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Die Republik — 1849

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No. 102 - No. 124 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0481

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Erscheint Montags ausgen.
nommen täglich. In Heidel-
berg und Umgegend monatl.
1 5 kr., vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden 1 fl.

1 0 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
. Einzelne Nummern 2 kr.

ie Republik.

„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'“

Beſtelung wird gemacht 'in
Heidelberg in der Buchdruk-
kerei von O. A. Oßwald,
bei Kaufmann Berner,
Porzelanmaler Wa gn er,
u . bei der Expedition LI.it.
D. 306 ; auswärts bci allen
Poſtämtern, Briese wer-
den frankirt erbeten.



N~ 121.

Saumſtag, 26. Mai

.

1849.









Deutſchland.

. ‘Heidelberg, 23. Mai. Also Hinkeldey, der Offt-
zier des Großverzogs, der an der Spitze einer Juſur-
gentenſchaar, kriegeriſch gegen die Demokratie im Lande
herumzog, brandſchatzte, Bürgern das Eigenthum weg-
nahm, ſie verwundete, Hinkeldey, der getreue Diener
des großherzoglichen Feindes der Demokratie, mit den
Waffen in der Hand gefangen, Hinkeldey ijſt freige-
laſſen, Bornstedt aber iſt wieder eingeſperrt. Wer nuoch
über die Gründe der Verhaftung des letztern im Zwei-
fel iſt, dem empfehlen wir ſolgenden Artikel der Karls-
ther Zeitung, des offiziellen Organs der Regierang.

r lautet:

«Kißlau, 22. Mai. Wir beherbergen ſeit einigen

Tagen den bekannten Bornſtedt als einen unſreiwil-

ligen Gaſt, einen lebendigen Beweiß (wir beherber-

gen alſo einen Beweiß!) daß der Landesaus-
ſchuß ſtark genug iſt, nach jeder Seite hin

Ordnung aufrecit zu erhalten».

Wohlan, hier prangt dieſelbe Redensart, womit ſonſt
das edle Reichsminiſterium ſeine Maßregeln zur Unterdrü-
kuug der Freibeit beſchönigte. Ordnung nach jeder Seite
hin, ja wohl, der Anarchie wollte im vergangenen Jahr,
der Anart4 ie von oben und von unten wollte auch das
Reichsminiſterium entgegentreten, und es trat der A ns
archie von unten ſo lange entgegen, bis wir wie-
der dahin gelangten, wo wir jetzt ſind, bis die Anar-
chie von oben, d. h. die Fürſten, die Reaktion , wieder
mächtig dasteht, bereit die errungenen Freiheiten mit
dem Säbel in der Fauſt wieder zu vernichten.

Wenn Ordnung nach jeder Seite hin aufrecht er-
halten werden soll, warum wird ſie denn nach der
Seite Hinkeldey’s hin nicht aufrecht erhalten ? Hiukel-
dey’'s, der mit den Waffen in der Haud an der Spitze
einiger hundert Mann der Ordnung entgegentrat, wäh-
rend Bornstedt als Einzelner, vielleicht nur einiger
verkehrte Maßregeln, hingeriſſen durch die Aufregung
der erſten Tage, ſich zu Schulden kommen ließ ? –~

Wem übrigens an dieſer Thatſache noch nicht ge-
nügt, den macken wir noch darauf auſmerkſam, daß
eine bekannte Perſónlichkeit die erſten Manifeſte des
Landesausſchuſses zu unterſchreiben ſich weigerte, we il
ſie ihr zu revolutionär waren.

Den Einsichtsvollen iſt es bereits klar, dem Volke
wird es im Verlaufe der Zeit auch noch klar werden,
daß die alte Politik und ihre Vertreter, deren ganze
Kunſt darin beſteht, an Grundſätzen und Redensarten
feſt ſich zu klammern, welche die erſte franzöſiſche Re-
volution ausgebeckt und die Erfahrung ſeither als un-
brauchbar verurtheilt hat; daß die alte Politik und
ihre Vertreter gar nicht im Stande ſind, die Fragen
der neuern Zeit aufzufaſſen und praktiſch ſie zur Gel-
tung zu brinzen - weil ihnen die revolutionäre Energie
fehlt, weil ſie nichts weiter können, als eine legale
Oppoſition machen. Die Geſcbichte des letten Jahres,
namentlich die Geschichte des Parlaments , der linken
wie der rechten Seite, hat für jeden Mann von poli-
tischer Einſicht auf die glänzendſte Weise den Ban-
kerott der alten Politik zu Tage geſördeit. Die Ge-
schichte der näcbſten Zukunft wird dieſen Baunkerott,
dieſe Unbrauchbarkeit unhaltbarer Sätze und Doktrinen

zk

HWülelelesbaden, 21. Mai.

für die Neugeſtaltung der Geſellſchaft auch dem grö-
ßeren Publikum klar macken. Wir werden, wenn erſt
die konſtitnirende Verſammlung zuſammengetreten , auf
dieſes Kapitel zurückkommen.

