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Die Republik — 1849

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No. 102 - No. 124 (1. Mai - 31. Mai)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44148#0437

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Erscheint Montags ausgen.
nommen täglich. In Heidel- g,
berg und Umgegend monatl.
15 kr., vierteljährig 45 kr.
Durch die Poſt bezogen im
ganzen Großh. Baden 1x .
1 0 kr. Bet Inſeraten koſtet



Bestellung wird gemacht in
Heidilbe: y in der Buchdruk-

u. bei der Expedition Lit.

/ r 144 1i § . ] ‘ '‘ § kerei von O. A. Oßwald,
1 te PI e pn ! bei Kaufmann Berner,
N „ - . V 0 Porzelanmaler Wa gn er,

D. 306; auswärts bei allen









die dreiſpalt. Petitzeile 2 kr. „„Für das Volk und gegenzſeine Bedränger.'' Poſtämtern. Briese wer-
Einzelne Nummern 2 kr. ; den frankirt erbeten.
N~ 1!0. Samstag, 12. Mai 1849.





îDeutſchland.

*§ Heidelberg, 9. Mai. Welckers Triump h-
zug. Letzten Samjtag begab ſich Se. königliche Durch-
laucht der Hr. Hofrath Welcker in Frankfurt auf die
Eiſenbatn, um eine Triumphreiſe nach Freiburg, wo
Sie Zeugniß gegen Fickler abzugeben hatten, anzutre-
ten, die ihres gleichen ſucht. Hr. Hofrath warde von
Ehrenbezeugungen und Liebkoſungen ganz überſchütter,
In der erſten Nacht empfing er von der treuergebenen
Bevölkerung Neuenheims zwei glänzende Katzenmuſiken
mit Thoerzerſchmetterung. Hofrath Gervinum auch
eine. – Auf ſeiner Reiſe ins Oberland geruhte Hr.
Hofrath Welcker an verſchiedenen Orten, wo er ab-
ſtieg, Katenmuſiken und Ausziſchungen entgegenzunehmen,
ſo in Waldkirch, ſo in Oos im Bahnhof. An letzterm
Ort bewies er durch ſein Benehmen gegen einen Kon-
dukteur, daß er eigentlich viel dummer iſt, als man
bis jetzt glaubte. Wie ein frecher, aufgeblaſener Hof-
ſchranze benahm er ſich alldaz wie ein Emporkömm-
ling, der Jedermann zeigen will, daß er vornehme
Bekanntſchaften hat. Als nämlich ein Eiſenbahnkon-
dukteur ſich weigerte, auf des Hrn. Hofraths Nacbtſack
Acht zu geben, fubr er ihn an und ſchrie: » Wiſſen
Sie, wer ich bin? Ich bin der Welcker, und werde
gleich heute Abend noch zum Miniſter gehen und Sie
denunziren!‘’“ — „So, Size §9nd der Spithube, der
16,500 fl. jährlich Beſoldung einnimmt! ‘’ erwiederten
ihm einige Anweſende, indem ſie ihn höhuten und in
den Wagen hinein verfolgten. – Geſtern Abend aber
wurden Sr. hofräthlichen Hoteit die ausgeſuchteſten
Beweise von Ergebenheit dargebracht. Als Sie näm-
lich nach Neuenheim überzufahren wünſchten, weigerten
ſich ſämmtliche Schiffer, ihn aufzunehmen. Vergebens
bot Hr. Hofrath einen Kronenthaler Belohnung. (Brav
gemacht, ihr Schifflerte! Das näckſte Mal fahrt mit
ihm ab, aber ſetzt ihn nicht ans Land.) Hr. Hofrath
mußte umkehren und wurde alsbald von einer ſtraßen-
jugendlichen Ehrenwacbe ſo heftig eskortirt, und mit
Orden aus Koth, Steinen und andern Stoffen der-
maßen dekorirt, daß Sie eiligſt in das Haus des Hrn.
Bürgermeiſters Gätſchenberger hinein wandelten, um
dem Jubel der Menge zu entgehen. Die Menge rief
ihn heraus, um ihm noch persönlich ihre Huldigung
darzubringen, aber vergebens. Hr. Hofrath waren ſo
beſcheiden, ſich an einen ganz verborgenen Ort zurück-
zuziehen. Heute Morgen in der Frühe fuhren Sie mit
dem erſten Bahnzug ab und trafen auf dem Bahnhof
noch einen ſpeziellen Verehrer, der Se. Hoctwohlgeboren
wiederum ſo heftig begrüßte, daß deſſen Hut weit weg-
flog, und Hr. Hofrath abermalen eilig ſich entfernten.
Glücklict e Reiſe, Hr. Hofrath! Wollen Sie nicht bald
wieder kommen ?

