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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteliährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen mm
ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.







Die Repub

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.“

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.

ik.





n- 71.

_ Sanmſícſtag, 2/4. März.

1849.



Deutſchlanne.

*zeidelberg, 23. März. Die Aussage des Reiſen-
den, die wir geſtern erwähnten war richtig. Welkers Antrag
fiel mit 283 gegen 252 Stimmen durch. In Folge dieses
unerwarteten Reſultates h a ben Herr von Gag ern und
die übrigen Reichs-Miniſter ihr Amt nieder-
gelegt! | |

Freiburg , 20. Insbesondere, ſprach Struve in ſei-
ner Rede, über die von Brentano aufgeworfene Formfrage,

î lege ich in fünf Puncten feierliche Berwahrung ein. Erſtlich

dagegen , daß, nachdem ich tie ganze Härte des sogenannten
Kriegsgesettees empfunden, auch tie Strenge des „Friedens-
rechts empfinden, daß ich früher zum Kriegsgefangenen erklärt,
nun auch noch als Unterſuchungsgefangener gelten soll. Zwei-
tens: gegen mannigfachen Eingriffe, die ſich höhere Staatsbe-
ämten, ins besondere der Miniſter Bekk, in den Gang der
Unterſuchung erlaubte. Drittens: gegen die mannigfachen
Mißyhandlungen, die ich im Laufe des Berfahrens gegen mich
gu erdulden hatte. Viertens: gegen die Zerſtückelung des gro-
Pen Prozeſſes „Me publi k geg en Monarch i e“ in meh-
rere kleine Prozeßchen gegen einzelne Republikaner. Fünftens:
endlich gegen die Verwerfung ſämmtilicher von mir angetre-
tenen Vereistmittel. .41 )zgüszg44 s. 116.1
_ Laſſen Sie mich zur thatſächlichen Begründung übergehen.
Als Piſiſtratus, der Tyrann von Athen, seine Gegner, die
Republikaner, beſiegt und in die Flucht geschlagen hatte ſandte
er ihnen Hecolde nach, die ihuen ankünden sollten, daß ſie un-
gefährdet in ihre Heimath zurückkehren könnten.
Dionysius von Syracus vergab dem Republikaner Möres.
Die Tyrannen des Alterthums besaßen ſo viel Schaamgefüyl,
zu erkennen, es sei hart für ein Volk, ihr Joch tragen zu müſ-
sen, doppelt hart , nach einer Nie erlage.
Die chriſiliche Monarchie im 19 Jahrhundert aber ſteht
auf einem andern Standpunkte. Nicht nur durch ihre eigene,
ſondern durch die Waffenmacht, auch anderer verbrüderter
Zürſten, drückt sie die Freiheitsbeſtrevbungen des Volkes nieder,
und müßte sie nach Asten hinein greifen, wie wir es ge,en-
wärtig in Siebenbürgen sehen. Sint die Freiheitsbeſtrebungen
des Volkes mit Kartäiſchen niedergeſchmettert, dann folgt erſt
das ruhige Walten der Rache; da kom.nen die sogenannten
Nacheinrrücke, die Einquartirungslaſten, die Juſtizverfolgungen
c. Alle rieſe Qualen haben wir empfunden in der furcht-
barſten Einwirkung. Daß wir bei Steinen , bei Freiburg , und
bei Staufen mit Kugeln begrüßt wurden, finde ich bei den
damaligen Verhältniſse einigermaßen entſchuldbar. Doch damit
hatten die Verfolgungen nur begonnen. cz
_ Als das Drama ausgespielt und ich mit meinem Freunde
gefangen war, erklärte man uns, die Weisung zu haben:
„êweun Einer von uns ſich rühre, oder auch ohne unſer
Zuthun von Außen ein Angriff erfolge, uns so-



