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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-

berg und Ungegend monatl. D) § li b [ :! (
15 kr., vierteljährig 45 tr. ;
Durch die Poſt bezogen im ; te cep n ! U..,

ganzen Großh. Baden 1 fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
Einzelne Nummern 2 kr.

Gs

N~ 134.





„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.''

Beſtelung wird gemacht in
Heidilberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kaufmann Berner,
Porzelanmaler Wa gn e r;
auswärts bei allen Poſtäm--
tern. Briese werden
frankirt erbeten.









Dienstag, 12. Juni

: 1849.



Deutſchland.

+ Heidelberg, 1 1. Juni. Nachdem der König
von Preußeu eine neue Reichsverfaſſung allerhöchſt
eigenmächtig zu Tage gefördert hat, wollen die politi-
ſchen Freunde: Dablmaun , Gagern, Mathy, Soiron
und andere weiſen und ehrenhaften Männer, die ſo glanz-
voll in Frankfurt ſcbon abgeſtunken ſind, aufs Neue
wieder an der Politik ſich betheiligen. Sie laden deß-
halb zu einer Zuſammenkunft in Gotha ein. Dies
kommt einem g.rade vor, wie wenn ein naſſer Pudel,
den man mit einem Fußtritt aus dem Hauſe gejagt
hat, wieder kommt uud winſelud au der Thüre um
Einlay kragt.

*“. ~ 11. Juni. Die infame Unverſchämtheit des
bluttriefenden Mannes mil der halbzerbrochenen Krone
in Berlin beweist aufs Neue die von ihm ausgeheckte
preußiſch - deutſche Verfaſſung und vor Allem deren
Wathlgeſez. Nach dieſem Wahlgeſetz bekämen elf
Zwölftel der ganzen Nation nur halb ſo viel Stim-
men, als ein Zwölftel der Höchſtbeſteuerten. –. Das
heißt doch die Unverſctämtheit ins Aſchgraue treiben.
Aber man wird dieſem gekcönten Kerl das Handwerk
legen.

gen Es hat ſich jetzt herausgeſtelt, daß in Dresden
1 650 Soldaten und 1200 vom Volke gefallen ſind.
Verhältnißmäßig wohl der blutigſte Barrikadeukampf
der neuern Zeit. – Das in Leipzig garniſonirende
Sct üitzenbatailon wurde beinahe ganz aufgerieben. –
Schnell ſteckte die Regierung andere Soldaten in die
Scbützenuniformen , um deren Verluſt vor dem Pu-
blikum zu verbergen; allein als die neuen Schützen
in Leipzig einrückten, wußten ſîe nicht einmal ihre
Kaſerne zu finden.

So ſtreut man auch in dieſer Beziehung dem Volk
Sand in die Augen. Lug und Trug iſt das Element
der Fürſten.

S Seidelberg, 1 1. Juni. Vom Kriegsſchauplatz
nichts Neues. Uuſere Truppen bivouakiren an der Grenze.
Ob ſte dort einen Angriff erwarten oder vorbereiten,
iſt nicht zu beurtheilen. So viel aber iſt gewiß, daß
noch ſelten eine Armee von ſolch em Kriegsmuthe durch-
drungen war, wie unſer Volksheer. Die Soldaten
ſînd kaum wehr zu halten, und das 2. Regiment ſoll
neulich nur durch Androhung des Standrecktts bewogen
worden ſein, eine im Operationsplan gelegene rück-
Hängige Bewegung zu machen. Einſtimmig iſt der
Ruf: gegen den Feind geführt zu werden. Möge
dieſer Ruf so bald als möglich ertönn?

D l] 11. Juni. Die von uns bereits mitgetheilte
Antwort der provisoriſchen Regierung an die Deputa-
tion des Klubbs für entſchiedenen Fortſchritt beweist
am Beſten, wie heilſam es iſt, die neuen Behörden
anzuſpornen, ſtatt ihnen unbedingt zu huldigen. Es iſt
wahrhaftig beſſer, wenn rine proviſoriſche Regierung
von der demokratiſchen Oppoſition getadelt, als wenn
sie von der Reaktion wegen ihrer Milde gelobt wird.
Getrieben durch die Oppoſition ihrer eigenen Partei,
findet ſie in dieser Opposition ſelbſt eine Rechtfertigung
1hrer energiſchen Maßregeln den ängſilichen Seelen
gegenüber, auf welche ſtets so viel Rückſicht genommen
wird. Und aus dieſem Grunde hauptsächlich iſt es

nicht blos im Wunſche, ſondern auch im Interesse der
proviſoriſchen Regierung gelegen, daß man Oppoſition
gegen ſie macht; vorausgeſettt, daß dieſe Oppoſition
nicht reaktionärer Natur iſt. !

