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Die Republik — 1849

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No. 1 - No. 26 (2. Januar - 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0061

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Erſtheint CZartags auüggeen. ; . f g' 1 Iunmuutt: c;
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berg vierteljäßrig 45 kr...
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fle.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kxr.







„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'“

Berner; auswärts bei
allen Poftämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

1 Ns s w g? rig! gti . Beftellung wirv gemacht in

i C V L. €. D t . H © ff. Heidelberg in der Buch-
“ H d y i ; î_ druckerei von Renner n.

j: cpu 1 «> Wolff und bei Kaufmann





V 158 Donnerstag,

Die Revolution der Uugarnu (Ma-
gvyaren.)

Aus einem längeren , mit großer Kenntniß geschriebenen
Aufsatze, den die N. Rh. Ztg. über die Ursachen und Folgen
der ungariſchen Revolution mittheilt, entnehmen wir folgende
Stelle, die ein klares Bild von den dermaligen Zuſtänden Un-
arns gibt : !
§ Jû Osterreich, abgesehen von Polen und Italien, haben
die Deutschen und die Ungarn im Jayr 1848 wie ſeit tausend

Jahren ſchon, die geſchichtliche Initative übernommen. Sie ver- |

treten die Rev oluti on.

Die Südslaven, ſeit tausend Jähren von Deutſchen und
Magyaren ins Schlepptau genommen, haben sich 1848 nur
darum zur Herſtellung ihrer nationalen Selbſtändigkeit erhoben,
um dadurch zugleich die deutſch-magyariſche Revolution zu un-
terdrücken. Sie vertreten die Geg e nre volut ion. Ihnen
haben ſich 2 ebenfalls längst verkommene Nationen ohne alle
geschichtliche Aktionskraft angeſchloſſen : die Sachſen und Ru-
manen Siebenbürgens. '

Das Haus Habsburg , das seine Macht durch die Ver-

einigung der Deutschen und Magyaren im Kampf gegen die
Südtslaven begründete, friſtet die letzten Momente seines Da-
seins jetzr durch tie Vereinigung der Südſlaven im Kampf gegen
die Deutſchen und Magyaren.

Das iſt die politiſche Seite der Frage. Nun zur mil.-
tärtſchen. f

y juen.. von den Magyaren ausſchließlich bewohnte Gebiet
macht noch nicht ten dritten Theil von ganz Ungarn und Sie-
benbürgen aus. Von Preßburg an, nördlich von der Donau
und Theiß, bis an den Rücken der Karpathen hin, wohnen
mehrere Millionen Slovaken und einige Ruthenen. Im Süden,
zwischen der Sau, Donau und Drau,, wohnen Kroaten und
Slavonier; weiter öſtlich, längs ter Donau, eine serbiſche Ko-
lonie von einer halben Million. Diese beiden s!aviſchen Striche
werden vcrbunden durch die Walachen und Sachſen Sieben-
bürgens.

Von drei Seiten her ſind die Magyaren also von natür-
lichen Feinden umringt. Die Slovaken, die die Gevirgspäſſe
inue haben, würden bei ihren zum Parteigängerkriege vortrcff-
lichen Gegenden gefährliche Gegner sein, wcnn |ie nicht so
gleichgültig wären.

So aber haben die Magyaren von Norden her bloß die
Angriffe der aus Galizien und Mähren hereingebrochenen
Armeen auszuhalten. Im Often dagegen standen die Ruma-
nen und Sachsen in Maſſe auf, und ſchloſsſen fich an das
dortige öſterreichiſche Armeekorps an. Ihre Stellung iſt vor-
trefflich, theils wegen der gebirgigen Natur des Landes, theils
und t; tts weil sie die meiſten Städte und Feſtungen
inne haben. ;

Iin Süden endlich find die Serben des Banats , von

18. Januar..



1.849.

| deutschen Koloniſten, von Walachen und ebenfalls von einem

öfterreichiſchen Korps unterſtützt, durch den ungeheuern Moraſt
von Alibunar gedeckt und faſt unangreifbar.

