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Die Republik — 1849

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No. 125 - No. 141 (1. Juni - 21. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0531

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Erſcheint Montags ausge-
nrommen täglich. In Heidel-

Beſtellung wird grmacht in

' ; [ Heidelberg in der Buchdruk-
berg und Umgegend monatl. d ] § fcrei von O. A. Oßwald,
15 kr., vierteljährig 45 kr. bei Kaufmann Berner,
Durch die Poſt bezogen im j j 0 Porzelanmaler Wa gn e r;

ganzen Großh. Baden 1 fl.

10 kr. Bei Inſeraten koſtet

die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr.
Einzelne Nummern 2 kr.

„„Für das Volk und gegen ſeine Bedränger.'t

auswärts bei allen Poſltám--
tern, Briese werden
frankirt erbeten.













Ak 135.

Mittwoch, 183. Juni

1849.









Deutſchland.

* Heidelberg. Bereits ſind wieder Wocken ver-
floſſen uud unser wackerer Fickler, kürzlich erſt befreit
aus dem Gefängniſsſe der rothen Monarchie in Baden,
ſchmachtet noch immer in dem Kerker des liberalen
Advokatenminiſteriums in Württemberg. Ein Mitglied
unserer proviſoriſct en Regierung wird von der nieder-
trächtigen Regierung des Nachbarſtaates verhaftet und
gefangen gehalten, ohne irgend eine Veranlaſſung dazu
gegeben zu haben, einfach deßhalb, weil die Miniſter-
Schergen des gekrönten Raubritters Württemberg vor
ihm zitterten, Angst vor ihm hatten.

Was bat man gethan, um unsern Mitbürger aus
dem Lande dieser verfluchten Rotte von Herrſcherlingen,
die bald cbenfalls über die Grenze gejagt ſein werden,
zu befreien? Zwar hat die Nationalverſammlung be-
reits das Unyunneu geſtelt, ibn zu befreien, allein
Römer, der Hausknecht des Stubenrauchkönigs hat mit
Hohn geantwortet. – Zwar wurde von uuſerer Res-
gierung ein Bevollmächtigter nach Würtemberg abge-
ſsandt, um von den Schurken, die in Württemberg an
der Regierung ſitzen, die Befreiung Ficklers zu verlan-
gen, aber noch hat man nichts von einem Erfolge gehört.

Diesen Burſchen gegenüber muß man anders auftre-
ten. Das Siſtem der Repreſſalien führt allein zum
Zweck. Laſſen die Deſterreicher gefangene ungariſche
Offiziere erſchießen, ſo laſſen die Ungarn gefangene
Österreicher über die Klinge springen, und es hilft.

Verhaftet man einen badiſchen Burger in Würtem-
berg, wohlan, so verhafte man Württemberger , für
welche die dortige Regierung ſich intereſſirt in Baden,
und wenn dies nicht möglich, ſo werfe man zwei Re-
gimenter nach Würtemberg und verbafte vorerſt ſämmt-
liche Regierungsbeamte in einem Bezirke, das Weitere
wird ſich dann ſchon geben. Aug um Aug,, Zahn
um Zahn. –

Heidelberg, 12. Juni. Mieroslawsky, der be-
rühmte polniſche General iſt angekommen und bereits
zur Armee abgegangen.

Heidelberg, 12. Juni. (Corr.) Von mehr als
der Hälfte der Wahlbezirke haben wir nun die Abge-
ordneten geleſen, und zwar mit großem Mißmuthe ge-
leſen. Mit Ausnahme von ſehr wenigen ſind es meiſtens
brave Hausväter, tüchtige Gemeinderäthe, Ordnung
liebende republikaniſche Bürger; aber intelligente Köpfe,
wie wir ſie jett und gerade jetzt brauchen, ſind es
nicht. Dieſen Männern iſt die innere Organiſation
Badens in die Hände gegeben, und von denen vielen
Fragen, die da vorkommen , werden ſie über die we-
mgsten richtige, zeitgemäße Begriffe baben. Warum
wurde denn in keinem einzigen Bezirke Struve gewählt ?
Er iſt uns unumgänglich nothwendig, und bei der nun
vorzunehmenden zweiten Wahl werden hoffentlich ein-
mal die Vorurtheile gegen iha in den Hintergrund
treten und dann nicht mehr aus unedlen Beweggründen
Unwahrheiten ausgeſtreut werden, daß man z. B. um
ſelbſt gewählt zu werdrn, ihn irgendwo anders gewählt
werden läßt. Faſt allgemein iſt die Klage über das
lahme Verfabren der Regierung, und dennoch ſcheut
man ſich, einen raſchern Mann zu wählen; die vielen
geſetzlichen Abgeordneten werden leider uur zu ſehr ſich

