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Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 27 - No. 50 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0181

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. ganzen Grosh. Baden |1 fl.

Erſcheint Montags augen.
nommen täglich. In Heiden. |
' herg.viexteliährig 45 kr... ;
Durch .die Poſt bezogen im ;



10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreispalt. Petitzeile 2fr.








vie Republik.

„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'’

Beftellung wird gemach in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.










R 45.

Packt Ench, oder ~ !!

_ Der Unfug, der immer noch zu Karlsruhe in der zweiten
Kammer getrieben wird ~ denn nur Unfug kann man es
nennen, wenn eine Anzahl Privatleute ſich herausnehmen,
anderen Leuten Gesetze zu geben ~ alſo dieser Unfug veran-
laßt uns, wiederholt diesen Gegenstand zu behandeln , nament-

lich um unsere Leſer in den Stand zu ſetzen, diese Angelegen-
heit richtig beurtheilen zu können. Man muß dabei ſtets da-

von auegehen, daß die Regierung alle die Streiche, welche
ſie ſeit März vorigen Jahres gemacht hat, noch heute macht,
und so lange machen wird, als man ſie beſteben läßt , daß
ſie dieſe Streiche gar nicht ausführen könnte, wenn nicht jene
+++ Bursche , die ſich Volksvertreter ſcheiten laſſen, die Ertaub-
niß dazu geben würden. Die Regierung kaun für ſich allein
nichts thun, sondern muß für alle ihre Maßregeln die Erlaub-
niß der sogenannten Volkevertreter einholen, alſo sind diese
Leute zunächst dafür verantwortlich zu machen, und werden
auch später zur Verantwortung gezogen werden, wenn näm-
lich wieder ein Aufstand, ein Aufruhr, eine Empörung ver-
ſucht wird und gelingt. Ñ

î _ Da dies jedoch noch nicht geſchehen iſt -. wir glauben,
hoffen und wünschen jedoch, taß es bald geschehen werde , ~+
ſo muß man einſtweilen die saubere Zuft auf dem Papier be-
kämpfen, und den Haß, die Erbittecung, die Wuth des Vol-
": gegen ſie aufsſtacheln, damit ſpäter das Weitere erfolgen
ann. .

Dabei entsteht natürlich zunächst die Frage, wie es denn
möglich sei, daß einige Leute, die in Beziehung auf Verſtand
von der Natur offenbar ziemlich vernachlässigt zu ſein ſcheinen,
daß diese Leute den Baptiſt Bekk und Conſorten zu all’ den
Streichen, die er ſich zu Schulden kommen ließ und läßt,
gleichſam bevollmächtigen können. Dies kommt daher : Man
denke sich in die Zeiten zurück, welche der sogenannten „ Ver-
faſſung-- vorhergingen. Damals lebte im Lande ein Menſch
Namens Karl Baden, ein Nachkömmling des ehemaligen Raub-
ritiers zu Baden. Dieser Karl Baden herrſchte über die Leute,
die man jetzt das „ badische Volk. nennt, d. h. er zwang ſie,
ihn, ſeine Familie und alle seine Helfershelfer zu ernähren,
wie man zu ſagen pflegt wie die Gais am Bändel.4

Eines ſchönen Morgens fiel es besagtem Karl Baden eiu,
einen Befehl zu erlaſſen, in welchem er verordnete, daß das
„badische Volk » (3 Leute nach Karlsruhe ſchicken solle, um
dorten die Regierung zum Schein zu beaufsichtigen und aller-
lei ſchöne Reden zu halten; dieſen Befehl aannte man eine
» Verfaſſung. - - Das Volk glaubte Wunder, welcher Fort-
ſchritt zemacht worden sei, glaubte Wunder, was es gewon-
nen habe, durch die Erlaubniß alle 2 Jahre 63 Menſchen
nach Karlsruhe schicken zu dürfen, damit ſie dort langweilige
Reden halten und nichts bewirken können. Allein wenn man
die Sache in der Nähe betrachtet, ſo wax Alles eitel Trug

Donnerſtag, 22. Februar.









