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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0528

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setzen und da wir nun eine zweite Wahl vorzunehmen
haben, können und dürfen wir keinen . andern als
Struve wählen. Lassen wir uns darum nicht durch
die Reaktion irre machen, die ganz gut in dem Ver-
fahren Brentanos den alten Staat wiederhergeſtellt
fieht und deßhalb unter dem Mantel der Reichsver-
faſſung die tüchtigſten Männer verdächtigt, sondern
zeigen wir, daß wir so gescheit wie sie einsehen, wo-
hin ihr Treiben führt und iſt Eine Wahl vorzunehmen,
ſo gebührt ſie Struve und ſollten wir auch einen
zweiten wählen müßen, ſo kommen wir auch hierin
auf unsere früher vorgeſchlagenen Kandidaten zurück.
Neben Struve waren es Scheibel und Blind und um
nur keine Splitterung in den Stimmen hervorzurufen
und den Gegnern dadurch zum Siege zu helfen, hat
Scheibel auf die Kandidatur verzichtet und wir wäh-
len alſo: Struve und Blind.

Heidelberg, 1 1. Juni. Die neugewählte Regent-
ſchaft von Deutſchland erläßt folgende Proklamation:
An das deutsche Volk!

Die bisherige proviſoriſche Centralgewalt hat ſich,
im Widerſpruch mit den ihr nach dem Geſetze vom
928. Juni v J. obliegenden Pflichten, beharrlich ge-
weigert, die Reichsverfaſſung durchzuführen, und alle
dahin zielenden Beſchlüſſe der deutſchen Nationalver-
sammlung unbeachtet gelaſſen. Sie hat es trotz mehr-
facher Mahnung verabſäumt, die Erhebung der deut-
ſchen Volksſtämme zu Gunſten der Reichsverfaſſung
zu unterſtäten und den Regierungen entgegenzutreten,
die ſich anmaßten, wit offenem Friedensbruche dem
deutſchen Volke eine Verfaſſung und ein Wahlgesetz auf-
zuzwingen.

Die verfassunggebende deutsche Reichsverfassung hat
aus dieſen Gründen in ihrer Sitzung vom 6. Juni
d. J. beſctloſsen : y; §

«Die bisherige Centralgewalt ihres Amtes zu ent-
heben und eine Regentschaft für Deutſchland ein-
zusetzen, die in allen Angelegenheiten, welche die
allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt Deutschlands
betreffen, die vollziehende Gew alt zu üben hat.

Wir, die Unterzeichneten, ſind von den Vertretern
der deutſchen Nation zur Regentſchaft für Deutschland
ernannt worden. Es ſind uns die Pflichten und Ve-
fugniſse der bisherigen Centralgewalt, die Durchführung
der Reichsverfaſſung und die Vollziehung der Beſcblüſſe
der Nationalverſammlung übertragen worden. Für
unsere Handlungen sind wir der Nationalverſammlung
verantwortlich. .

Deutſche! Wir haben dem Rufe Eurer geseglichen
Vertreter Folge geleiſtet im feſten Vertrauen auf unſere
gerechte Sache.

Die Zuſtände unseres Vaterlandes erheiſchen raſches
Handeln. Es gilt das Heiligſte, die Freiheit und Ehre
des deutſchen Volkes zu retten vor maßloſen Uebergriffen
der rohen Gewalt. U -

Wir werden alle unſere Kräfte aufbieten, den Bür-
gerkrieg abzuwenden und auf friedlichem Wege die
deutſche Einheit und Freiheit zu erreichen; wir werden
aber, wenn es zur Erreichung dieses Zieles nöthig iſt,
der Gewalt Gewalt entgegenstellen. Hunderttauſende
aus allen Theilen des Vaterlandes haben feierlich ge-
lobt, Gut und Blut für die Reichsverfaſſung einzuſetzenz
wir werden ſie auffordern, in jenem Falle ihr Mannes-
wort zu löſen. :

An Euch, dentſche Krieger, noch ein besonderes Wort!
Das Gesetz giebt uns die Oberleitung der gesammten
bewaffneten Macht Deutſchlands; es überläßt uns die
_ Ernennung der Oberbefehlshaber. Ihr, deutſche Krie-

ger, werdet dem Geſetz gehorchen, deſſen wohlbewaffz

neter Arm ihr seid. Offiziere, Unteroffiziere und Sol-
daten der Volkswehr und des ſtehenden Heeres, weß’
Grades Ihr sein mögt, Ihr werdet Alle wetteifern in
pünktlichem Erfüllen der Befehle, die wir und die von
uns ernannten Befehlshaber Euch zukommen laſſen.
Ihr werdet des Wahlſpruchs jedes Kriegers eingedenk

sein: Treue dem Geſelz, Gehorſam seinen Vollſtreckern'!

