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Die Republik — 1849

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No. 51 - No. 77 (1. März - 31. März)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0253

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Erſcheint Montags ausge-

ganzen Großh. Baden | fl.
10 kr. Bei Inseraten koſtet
die dreiſpalt. Petitzeile 2kr.

nommen täglich. In Heilen. D) e . R "g ( .
_ berg vierteljährig 45 kr. . 1.8 ;
Durch die Poſt bezogen im Ie ; cpu .

RT:





„Für das Volk und gegen seine Bedränger.““

. HBeftellung wird gemacht in
Heidelberg in der Buch-

is j druckerei von Renner u.
] Wolff und bei Kaufmann
Berner; auswärts bei

allen Poftämtern. Briefe
werden frankirt erbeten.









R 63.

Deutschland.

* Heidelberg, 12. März. Einen Beitrag zur Ge-
schichte der Behandlung der politischen Gefangenen in Bruch-
ſal erhalten wir in folgendem Proteſt: y

Offener Brief an das badische Juſtizminiſterium!

Am 7. d. M. fand ſich der Miniſterialrath Preſtinari
aus Karlsruhe in dem hiesigen Gefängniſſe der politiſch An-
geschuldigten ein und besuchte mehrere derselben in ihren
Zellen.

Wir Unterzeichnete, bei denen der tc. Preſtinari nicht ge-
wesen, und die wir die Ankunft desselben mit dem wahrſchein-
lichen Auftrage in Verbtintung brachten, etwanige Beschwer-
den der Gefangenen entgegenzunehmen, erließen sofort ein
Schreiben an den Gefängnißdirektor Sp eig l er, worin wir
es für eine nicht abſichtsloſe Machination hielten, daß der mit
der Revision des Gefängniſſes beauftragte Miniſterialrath nur
in die Zimmer, von deren meiſten Bewohnern man keine Kla-

gen erwartete, und nicht zu uns geführt wurde, die wir trif-

tige Beschwerden zu führen gehabt und mit der Sprache durch-
aus nicht hinter dem Berge gehalten hätten. ;

Die Antwort auf dieſes Schreiben erhielten wir in einer,
der Korporal ſtock s bil d ung des Direktors Speigler an-
gemessenen Weise. Derselbe kam nämlich in .das Zimmer,
welches Bornſstett und Co hnhei m bewohnen, und ſprach
ſich in höchſt grobem Tone über die an ihn gesandte Erklärung
aus, während er dieſelve zerriß und ſie den Genaunten vor
die Füße warf. :

Nach seiner Behauptung bestand überdies die Mission
des !c. Preſtinari nur darin, den Zustand der Zellen während
î_ ker Uuftheizung zu besichtigen, und habe nicht er (der Direk-
tor) dabei seine Hand im Spiele gehabt, ſondern es dem
:e. Preſtinari selbſt überlaſſen, die Zellen zu wählen. Zur Be-
kräftigung dessen gab er noch an, daß der Großherzoglich ba-
diſche Miniſterialrath, als er an die Zelle von Boruſtett und
Cohnheim kam, geäußert habe: „Hier gehe ich nicht hin-
ein, ich will keine Grobhyeiten hören!-

Wir können es aber nicht glauben, daß das Juſtizmini-
ſterium, nachdem es so wenig Humanität gezeigt, daß es wäh-
rend des ganzen Winters , und trotz der vielen öffentlichen
Beschwerden ruhig zugesehen, wie Hunderte von uns in Folge

_ des durch eine v erpfu s < t e Uuftheizung in den Zellen er-

zeugten Rauches erkrankten, einzelne als unheilbar freige-
laſſen werden mußten und einer ſogar aus Verzweiflung ſich
erhängte, die Gefangenen noch verhöhnen, und jetzt, wo
das Heizen bald überflüſſig, n ur den Zuſtand der Zellen un-
terſuchen laſſen wollte...