wie Blei an seine Schwingen hängen. Um ibm daher

einigermaßen das Geſchäft zu erleicttern, müſſen wir
ihm eine Stütze an die Seite geben, und es war ganz
gut in Ihrem Blatte bemerkt, daß Blind nit ihm ge-
wählt werden nmüſſe. Allein da Blind gegenwärtig

eine Stelle bekleidet, die ebenfalls die größte Gewandt-

heit und Umſicht, wir ſie wenige Andere haben, erfor-
dert, ſo möchten wir |tatt seiner eine andere jugend-
liche Kraft gewählt wiſſen. Dort iſt er ſc- wer, bier
eher zu erſeßen, und wir kommen deßhalb auf Scheibel
zurück, der gerne zurückgetreten, nur um keine Zersplit-
terung der Stimmen hervorzurufen. Jedoch 1ſt dies
nm eine unmaßgebende Meinung, und wünſchenswerth
wäre es, wenn andere Stimmen ſich gleichfalls hören
ließen. Kann man keine Volksverſammlung halten, ſo
iſt die Preſſe der Weg, um ſich über die Candidaten
zu verſtäudigeu*). Jeder Bürger weiß dann, wen er zu
wählen hat, und brauckt nictt erſt zu warten, bis ihm
ein Zettel in die Hand gedrückr wird, der ibm ganz
unbekannte Namen enthält. Allen ſteht es alſo frei,
in den Blättern ſich auszuſprechen und wenn ein Can-
didat ſich nicht der Offeutlichkeit aussetzen will, ſo
verdient er nicht, eine öffentliche Stelle zu bekleiden.

Karlsruhe, 10. Juni. (Eröffnung der konſtitui-
renden Verſammlung.) Gegen 4 Uhr dirſen Nacbhmit-
mittag verjammelten ſich die Vertreter des Volkes in
dem Ständeſaal. Die Gallerieen ſind dicht besetzt, in
den Hof- und Diplomatenlogen hat das Volk Platz ge-
nommen; viele Zuhörer drängen ſich in den Saal.
Der legtere iſt mt Blumen und den deutſchen Fahnen
geſchmückt. Auf dem Präſidentenſtuhl ſizt der in der
BVorverſammlung gewählte Alterspräſident Schlatter ;
ihm zur Seite die 4 Jugendſekretäre, Florian Mor-
des, Volk, Steinmez, Stay. –} Die Mitglieder der
proviſoriſchen Regierung haben ſich inzwiſchen auf dem
Rathhauſe eingefunden. Von da aus bis zum Stän-
dehaus bildet die Bürgerwehr Spalier; die Straßen
entlang aus den Fenſtern flattern die deutſchen Fah-
nen. ~ Nach 4 Uhr wurd die konſtitvirende Verfamms-
lung durch den Alterspräſidenten in einer kurzen An-
ſprache eröffnet. Er forderte sofort die in der Vor-
verſammlung gewählte Deputation auf, die proviforiſche
Regierung auf dem Rathhauſe abzuholen und in den
Sitzungssaal zu begleiten.

Unter dem Donner der Kanonen und derm feſtlichen.
Geläute der Glocken geht die Deputation ab. Nach
kurzer Zeit treten die Mitglieder der proviſoriſchen
Regierung in den Saal, von dem verſanmmelten Volk
mir Jubel begrüßt. Brentano beſteigt die Rednerbühne,
und heißt im Namen des Volkes die Versammlung will-
kommen. Er wirft einen Blick über die Vergangenheit
unſerer Revolution und die Eutwicklung der dermaligen
Zuſtände in Baden, bezeichnet im Allgemeinen die bis-
herige Thätigkeit des Landesausſchuſſes und der pro-
viſoriſcen Regierung, und erklärte, daß dieſelbe bereit
ſei, Über jeden Schritt, den ſie bis dahin gethan, Ne-
chenſct aft zu geben und ihre Gewalt in die Hände der
konftituirenden Verſammlung nieder zu legen, ſobald
von derselben eine neue Regierungsgewalt ernannt sein.
Tin neues dreifaches ſturmiſches Hoch war die Ant-



*) Wahlvorſchlägen öffnen wir gerne unſere Spalten. D, R,

E
 
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