fort nieder zu ma <en.“ Diese Erklärung wiederholte
man uns in Steinen, in Müllheim, Schliengen und Freiburg.
Daß wir hier noch ſtehen und am Leben ſind, iſt demnach ein
reiner Zufall. Die Wayrſcheinlichkeit ſprach dafür, daß wir
niedergemacht würden. Wären wir eine halbe Stunde früher
in Buggingen angekommen, so wäre ein Angriff von Außen
ohne alles Zuthun der Gefangenen erfolgt, und das Todes-
urtheil an ihnen vollſtrect worden. Wir haben das Kriegs-

| recht in seiner ganzen Strenge empfunden. Iſt es gerecht, iſt

es billig, daß hintenher noch nach dem Friedensrecht gegen
uns verfahren wird. Vor dem Kriegsgerichte in Müllheim
wurde uns ausdrücklich erklärt, wir seien Kriegsgefangene und
würden als ſolche behandelt werden. Unter den Gefangenen
befand sich auch meine Frau und zwei Männer, die nur zu-
fälig zu uns gekommen waren. Als ich den die Escorte
commandirenden Oberlieutenant Müller hierauf aufmerkſam
machte, entgegnete er, ſeine Weiſung laute unbedingt, Alle ohne
Ausnahme nierermachen zu laſſen. Ja, ich habe Grund zu
gl..uben, daß ich bis auf tieſen Augenblick noch als Kriegsge-
fangener beirachtet werde. Jene Ertlärung des Kriegsrechtes
iſt noch nicht zurückgenommen, und auch tie Anſtalten seit mei-
ner Gefangennehmung berechtigen mich zu dieſer Annahme. In
Rastatt hörte ich jeden Tag die Wache unter meinem Fenfter
das Gewehr laden, was bei keinem der andern Gefangenen

| geschah. Man hat das Kriegsrecht gegen uns angewandt und

will jeßt auch noch das Friedensrecht gegen uns geltend ma-
chen. Meines Erachtens geht das nicht an, nach dem alten
Satze: Non bis in idem, d. y. dieſelbe Handlung soll nicht
zu zwei verschiedenen Folgen Anlaß geben. Waren wir
Kriegsgefangene, ſo mußten wir am Ende des Krieges frei
gegeben werden. Dies iſt Regel in der ganzen gebildeten

Welt. (Schluß folgt.)

Nach Struve ſprach Karl Blind. Er sagte: er könne .

zeugen, daß in den badiſchen Gefängniſſen der Mord organi-
firt sei, es ſeien M o rd v erſ uch e vorgekommen. Man miiſſe
dieser heuchleriſchen Regierung, den Miniftern und dem Herrn
mit der Kroue die Larve abziehen.

Nach Blind ergriff Staatsanwalt Eimer tas Wort, um
den erhobenen Proteſt zu bekämpfen. Ihm antwortete Bren-
tan o in kräftiger Rede Man hat Stcheu, ruft er den Ge-
ſchwornen zu, Scheu vor dem Eindruck auf ihr Gewiſſen.
Wenn man Ihnen die Angeſchultizten einzeln vorſührt, so se-
hen Sie nicht von welch’ ungeheuern Folgen Ihr „Schuldig“
ſein kann, wie das Volk turch die Einkerkerung von Hunder-
ten seiner kräftigſten Söhne geschwächt, wie Hunderte von Fa-
nulien ins Elend geſtürzt werden. Diese Folgen will man
Sie nicht in ihrem wahren Umfange erkennen laſſen, darum
will man Ihnen die Angeſchuldigten getrennt vorführen.

Der Präsident erklärt hiernach die Verhanelung über die
Vorfrage für geſchloſſen. Der Gerichtshof. (nicht die Ge-
ſchworenen) zieht sich zurück, um über dieſelbe zu beratzen.
Nachdem die Richter wieder eingetreten, verlieſt der Gerichts-
ſchreiber das Erkenntuiß, nach welchem die Anträge der Ange-
 
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