Die Kroaten ſind durch Drau und Donau gedeckt und da
ihnen ein ſtarkes öſterreichiſches Heer mit allen Hülfemitteln
zu Gebote ſteyt, so rückten ſie ſchon vor dem Oktober auf ma-
gyariſches Gebiet vor und halten jetzt ihre Vertheidigungslinie
an der untern Drau mit leichter Mühe..

Und von der vierten Seite endlich, von Ocſterreich her,
rücken jetzt Windiſchgrätz und Jellachich in geſchloſſenen Ko-
lonnen vor. Die Magyaren ſind von allen Seiten von einer
enormen Uebermacht umzingell.. .

Der Kampf erinnert an den Kampf gegen Frankreich im
Jahre 1793 Nur mit dem Unterſchied, daß dem dünnbeyöl-
kerten und nur halbcivilisſirten Magyarenlande bei Weitem
nicht die Hilfsmittel zu Gebote ſtehen, wie damals der franz.
Republik. ; :

p Die in Ungarn fabrizirten Waffen und Munitonen mi-
ſen nothwendig von sehr ſchlechter Veschaffenheit sein; die
Fabrikation besonders der Artillerie kann unmöglich raſch von
Statten gehen. Das Land iſt lange nicht so groß als Frank-
reich, und jeder Zoll verlorenes Terrain iſt daher ein viel
größerer Verluſt. Es bleibt den Magyaren nichts als ihr re-
volutionärer Enthuſiasmus, ihre Tapferkeit und die energiſche,
ſchnelle Organisation, die ihzen Koſſuth geben konnte.

Aber darum hat Obſterreich noch nicht gewonnen. „Wenn
wir die Kaiſerlichen nicht an der Leitha ſchlagen , so schlagen
wir ſie an der Rabnitz; wenn nicht an der Rabnitz, schlagen
wir ſie bei Peſthz wenn nicht bei Peſth, ſo schlagen wir ſte
an der Theiß , aber wir ſchlagen ſie jedenfalls.! So ſagte
Koſſuth, und er thut sein Möglichſtes um Wort zu halten

Selbſt mit dem Falle Budapeſths bleibt den Magyaren
noch die große niederungariſche Haide , ein Terrain, das für
einen Cavallerie- Parteigängerkrieg wie gemacht iſt, und das
zahlreiche faſt uneinnehmbare Punkte zwischen den Sümpfen
bietet, wo die Magyaren ſich feſtſezen können. Und die Ma-
gyaren, die faſt alle beritten ſind, besigen alle Cigenſchaften,
um dieſen Krieg zu führen. Wagt ſich die kaiſerliche Armee
in dieſe wüſte Gegend hinein, wo ſie all ihren Proviant aus
Galizien oder Oeſterreich beziehen muß, weil fie nichts, gar
nichts vorfindet, ſo iſt nicht abzusehen, wie ſie sich halten will.
In geschloſſenen Corps richtet ſie nichts aus; und löſt ſie ſich
in fliegende Schaaren auf, so ift ſie verloren. Ihre Schwer-
fälligkeit würde sie den raſchen magyariſchen Reiterſchaaren
unxettbar in die Hände liefern, ſelbſt ohne Möoglichteit der
Verfolgung , da wo ſie ſiegen sollte; und jeder versprengte
Kaiserliche fände in jedem Bauer, jedem Hirten einen Tod-
feind. Der Krieg in diesen Steppen gleicht dem algierischen
Kriege, und die plumpe öſterreichiſche Armee würde Jahre ge-
brauchen, um ihn zu beenden. Und die Magyaren sind ge-
rettet, wenn sie ſich nur ein paar Monate halten.

Die Sache ver Magyaren ſteht lange nicht so ſchlecht,
als der bezahlte ſchwarzgelbe Enthuſiasmus glauben machen
 
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