1V49.

und Schein. ~ Nemlich, dieſe Wahlen, welche die sogenannte
„Verfaſſung-/ dem Volke gestattete, waren das einzige Mittel,
um ſeine Bedürfniſſe auszusprechen , seine Wünſche und Kla-
gen geltend zu machen, sagen zu können, wo es der Schuh
drückk. Das - Volk - hatte kein anderes Mittel, keine andere
Gelegenheit, alle anderen Mittel, Preßfreiheit, Rede -, Ver-
eins- und Versammlungsfreiheit war ihm abgeschnitten. So
gewöhnte sich das „Volk, daran, diese Wahlen zur Hauptſache
zu machen, Alles aufzubieten, um in den Wahlen zu »ſiegen
und wenn die Wahl vorüber war, die Hände wieder in den
Schooß zu legen, in dem Gedanken ſich beruhigend, es habe
ia jetzt Jemand aufgeſtellt, gewählt, der seine Intereſſen ver-
treten könne. Das Volk gewöhnte ſich daran, durch Andere
für sich sorgen zu laſſen, es gewöhnte ſich daran , die Aus-
ſprüche der Männer, die es gewählt hatte, für ein Evange-
lium zu halten, ihnen blindlings zu glauben, ihnen unbedingt
zu vertrauen, sein Schickſal ganz in ihre Hände zu legen.
So konnte es geſchehen, daß die imittelmäßigſten Köpfe, die

geiſtesärmſten Subjekte in Ansehen kamen, sobald fie durch ir-

gend einen Zufall in die Kammer gewählt wurden und einige

lecyen Redensarten loslaſſen konnten. Im Volke ſelbſt bildete

ſich ein gewisser „ Freiſinn - ein conſtitutioneller Liberaliemus,
welchen man fuüglich „ Philister - Liberalismus - nennen kann,
da nichts weiter hinter ihm ſteckt, als leeres Geschwät. So
wurde es möglich, daß Leute gewählt werden konnten, wie
der geiſtecearme Tropf Baſſermann, oder der Mann mit dem
Hausknechtsverſtand, Biſsſing, oder der ſtammelnde Sieben-
ſchläfer Weller, oder der ekelhafte Pfaffe Zittel, oder der ganz
gewöhnliche Fabrikant Dennig, oder der ganz unschuldige Buhl,
oder der bummelnde Wanſt Soiron, oder der beredtſame Lö-

wenwirth Becker, oder der nasenaufsſperrende Kaufmann Sigle,

oder der boshafte Simplex Maier, oder der veredelte Bayer
Blankenhorn, oder der ſich breitmachende Knabe Lamey, oder
der Baum, der gescheidter sein könnte, oder der Buchdrucker
Malſch, der Schleppträger von Mattyy, dem Verſfluchten.

Auf der andern Seite hatte die Regierung stets den Vor-
theil, daß ihre überall aufgeſtellten Agenten, tie Staatsdiener,
eine. ganze Menge von ſtets willfährigen Werkzeugen in den
Wahlen durchsetzin, so z. B. den ergrauten Polizeiſoldaten
Schaaff, oder die ganz traurige Haut, den Schweginger Amt-
mann, den Dr. Fauth, den unfähigen Stockhorn, den Ullrich,
ten wackern Freund des TEttlinger Schweinehirten, oder auch
den faſelnden Schulmeiſter Knapp und ähnliche Gesellen.

Vor dem März kam die vollſtändige Unfähigkeit oder der
böſe Wille dieser Leute nicht so zu Tage, weil wie gesagt,
das ,- Volk-+ blindlings seinen „Vertretern vertraute, aber ſeit
dem das „Volk-- angefangen hat, selbſtſtändig zu werden, an-
fing, seine Vertreter zu kritiſiren, ſeit dieser Zeit wurden diese
nach und nach in ihrem wahren Wesen erkannt, bis endlicy
der allgemeine Schrei: „Packt Euch! ertönte. Aber er ertönte
vergebens. Die Leute, die früher immer den Mund voll
Volk., hatten, ~ so lange sie nämlich gläubig von ihm ver-
ehrt wurden, weigern ſich nun beharrlich, zurückzukehren, ſich
 
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