
Japan und Thina nach Eu-
ropa, und namentlich nach
Frankreich eingeführt wurden,
welche die damalige Aunst-
richtung in mancher Beziehung
beeinflußten. Wir erinnern nur
an die zahlreichen und ver-
schiedenartigsten kostbaren Por-
zellanvasen und sonstigen Por-
zellan-Gegenstände, sowie an
die prachtvollen Lackarbeiten,
welche durch Form und fan-
tastischen Schmuck Aufsehen er-
regten und in keinem reicheren
Salon fehlten. Aein Wunder also, wenn diese fremdartigen fantast-
ischen Gebilde in den der Fantasie ebenfalls großen Spielraum ge-
währenden, an graziösen und malerischen Formen reichen Rokokostil
gerne ausgenommen wurden und so für gewisse Dekorations-Gegen-
stände eine Stilmischung entstand, welche, wie unsre Beilage zeigt,
ein eigenartiges, aber interessantes Gepräge erhielt.

Daß mit so wenigen Mitteln, mit nur vier Farben, so
außerordentlich reiche Effekte erzielt werden können, ist ebenfalls em
Beweis für die Lebenskraft dieser von den Engländern schon lange
als Spezialität kultivirten Stilmischung, aber auch ein Beweis, wie
sehr geschickt der Erfinder des Musters die gegebenen Mittel zu ver-
wenden verstanden hat.

Die Tapete eignet sich für jede Art von Zimmern, mit Aus-
nahme des Salons, gleich gut und ist in verschiedenartigsten Farben-
stellungen zu allen Möbelstoffen passend in allen besseren Tapeten-
geschäften Deutschlands und des Auslandes erhältlich. Unser Muster
zeigt die Tapete mit der dazu passend gezeichneten Bordüre in 1/1»
natürlicher Größe.
 
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