. +t Seidelberg, 23. Mai. Die Diplomatie geht
jetzt damit um, dem König von Baiern die deutſche
Kaiſerskrone auf den Kopf zu ſpielen. Er ſoll die
Reict sverfaſſung annehmen und dann zum deutſchen
Reichsoberhaupt erklärt werden. Geſchieht dieß, dann
Guade Gott der Pfalz und Baiern und wenn es ge-
ſchiebt, wer iſt daran Schuld ?

Mannheim, 18. Mai. Bis jetzt iſt noch nichts
Entſcheidendes vorgefallen. Die heſſiſchen Truppen
ſtehen noch auf inrer Grenze und die unſrigen rekogno-
ſciren und haben Vorpoſten ausgeſtellt. In verfloſſener
Nacht war der diesſeitige Neckarbrückenkopf mit Artil-
lerie und sonſtiger Mannſchaft besetzt. Es heißt, die
Truppen hätten erklärt, nie in feindlicher Abſicht nach
Baden marſchiren zu wollen; dasſelbe ſollen auch die
Kurheſſen mit beſonderem Nactdruck gethan haben, in-
dem ſie sagten: „Wir wurden voriges Jahr so gut in
B-zeth rs wir können dieſen Menſchen nichts
zu Leid thun.'‘

Bei dem heutigen Ausrücken zum Exerziren trugen
ſchou viele neugewählte Offiziere ihre entſprechende
Uniform ~ vor 8 Tagen noch Oberfeldwebel, heute
Hauptmann! ~ aber die Leuie nehmen ſich gut aus
und haben ein ſicheres Kommando.

Mannheim, 25. Mai. Seit geſtern ſind mehr
als Z000 Mann vom erſten Aufgebot hier eingezogen;
eben ſo liegen Heidelberg, Langenbrücken, Bruchſal ,
Karlsruhe, überhaupt alle Städte des ganzen badiſchen
Landes voll mit jungen Männeru des erſten Aufgebots.
Die Landleute bringen ihre Söhne auf Leiterwagen zur
Stadt und eben ziehen wieder 20 Wagen voll junger
Männer hier ein, jubelnd und Lieder für die deutſche
Einheit und Freiheit ſingend. CFr. I.)

Speyer, 22. Mai. Einer der hier eingetroffenen
Vorſteyer der oberelſäſſer Geſellſchaft ,„aide-toi‘ hatte
währ. end der letzten Nacht Conferenzen mit der provi-
ſoriſchen Regierung. Wie man vernimmt, will die
Bergpartei in Frankreich, beſonders in den beiden ra-
dikalen Departements des Ober- und Niederrheins, dem
allfälligen Eiumarſch der Preußen mit aller Macht
entgegentreten, und sollen die hierauf bezüglichen Maß-
regeln heute verabredet worden ſein.

Speyer, 25. Mai. Auch Altbaiern hört nicht
auf , seine Theilnahme an unserer Bewegung zu beur-
kunden. So trafen geſtern Mittag wieder 34 wohl-
bewasfnete Studenten aus München hier ein, um ſich
der provisoriſchen Regierung zur Verfügung zu ſtellen.

Frankfurt, 24. Mai. Nachrichten von Berlin
beſagen, daß ſich eine Heerſäule von 30 Bataillonen
Infauterie und verhältnißmäßiger Stärke der andern
Waffengattungen in der Richtung gegen Frankfurt be-
weat. (O.-P.-A.-Z.)
Auch der Rheingaus
ſtellt ſeine Freiſchaaren für den Kampf um die deut-
sche Reichsverfaſſung und Freiheit. Bereits ſind in
diesen Tagen 100 junge Männer, gut bewaffner, aus
Rüdesheim, Geisenheim, Ettuile und Winkel in die
Rheinpfalz abgegangen. Im übrigen Lande rüſtet die
 
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