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Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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10 kr. Beki Inseraten koſtet-

Erſcheint Montags äusge. " . y
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
‘ganzen Großh. Baden t fl.

die dreiſpalt. Petitzeile 2kr. „Zür das Volk und g







Beſtellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner u.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe

egen seine Bedränger.““
cz werden frankirt erbeten.















R: 38, Freitag,





d

Y. März 1849.



ec Das Reichsoberhaupt.

"ttthit Der Gährungeſtoff der Oberhaupts- und öſterreichiſchen
Frage hat es dahin gebracht, daß die National- Verſammlung
aus drei großen Parteien beſteht, welche man kurzweg Preußen,
Oefterreicher und Deutsche nennen kann. Keine von ihnen
bildet die Mehrheit und gus dieſem Grunde blieb die erſte
Leſung des Abſchnitts vom Reichsoberhaupt fruchtlos, da nur
der Titel eines weder erblichen noch wählbaren Kaisers zum
Veſchluß erhoben wurde. Mit einem Titel kann nicht regiert
werden. Desÿalb muß bei der zweiten Leſung der Verfaſſung
eine beſtimmte Reichsregierung geschaffen werden, wenn Dertſch-

land überhaupt eine solche haben sol. Was wollen und be-.
zwecken nun jene drei Parteien ? Beharrt jede auf ihrem
Kopfe, ſo erklärt die Nationalverſammlung ihren Banterott

und überliefert vorläufig ihren wohlbekannten natürlichen Geg-
nern das ibr anvertraute Gut der Nationalſouveränität. Wer
nicht den Regierungen den Scheingrund der Oktroyirung in
die Hände geben will, kann eine Wiederholung der Vorgänge

bei der erſten Leſung nicht wünschen. Dies hieße die Idee
— derNetienalverfertrtung fettſr+verrithtern. “ Es bedarf demnach

des wechselseitigen Entgegenkfommens , der weisen patriotischen
Hintansetbung von augenblicklich nicht durchführbaren Grund-
ſätzen. : i

§ In letzterer Beziehung iſt die Linke mit einem anerken-
nenswerthen Beispiele vorangegangen. Durch die Märzrevo-
lution ſind zwar nicht die Einzelſtaaten, wohl aber iſt Deutich-
land als Gesammtheit herrenlos geworden. Grundſsätlich alſo
kann die Linke nur wollen, daß das Parlament Reichsoberhaupt
sei und bleibe und einen vollziehenden höchſten Beamten zu
ihrem Organe mache. Dennoch stimmte sie in der erſten Le-
ſung noch für Wählbarkeit und bis zu 6 Jahren mit, nachdem
die republikanische Spitze verworfen war, und die Mehrheit
das Reichsoberhaupt bereits auf den Boden der regierenten
Fürſtlichkeit hinübergespielt hatte. Eine Partei, welche aus
Vaterlantsliebe solcher Entſagung fähig iſt, als Feindin der
Einheit Deutschlands ſchildern , iſt ſicherlich ebenso ungerecht
als widersinnig.

Die zweite größere Partei in Betreff der großen Zwil-
lingsfrage (Oberhaupt und OÖbſterreich), nämlich die öſter-
reichiſche, bairiſche und andere sogenannten Sonderbüntler
und die Ultramontane , darf gleichfalls den Ruhm verſtändi-
ger Nachgiebigkeit, damit überhaupt ein Beschluß zu Stande
komme, in Anspruch nehmen. Sie beharrte nicht auf ihrem
Direktorium oder ihrer Wechſelregierung, sondern stimmte nach-
träglich wie die Linke. Wer aber war der patriotiſchen Auf-
opferung gänzlich unfähig? Die preußische Parthei , zum
größten Theile aus Preußen bestehend: ſie hielt ſtarr auf ihren
Erbkaiser , diesen ſpaltenden Keil des Einen Deutſchlands, und
~ stimmten gegen alle übrigen Regierungsformen! Niemals
ſeit ihrer Eröffnung hat die Paulskirche eine ſo absonderliche

Sonderbündelei erlebt, wie die ſchwarzweiße der Erbkaiſerli-
chen. Wir wiſſen nicht, ob dieſe Männer ohne Rücksicht auf
die Cinheit und Einigkeit der Deutſchen in ihrer unglücklichen
Idee werden fixirt bleiben; aber das wiſſen wir, daß ohne
eine Verſtändigung der beiden übrigen Partheien das Bater-
land den furchtbarſten Gefahren preis gegeben wird. Diese.
Verſtändigung iſt zugleich das wirksamſte Mittel, um die Erh-
kagiſerlichen zur Nachgiebigkeit zu nöthigen, dadurch allein
wiirde es möglich, daß die Partheien ſich in einer leidlichen
Mitte begegneten und das die deutsche National-Verſammlung
mit imposanter Mehrheit eine Oberhauptsform beſchlöſse, wel-
che für jetzt, ſo weit es unter den durch sie selbſt herbeigeführ-
ten Verhältniſſen zu erwarten steht, der Einheit und Freiheit
Deutschlands genügte. Wir meinen den Reichéſtatthalter auf

ſechs Jahre.
(Schluß folgt.)





Deutſchland.

: * Heidelverg, 7. März. Mit starkem Geschrei, mit
einem seltenen Reichthu.n von Redensarten in Flugschriften und
Zeitungsartikeln kündiget ſich der hieſige Vaterlandsverein (reſp.
Baptiſten-Bund) der Welt an.. j S ;

,, Der Wohlstand liegt darnieder, Handel und Wandel
ſteht still, alle Gewerbe stocken, wir werden aber Alles wieder
in Ordnung bringen, wir, die Baptiſten, ſind die Retter des
Baterlandes. Wir werden die Feinde der Freiheit vernichten,
die Anarchie in den Staub treten, die Wühler, die Kriecher
nach Unten, welche die Geldkiſten aufbrechen wollen, welche
mit der Schlauheit der raffinirteſten Jesuiten eine zweite Re-



volution vorbereiten wolien, werden wir entlarven, wir wer-
den die Freiheit in vollem Glanze herstellen, denn wir wollen
nur die Freiheit und allein die Freiheit.. So ſchreien die
Verkappten, so lallten die alten Servilen (Cingeseiften), um
einen Vaterlandsverein zu Stande zu bringen; und richtig es
iſt gelungen. Es haben sich einige Gutmüthigen bethören laſ-
ſen und ſind in die Falle gegangen. Jetzt kommen ſchon die
Früchte des ungeheuren Liberalismus. Heute liest man im
Heidelberger Journal: „Sitzung des vaterländiſchen Vereins,
Tagesordnung : Berathung einer Petition g eg en Kammerauf-
löſung.+. Das iſt alſo der Freifinn ? Das ſind die Mittel,
mit denen geholfen werden soll ? Eine Petition um Erhaltung
einer Kammer in der ein Biſſing, ein Häuſſer, ein Zittel,
ein Schaaf, ein Matthy , ein Baſſermann, ein Dennig und ein
Rettig sitzt, soll uns helfen, die Erhaltung einer Kammer, die
zur Dienſtmagd eines Bekk herabgeſunken? einer Kammer, die,
ſtatt die furchtvaren Steuera zu verweigern, noch neue hinzu
diktirt, die das stehende Heer um das Doppelte vermehrt ha-
ben will, die einen neuen Fürſten, einen deutſchen Kaiſer dem
Volke noch aufbürden will, die die ſchändlichſten Ungerechtig-
tigkeiten gegen Fickler geschehen läßt, die, kurz geſagt, allen
Wünjſchen des Volkes Hohn ſpricht, und ihren Wählern frech


 
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