Welcher Art jedoch auch die Mission des ¿c. Preſtinari
gewesen — derselbe hatte die Verpflichtung, eine gründliche
Reviſion zu veranstalten, und durfte nicht die Gefangenen

Donnerſtag, 1









5. März. 1849.

umgeben, von denen er die „Wahrheit zu hören erwartete.

Wir müssen uns daher gegen einen günſtigen Bericht,
der über ten Zuſtand der Gefangenen vielleicht früher oder
ſpäter dem Publikum abgeſtattet werden sollte verwahren, und
das Juſtizminiſterium ersuchen, uns für die Folge mit der

Sendung ſolcher unfähigen Menſchen, wie des tc. Preſtinari,

u versſchonen. ;

Ö Gefängniß Bruchsal, 8. März 1849. w |
Marx Cohnheim, S. Borkheim, C. Bauer, E Ro
ſenblum, Bornſtett, H: Lefevure, Kapp, M. Löffel,.
G. Lutz, Gottschall, K. Linger, H- Baumann, E.
Düſar. .

Freiburg, 9. März. Für die Zeit des bevorſtehenven
politiſchen Prozeſſes hat das Generalcommando der Truppen
am Oberrhein bereits solche militäriſche Maßregeln angeordnet,
wie ſie ihm zur Aufrechthaltung der Ordnung nöthig erscheinen.
Zu der hieſigen Garnison werden den 16. noch ein Bataillon
würtembergiſche Infanterie, eine halbe Batterie reitender Ar-
tillerie und eine Abtheilung Reiterei hier einrücken. Zugleich
ſollen noch weitere Truppenabtheilungen in der Umgegend auf-
geſtellt werden. CFr. Z.)

LPC Frankfurt, 12. März. Der Dahlmannſche Grund-
ſatz des Anlehnens an den Mächtigen iſt mittelſt der Coctro-
yrten) aus kaiserlicher Gnade geschenkten Verfaſſung Oſtreichs
auch in Herrn Welker eingedrungen. Sein Antrag, der im
Wesentlichen darauf hinaus läuft, den Verfaſſungsentwurf in
Bauſch und Bogen anzunehmen, und den König von Preußen
als erblichen Kaiſer an die Spitze zu ſtellen, fuyr wie ein
Blitz in die reichsgerichtlich träumende Versammlung. Welker?
Welker ? Kein Mensch wollte es glauben. Es ist unmöglich,
ater doch wahr! rief ein alter Freund Welkers, der kopfſchüt-
telnd sich beim Präſidenten über die Richtigkeit der Person über-
zeugte. Die Verſammlung ließ die Begründung zu, bei deren
Phraſen, daß das Vaterland in Gefahr sei, und durch
den König von Preußen gerettet werden müſſe, Herr von
Beckerath ſich die feuchten Augen wischte. Die Diskussion des
Reichsgerichts wurde versucht, aber vergebens — man vertagte
ſich in großer Aufregung.

Es iſt nicht zu läugnen, daß Alles auf den preußiſchen
Erbkaiſer hinaus steuert, und daß die öſterreichiſche Verfaſſu ng
ihm die Krone aufsetzt. Aber iſt dies nicht die traurige Folge
des Verhaltens der National-Verſammlung in der öſtreichiſchen
Frage selbſt? Wenn Gagern jetzt triumphirend ausrufen kann:
Seht Ihr, ich hatte Recht, Oeſtreich kann nicbt eintreten,
wenn Welker sagt: spät, aber dennoch überzeuge ich mich, daß
(Hagern Recht hatte ~ wird ihnen und der Majorität die
Geſchichte nicht antworten, taß diese Männer und ihre An-
hänger selbſt die Schuld dieser Resultate tragen ? Wer unter-
ſtützte diese abſolutiſtis<e Regierung , die entlich die corſtitu-
tionelle Maske abwirft? Was gab ihr die Kraft wieder, über

die Völker Oeſtreichs zu gebieten, ſtatt daß diese selbt ihen.

Schickſal beſlimmen ſollten ? Wer drückte dieſer Regierung das

"
 
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