s Heidelberg, 1 1. Juni. (Correſp.) Nicht ein-
geweiht in die militäriſcheu Operationen des Kriegs-
rathes kanu ich mir natürlich auch kein Urtheil über
den fortwährenden Stillſtand unserer Truppen an-
maßen. Jedoch ſoviel weiß ich, weil es eine natur-
nothwendige Folge iſt, daß alles Stilleſtehen verderb-
lich und zu Grunde richtend iſt. Entweder es muß vor-
wärts, oder es muß rückwärts gehen; und da wir, um
wiederholte feindliche Ueberfälle zu vermeiden, die
Truppen nicht rückwärts bewegen können , müßen wir
ſie vorwärts gehen laſſen. Es wird dadurch einmal
dem Verlangen der Soldaten gewillfahret, wird dem
Auseinanderlaufen von ganzen Kowpagnien, wie es
z. B. die vierte des Heidelberger Aufgebotes gethan,
vorgebeugt, wird der Strich zwiſchen hier und Wein-
heim nebſt den umliegendeu Orten nicht bis auf den
lesetn Tropfen Mark ausgeſogen und wird überhaupt
die Sache von uureinen Elementen gereinigt, die bein
Stillſtand immer mehr und mehr um ſich greifen und -
furchtbaren Schaden anrichten.

Jeder, der nicht ruhiger Bürger, oder was das
gleiche, Filiſter iſt, ſieht dies mit mir ein und wird
eher unsern jetzigen Pcäſidenten Brentano ſtatt Struve
anklagen. Letzterer fah die Schrecken der Ruhe ein
und wagte es darauf aufmerkſam zu machen; die Sol-
daten wurden herbeigezogen und er wurde mit ſeinen
Freunden sunfchädlich» gemacht. Nicbts deſtoweniger
wurde dieſer Verhaftungsaft von der Reaktion ſo aus-
gebeutet, daß Struve Schuld an dem Zurückziehen der
Truppen und deßwegen auch an der Unterkaſſung des
Ungriffs ſei. Dies erbitterte die Truppen und im Au-
genblicke als dies ſchmähliche Gerücht unter ihnen aus-
gesprengt wurde, ſchleuderte man im Lager bei Hed-
desheim den Fluch auf den Mann, der gerade das
wollte und darauf drang, was die Soldaten allgemein
wünſchten. Die Revolutionszeit begreifend will Struve
den Krieg, und die Revolutionszeit nicht begreifend,
will Brentano die Ruhe. Deßwegen wurde er auch
in Karlsruhe neben einem Welker, Häußer und Lamey
als Kandidat zur konſtit. Verſammluug von der Bour-
geoiſie vorgeſchlagen, woraus klar hervorgeht, daß
er wie ſie auf dem Wege des Geſetzes zum Ziele zu
gelangen meint. Mag sein Wille redlich ſein, fo
taugt aber seine Einſicht nicht in dieſe aufgeregte Zeit
und wird dieser von ihm eingefchkagene Weg weiter
verfolgt, will man mit ihm den Krieg vermeiden , sq
wird und muß dies zu viel ſchrecklicherem Kampfe füh-
ren. Oder glaubt er vielleicht auf vermittelndem Wege
die Sache auszugleichen und ſich und ſeine Anhänger
dadurch aus der Schtinge zu ziehen ? dann wehe allen,
die nicht im Ruſe eines ruhigen Bürgers ſtehen! und
ſelbſt diefe werden in ihrer Ruhe nickt unſanft geſtört
werden, denn nicht wie das Volk verfährt ein gereizter
Fürſ. Menſchlich gegen einen Menſchen heißt darum
auch heute unmenſchlich gegen die Menſchen ſein.

Jenem ruhigen Verfaßren gezenüber, das in der
conſt. Verſammlung in Brentazo wahrſcheinlich seinen
Hauptvertreter findet, mäßen wir ein Gegengewich
 
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