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Die Republik — 1849

DOI Kapitel:
No. 27 - No. 50 (1. Februar - 28. Februar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0173

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Erſcheint Montags ausge-
nommen täglich. In Heidel-
berg vierteliährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden |1 fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.

Di







' Republik.

„„Für das Volk und gegen seine Bedränger.'“

Beftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-
druckerei von Renner n.
Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei
allen Poſtämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.









F




Z E U q
Ä



R~ A e

7 Die Bundestagsgesandten von Vaden,
Blittersdorf und ZVelcker.

Wer hätte je geglaubt, daß die beiden vorſtehenden Na-
men zu gleichem Zwecke das gleiche Amt begleiten würden ?
Blittersdorf und Welcker waren bis zum Jahre 1848 die entgegen-
gesetzten Polen am paolitiſchen Horizonte, sie waren beide leuch-
tende Sterne, der erſte für die Ariſtokratie, der andere für tas
Volk, jener war der Liebling der Fürſten und Jeſuiten, tieser
der des Volkes. Und so wenig man die Unmöglichkeit beſtritt,
daß ſich der Weſt- und Oftpol der Erde vereinigen konnte,
ſo unmöglich hielt man es, daß dieſe Männer eines Tages
gleiche Zwecke verfolgen würden. Wer hätte je geglaubt, daß
jene von Blittersdorf in Scherz gesprochenen Worte wahr
würden, als ihm von Welcker 16,500 fl. als eine zu große
Besoldung zum Vorwurf gemacht wurde, daß er überzeugt ſei,
daß Welcker als Bundestagsgesandten trie gleiche Summe zur
anſtändigen und würdigen Vertretung ſeines Fürſten gewiß
nöthig habe! Es iſt eine eigene Sache, Blittersorfs Weiſa-

gungen zur Bedrückung des Volkes werden in der Regel]

wahr. ]
Welcker bezieht 16,500 fl. aus dem Schweiße des Vol:
kes; die gleiche Summe bezog Blittersdorf. B'ittersdorf war
übrigens ein beſſerer Diplomat als Welcker; von jenem er-
fuhren wir nie, wie dieſe Gelder verwendet wurden, von die-
sem dagegen bei seiner erſten verantwortlichen Vernehmlassung
erfahren wir , daß er 16,500 zum Sintiſiren, zu Punſch und
Theeviſiten 1c. brauche, um mit diplomatiſchen Kniffen hinter
die Pfiffe der hohen Herrſchaften zu kommen. Durch Welcker
erfahren wir, daß nur durch das Geschwätz, das bei
den Thee- und Punſchviſiten geführt wird, vielleicht zu viele
Spirituosa, die politiſchen Geheimuniſſe in vertraulichen Geſprä-
“estssttiztci; werden, und wer nicht mitmache, auch nichts
erfahre! !!

16,500 Gulden erhielten beide als Besoldung, und das
arme Volk, das diese von Neuem aus seinem sauren Schweiße
zahlt, erfährt nun , wozu die hohen Herrſchaften die große
Besoldungen beziehen; das Volk wird fich das ad Notam
nehmen, um eines Tages mit diesen Herren Abrechnung zu
halten! — Ein großer Unterschied iſt übrigens immer noch
zwischen Blittersdorf und Welcker. ~ Jener ift seinen Grund-
sätzen ſtets treu geblieben; bei allen Forderungen des Abgeord-
neten Welckers erwiederte er mit ſchüttelndem Kopfe und fech-
tendenden Händen in gewohnter kategoriſcher Weiſe : „Das
Volk iſt noch nicht mündig.--

_Er vergaß ſich eines Tages so sehr, daß er mit der Pa-
pierſcheere fechtend auf den Abgeordneten W. losging, dieser
von der Rednerbühne mit den Worten zurückwich : ich glaube
der Herr Staatsminiſter von B. will dem Abgeordneten W.
mft der Papierſcheere zu Leibe gehen !

v. Bl. iſt ſich ſtets gleich geblieben; nie würde derselbe
die Souveränität des Volkes anerkannt und ſtets die Freiheit

Dieuſtag, 20. Febru







ar. V4Y. .

der Preſſe ein National-Unglück genannt haben; es würde
derselbe gewiß es vorgezogen haben, mit dem Bettelſtabe vor
den Thüren der hohen Ariſtokratie zu betteln, als um 16000
Gulden sich zu den gegentheiligen Grundsätzen zu bekennen.

Wie iſt es aber mit Welker? Derselbe hat um 16,000
Gulden fich vom Volke losgeſagt und iſt ein Fürſtendiener ge-
worden. „Wir müssen uns von unsern bisherigen Freunden
lossagen-- waren seine Worte, als er ſich vom Bolke lossagte
und ſich den Fürsten verkaufte. Welker hat seinen ganzen
Ruhm den jährlichen Einkünften von 16,500 Gulden geop-
fert; er hat damit ſein ganzes früheres Leben für einen Irr-
thum oder als eine Lüge erklärt. Wenn wir Blittersdorf
um seinzr Consequenz willen achten müſſen, ſo müſsen wir
Welker aus dem Grunde unſeres Herzens so achten, wie wir
eine feile Dirne achten, die mit ihrer Tugend und höchſten
Gütern feilſcht, und wenn die Sonne ihre Strahlen der andern
Erdenhälfte sendet, solche zu Markte trägt, und jedem Käufer
zum Kauf anbietet!!!

Ergänzung.

In Nro. 38 dieses Blattes unter der Ueberſchrift „Jam-
merverhandlungen-. lesen wir, daß der Abgeordnete Kiefer in
der Sitzung vom 10. Februar eine tabellariſche Ueberſicht über
die bis dahin eingegangenen Petitionen für Auflöſung der
badiſchen zweiten Ständekammer, 461 an der Zahl, mit 38 463
Unterſchriften und nur 129 Petitionen mit 8490 Unterſchrif-
ten gegen dieſe Kammerauflöſung vorlegte, in derſelben Siz-
zung aber noch weitere 38 Petitionen für diese Kammerauf-
löſung und nur 9 gegen eine solche eingekommen seien. Die
Unterschriftenzahl bei den Legteren iſt nicht angegeben und wir
wollen hierüber weder einen Vergleich anſtellcen, noch ein Ur-
theil über die Jammerverhandlung über diefen hochwichtigen
Gegenstand abgeben. Wir wollen aber darauf aufmerksam
machen, daß viele Gemeinden und eine große , große Anzahl
Staatsbürger die Petitionen nur deßwegen nicht unterzeichnet
hatten, weil ſie dieſe Kammer um nichts bitten wollen, nach-
dem sie zuvor ehrerbietige Adreſſen an den Großherzog ſelbſt
um Auflöſung mit der ausdrücklichen Crklärung, daß ſie längſt
kein Vertrauen mehr zu dieſer Kammer hätten, unterzeichnet,
hatten abgeyen laſſen, theils mit der Bitte , nach Auflöſung
der Kammer neue Wahlen anordnen,, und eine konſtituirende
Versammlung einberufen zu wollen, um unſere Verfaſſung
durch dieselbe in Einklang mit den Beſchlüfſen tes deutſchen
Parlaments und mit den von diesen ausgegangenen und feſt-
geſtellen Gruntrechte des ganzen teutschen Volkes zu setzen.
Da die Minister hiervon bei den Verhandlungen von dieſen
Cingaben nicht das Geringſte erwähnt haben , obſchon fie ih-
nen wohl bekannt ſein mochten, so wollen wir hierauf das
Publikum noch aufmerkſam machen, und daniit die Eingangs
bemerkten UNeberſichten ergänzen.
 
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