Nacbdem mit dem heutigen Tage der Befehl über
die Reichstruppen, welche bisher der proviſoriſchen
Gentralgewalt verpflichtet waren, in unsere Hände über-
gegangen, wird jeder sernere Gehorſam gegen Befehle
der bisherigen provisoriſchen Centralgewalt als Treus-
bruch gegen das Geſsetz geahndet werden. ;

Deutſche! In verhängnißvollem Augenblicke wenden
wir uns an Eucb. ;

Noch iſt es Zeit, durch unsere eigene Kraft des
Vaterlandes Größe, Einheit und Freiheit zu retten, ihm
Achtung zu verſchaffen nach Außen und Frieden im
Innern! Noch iſt es Zeit, unter den Bürgſchaften der
deutſchen Reichsverfassung eine auf Freiheit gegründete
Orduung der Dinge wieder herzuſtellen.

Ruhe und Frieden, die unerläßliche Bedingung des
Erblühens von Handel und Gewerbe, werden nicht
eher zurückkehren, bis der unvermeidliche Kampf zwi-
ſchen dem Absolutismus und der Freiheit zu Gunſten
der Freiheit beendet iſt. Steht Alle zu uns mit
Eurer vollen Willens - und Thatkraft! Der gerechten
Sache iſt der Sieg gewiß. j

Stuttgart, den 7. Juni 849.

Die Mitglieder der deutſchen Reictsregentſcbaft :
Franz Raveaux, Carl Vogt, Heinr. Simon,

Friedrich Sh üler, Auguſt Becher.

Karlsruhe, 8. Juni. Nachſtehendes ſind außer
den bereits mitgetheilten die bisher bekannt gewordenen
Resultate der Wahlen für die konſtituirende Versamm-
lung:

Il. Wahlbezirk (Radolfszell, Stockach, Engen, Hüs
fingen): Brentano; Ganter, Pfarrer in Méoößfkirch ;
Welser, Lehrer daſelbſtz Au (Josef) in Alwmendshofen.

IV. Wahlbezirk (Waldshut, Blumenfeld, Bonndorf,
Stühlingen) : Friedrich Hecker; Dietrich, Bürgermeiſter
in Hilzingen; Weishaar von Lottſtätten; Hillmann,
Bürgermeiſter in Bonndorf.

IX. Wahlbezirk (Ettenheim, Lahr, Haslach , Wolf-
ach): Stehlin, Anwalt in Ettenheim; Dung , Apo-
tbeker in Kippenheimz Grieshaber in Haslach ; Roos,
Bürger in Lahr.

X]. Wahlbezirk (Achern, Bühl, Kork, Rheinbiſcbofs-
heim): Richter in Achern; Hummel, Müller in Diers-
heim; Roos, Bürgermeiſter in Riehl; Berger, Bürger-
meiſter in Bühl. z

XV. Wahlbezirk
Theil von Philippsburg) : Schlatter , Pfarrer in Mùhl-
bach ; Hetter, Lehrer in Flehingen ; Pelliſier, Advokat
in Bruckſal; Karl Dänzer von Odenheim. :

XVI. Wadlbezirk (Wiesloch, Heidelberg, Weinheim) :
Peter; Lehlbachz Dr. Gallus Maier in Heidelberg ;
Bronner, Arzt in Wiesloch.

(Bretten, Eppingen, Bruchsal,

HYll. Watlbezirk (Raſtatt, Baden, Gernsbach]:
Wolff, Anwalt in Baden; Augenſtein, Landwirth in
Bietigbeimz Schneider, Hauptmaun in Raſltatt; Weil,
Zivilkommiſssär in Gernsbach. | ue

.

VIII. Wahlbezirk (Emmendingen, Kenzingen, Walds-
hut): Kiefer, Fabrikant in Emmendingenz . Chriſtof
Kreglinger, Poſthalter in Emmendingen; Roſtwoog,
praftiſcher Arzt in Herbolzheimz Reich, Anwalt von
Bucb holz. .. rd. 3 ;

Von der Pfinz, 6. Juni. Das krebsfüßige Spieß-
bürgerthumn und deſſen Generäle sind unerſchépflich in
der Erfindung von allerhand Lügen , welche bezwecken
ſollen, das Landvolk aufzuhetzen und so das Einrücken
des erſten Aufgebots zu verhindern. Hier ein neues
Müſterlein von ſolchen Lügen. Geſtern begleitete ein
Herr von Durlach einige. Landleute vor die Stadt

hinaus und nannte ſich Bürger Steinmetz, Mitglied

des Landesausſchuſſes. Dann offenbarte er den guten
Leuten seines Herzens Beſorgniß, daß es nämlich bei
der jetzigen Regierung übel zugehe. Bürger Blind sei
mit 60,000 fl. nach Paris gereiſt, um Gewehre zu
kaufen, komme aber nicht mehr zurück; ebenſo ſei Herr
Struve mit 40,000 fl. durchgegangen un.
 
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