* Heidelberg, 10. Mai. Der Kampf in Dres-

den iſt noch nickt entſckieden, obgleich es bereits mehr

als ein halber Sieg zu nennen iſt, wenn eine aufſtän-
diſche Bevölkerung sich 4 Tage lang gegen diszipli-
nirte Truppen mit Erfolg behauptet. Aber von dem
Ausgang dieses Kampfes hängt viel, ſehr viel ab.
Warum, so muß man unwilkürlich fragen, warum
läßt der rückenmarkſchwindstic;tige König von München
keine Truppen gegen die Pfalz marſchiren, die nach

bairiſchen Gesetzen ſchon fe wcchiecs Tagen im vollen
Aufſtand ſich befindet ? Warum läßft der Stiefsohn der
Lola die Empörung in der Pfalz ſich so ungenirt ent-
wickeln und zu einer Ausdebnung anwacbſen, welche
eine Unterdrückung immer ſchwieriger machen wird?
Ik es Schonung, iſt es fürſtliche Milde, iſt es Schwäche ?
Wir glauben nickt. Der ſchwindſüchtige Max Wit-
telsbach it König, und kennt als solcher einer Revo-
lurion gegenüber nur Standrecht, Belagerungszuſtand,
Käurtätſchen, Bombardement und ſchonungsloſes kroati-
ſcies Wüthen, aber keine Milde. – Truppen hat er
arch noch ſoviel zur Verfügung , daß damit der Feld-
zug in der Pfalz eröffnet werden könnte; ~ aber die
gekrönten Burſche wollen den Ausgang in Dresden
aiwarten. Siegt in Dresden das Volk, ſo iſt seine
Sache in ganz Deutſchland gewonnen und die Kronen-
träger und Hoſſchranzen kriechen zu Kreuze und erken-
nen an, und verſprechen, und ziehen Hut und Mütze
ab, und thun Alles, wenn man ſie nur nicht heruuter-
reißt von ihren Thronen, wenn man ſte nur nicht ent-
hauptet, wenn man ihnen nur ihre Civilliſten läßt.

Wird aber in Dresden das Volk beſiegt, dann wirft
ſich die vereinigte preuziſch-ſächſiſch-bairiſche Macht auf
Süddeutſchland und mordet hier Alles zuſammen , und
pfanzt hier die Standarte des Mordbubenregiments,
des Königthums von Gottes Gnaden wieder auf, und
„int auf mit allen Volksvereinei: , Landesauéſchüſſen,
National- und Volksvereinen.

Darum wirket, so lauge es noch Tag iſt! . Die
Avantgarde der Freiheit kämpft den Verzweiflungs-
kampf in Sachsen; wird der Kern der Armee warten,
bis jene vernichtet iſt ? ~-~

Auch in Leipzig iſt der Kampf entbrannt, und zwar
zwiſchen den Bürgern ſelbſk. Dort iſt nämlich die
Communalgarde eine Sorte Leute von dem Schlag der
Karlsruher Oberhofbürgerwehr. Die Communalgarde
ſtellte ſich unverholen auf Seite des gekrönten Schelms
und kam bald in Konflikt mit dem republikaniſch ge-
ſinnten Theile des Volkes. Glücklicherweiſe ſind zwei
der vornehmſten von dieser Heulergarde gefallen, Con-
ſul Gontard und Ho fſchneider Muller.

Frankfurt, 9. Mai. Ueber den Verlauf des
Kampfes in Dresden, berichten die Zeitungen Folgen-
des: Die juüngſte Nummer der «Leipz. Ztg.» vom 7.
Cdatirt vom 8. d.) bringt über die neueſten Dresdener
und Leipziger Vorfälle nachſtehende Detailberichte, wo-
bei aber zu bemerken, daß uns eben auch ein Aufruf
des «Central-Comitess zum bewaffneten Schulze deut-
ſcher Volksfreiheit» aus Leipzig zukommt, worin die
Warnung enthalten iſt, daß man «den lägenhaften
Berichten der Leipziger Zeitungen nicbt glauben ſolle.
Die Sache des kämpfenden Volkes in Dresden ſtehe
jezt gut.. «Doch müßten die Kämpfer abgelöſt wer-
den. Schnell sei also jetzt zu helfen mit Mäunern,
Waffen und Geld.

Sogar aus Hanau und andern deutſchen Gauen
kommen bewaffnete Zuzüge. Alſo, deutſche Männer,
laßt Euch nicht beſchämen! Jede Etadt biete ihre
Umgegend auſ! Durch unſere Freiheit kommt auch
die Euere! Rächt den Tod Robert Blun\’s !

Nachſtehend folgen nun die Berichte der «Leipziger
Coffizielen) Zeitung» :
 
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